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Brandenburg: Geistige Brandstifter bei der Feuerwehr?

Bild: Screenshot Homepage der Feuerwehr Marwitz

Unter dem Anreißer „Geistige Brandstifter bei der Brandenburger Feuerwehr“ widmete sich das politische Fernsehmagazin Klartext im November 2015 den bekannt gewordenen Fällen von Neonazis, welche bei der brandenburgischen Feuerwehr tätig sind. Der Beitrag schildert: „Sieg-Heil-Rufe an der Landesfeuerwehrschule, ein NPD-Sympathisant als Oberfeuerwehrmann und ein ehemaliger führender Neonaziführer als Jugendwart. Wenn ausgerechnet Feuerwehrleute zu geistigen Brandstiftern werden, ist das vor allem in Zeiten wie diesen gefährlich“. Klartext zeigt eine „Anti-Asyl-Demonstration“ Anfang November 2015 in Velten, Anmelder der Demonstration ist Maik Neuber — Oberfeuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr in Marwitz. Bei Facebook posiert er für die NPD, die Partei wiederum wirbt für die Feuerwehr. Neben ihm sind offenbar zwei weitere NPD-Anhänger und Neonazis im Landkreis Oberhavel als Feuerwehrmänner aktiv1 .

Für Aufsehen sorgte zudem ein Fall an der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt. Auszubildende hatten dort Neonazi-Musik gehört und „Sieg Heil“ gerufen. Den Klartextrecherchen zufolge fungiert Reinhard Golibersuch in Freidorf bei Halbe als Jugendwart der Feuerwehr. Golibersuch war in den 1980er Jahren ein bekannter Kopf der Neonazi-Szene. Anfang der 1990er zog er nach Halbe, der Ort wurde zum Aufmarschgebiet für Neonazis, später gründete er für die NPD den Kreisverband Spreewald. Bis vor zehn Jahren war er dessen Vorsitzender. Auf seinen Parkplatz hatte er seinerzeit Hakenkreuze gepflastert. 2011 wurde er zum Jugendwart gewählt. Der Stellvertreter des Jugendwarts, Eckhard L., postete auf Facebook antisemitische Kommentare. Wie das brandenburgische Amt Schenkenländchen auf dessen Homepage stolz verkündet, belegten beim „Berlin Firefighter Stairrun“ im April 2015 Ulli Boldt und Reinhard Golibersuch den 241-igsten Platz für die Freiwillige Feuerwehr Halbe.

Ulli Boldt ist ebenfalls kein Unbekannter, das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtete bereits 1997: „Boldt machte sich im braunen Lager als Betreiber des Nationalen Infotelefons Berlin einen Namen. An der Spitze der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen brachte er es sogar zu einem Eintrag im Verfassungsschutzbericht des Bun­des­innenministers2 . Im Dezember 2005 wurde er von Sicherheitsbehörden als Teilnehmer eines Treffens der neonazistischen Artgemeinschaft in Thüringen festgestellt. Für den Neonazi Horst Mahler, der eigentlich eine zehnjährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung und Holocaust-Leugnung abzusitzen hat, jedoch aus gesundheitlichen Gründen in Freiheit ist, fungiert der Berliner Rechtsanwalt Boldt aktuell als Rechtsbeistand.

Auch in der Ortswehrführung der Freiwilligen Feuerwehr Fahrland (Potsdam) finden sich — laut dem Blog der Antifaschistischen Recherche_Potsdam/Umland — zwei einschlägig bekannte Namen: Paul E. wird als „Jugendwart“ sowie „Hauptfeuerwehrmann“ geführt und Sascha Li. als „Lösch­meister“. Der zuständige Stadtsprecher erklärte auf Nachfrage der Potsdamer Neuesten Nachrichten hierzu lediglich: „Zu keiner Zeit hat es bei der Jugendausbildung oder anderen Ausbildungen Vorfälle rechtsradikaler Art oder Gesinnung gegeben.“ Offenbar folgenlos blieb auch die offen neonationalsozialistische Gesinnung von Dennis K. aus dem brandenburgischen Schönwalde-Glien bei Nauen, welcher sich für den Förderverein Freiwillige Feuerwehr Grünefeld betätigt. Bereits 2013 wurde er am „Feuerwehr-Stand“ auf dem Musikfestival „NATION of GONDWANA“ auffällig, seitdem wurde er mehrmals vom Veranstalter des Geländes verwiesen, da er verbotene Neonazisymbolik — darunter einen SS-Totenkopf, ein Hakenkreuz und die sog. Odalsrune auf seine Unterarme tätowiert hat. Bedenkt man, unter welchen — oft sehr zufälligen Umständen — die Beispiele an die Öffentlichkeit gelangten, drängt sich der Eindruck eines viel weitergehenden Problems bei der Feuerwehr auf. 

  • 1bnr.de: „Abendspaziergänger“ sind zurück, 10.11.2015
  • 2FOCUS Magazin | Nr. 44 (1997)