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Die NS-Black-Metal-Szene in Westsachsen

Einleitung

Wenn die französische NS-Black-Metal-Band „Kommando Peste Noire“ (KPN) im April dieses Jahres im sächsischen Zwickau auftreten kann, dann nur weil der ostdeutschen Szene seit Jahren eine Infrastruktur zur Verfügung steht, die man anderswo selten so ausgeprägt vorfinden wird.

Foto: Screenshot von facebook.com

Der Sänger der Band „Kommando Peste Noire“ Ludovic Faure (1.v.l.) und das Mitglied der Bands „Absurd“ und „Grand Belials Key“ Sven Zimper (2.v.l.) posieren zusammen mit Musikern der finnischen Band „Horna“ im Internet.

...gleich wie zu Hause gefühlt

So endete der Satz eines Artikels des Autors „A.“ im Neonazi-Heft „The Aryan Law & Order“ aus dem Jahr 2000. „A.“ ist vermutlich die Abkürzung für André Eminger, der zusammen mit seinem Bruder Maik Eminger dieses Sprachrohr der „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“ (WBE) veröffentlichte. Der Autor dieses Erzeugnisses war dem Bericht zu Folge das erste Mal auf einem Metal-Konzert in Langenbernsdorf bei Zwickau. Dass es sich dabei nicht um irgendein gewöhnliches Konzert handelte, wird bei der Aufzählung der einschlägigen Bands klar. Neben „Luror“, „Totenburg“, „Magog“ und „Eternity“ befand der Autor besonders die Band „Heldentum“ löblich.

Es war bereits das zweite Konzert der Reihe „Peststurm über Germanien“. Dass sich der Autor heimisch fühlte, lag an den Veranstaltern, die sich durch eine angebrachte Flagge der „Deutschen Heidnischen Front“ (DHF) — gegründet von Hendrik Möbus — zu erkennen gaben. Statt des Hakenkreuzes prangt die Lebensrune in der Mitte der der Hitlerjugend ähnelnden Fahne. Einer entsprechenden Jugendorganisation — der „White Youth“ — gehörte auch Jens „Asemit“ Fröhlich an. Die Vermutung liegt nahe, dass er jener „Jens“ ist, dem der Autor A.  für die Bilder des Abends dankte. Nur zwei Wochen vor dem Konzert war „Blood & Honour Deutschland“ (B&H) samt ihrer Jugendorganisation „White Youth“ verboten worden.    

"National Socialist Black Metal" (NSBM), auch als eine „reinste Form arischer Klangkunst“ beschrieben, führte bei Fröhlich, wie auch bei anderen Protagonisten der RechtsRock-Szene mindestens zu einer Neuorientierung. Seine Band „Oigenik“ verabschiedete sich früh von der rechten Skinead-Szene um als „Eugenik“ im NSBM aufzutauchen. Ähnlich verhielt es sich bei den RechtsRockern „14 Nothelfer“ aus Pirna, deren NSBM-Projekt „Magog“ den Schlacht­ruf „Tötet für Wotan“ prägte. Auch der bei Zwickau wohnende Paul Morgenstern genießt Einblicke in mehrere Subkulturen der extremen Rechten: als Bandmitglied bei „Leichenzug“ und „Camulos“ im NSBM, als Gitarrist bei „Blitzkrieg“ im RechtsRock und als Schlagzeuger bei „Brainwash“ im NS-Hardcore.

Der deutsche NSBM entstand demnach nicht hauptsächlich aus einer sich radikalisierenden Black Metal Szene, sondern ist besonders in den neuen Bundesländern im B&H-Umfeld entstanden. Sicherlich gab es eine klassische Black Metal-Szene um Bands wie „Absurd“, die eine Ausrichtung hin zum NS forcierten, doch wäre diese ohne die Hilfe von Organisationen wie B&H oder das „Hammerskin“-Netzwerk so erfolgreich gewesen?

Das Konzert 2000 verdeutlicht, wie engmaschig die NSBM-Szene gewoben wurde. Sowohl Sven Zimper von „Luror“, als auch Ronald Möbus von „Heldentum“- der Bruder von Hendrik Möbus (Vgl. AIB Nr. 105) — sind aktive Mitglieder bei „Absurd“. Auch Denis Schoner — bekannt als Schlagzeuger von „Totenburg“ wirkte bei der Band aus Thüringen, während sich Jens Fröhlich den Live-Gesang mit Möbus teilte.

Darüber hinaus wirken einige NSBM-Musiker auch innerhalb der Vertriebsstruktur des NSBM: Sven Zimper bei „World Terror Committee Productions“, Jens Fröhlich bei „Ewiges Eis-Records“, Denis Schoner hinter „Hammerbund“ und Paul Morgenstern bei „Blasphemous Terror Records“. In einem Radius von nicht einmal 100 Kilometern finden sich zwischen Leipzig, Zwickau und Gera Deutschlands einflussreichste Vertriebe für NSBM-Produktionen. Sechs an der Zahl, ausgeschlossen „WTC-Productions“ aus Sachsen-Anhalt und Hendrik Möbus‘ „Darker Than Black-Records“ aus Berlin.

Den Weg geebnet

In Anbetracht dessen drängt sich die Frage auf, ob die Region ebenfalls eine Fülle an Veranstaltungsorten bietet. Ähnlich dem RechtsRock-Milieu wird sich größtenteils abgelegener Objekte bedient. Die Szene setzt auf eine Art „Schnitzeljagd“, wo der Konzertbesucher über Schleusungspunkte zum eigentlichen Ort findet. Außerhalb dieser Praxis kann und konnte die NSBM-Szene auch auf Treffpunkte lokaler Metaller zurückgreifen.

Im sächsischen Annaberg-Buchholz konnten bis 2009 mehrheitlich unpolitische Szenegrößen im „Asgard Pub“ auftreten. Die personellen Überschneidungen der Szene im Erzgebirge öffnete aber auch dem (harten) Kern des NSBM die Tür. Die aus dem benachbarten Schneeberg stammende Band „Nachtfalke“ um Tino Mothes dürfte der Schlüssel für diese Nutzung gewesen sein. Mothes war in den 1990er Jahren bereits Teil der Band „Totenburg“ und scharte mit „Nachtfalke“ Musiker aus der Region um sich, die eher im unpolitischen Black Metal zu Hause sind. Die Bands „Dies Ater“, „Andras“, „Eminenz“ und „Krater“ müssen in diesem Kontext genannt werden, denn Neonazis wie Tino Mothes und Andreas Schwach — ehemals Sänger der Band „T.H.O.R.“ — wirkten in diesem Umfeld maßgeblich mit.

Vergleichbar war die Situation im nahen Elterlein. Bis zur Schließung 2007 fanden  in den Räumen des „Hagalaz e.V.“ unregelmäßig Konzerte mit NSBM-Bands wie „Magog“ oder „Thunderbolt“ statt. Laut einem Metal-Forum seien die Musiker der Zwickauer Band „Aeveron“ in die Struktur des Clubs eingebunden gewesen, wodurch Neonazis wie Paul Morgenstern —  der bei „Aeveron“ bis 2016 am Schlagzeug saß — direkten Umgang mit den Betreibern gehabt haben dürften. Abgesehen davon war Stev Lippold Vereinsvorsitzender des „Hagalaz e.V.“.

Dieser hatte 2009 das „Gleis 3“ in Annaberg-Buchholz mitgegründet, in dem mehrheitlich NSBM-Konzerte veranstaltet wurden. Lippolds Mitstreiter, Björn Eichhorn, veranstaltete mit „Mephistopheles Concerts“ schon zuvor das „Fireblade Force Festival“ in Lichtenstein. Ab 2007 drei Mal in Folge bot er den rund 1.000 BesucherInnen NSBM-Bands wie „Nachtfalke“, „Satanic Warmaster“ und „Leichenzug“ . Wie weit das Festival von der Szene für die Szene organisiert wurde, verdeutlicht auch eine Beobachtung vor Ort. Ein Festivalbesucher habe demnach 2007 unter den (rechten) Hooligans, die anscheinend als Teil der Security eingesetzt waren, die Personen André Eminger, die Brüder Kay Richter und Jörg Richter — Mitglieder der RechtsRock-Band „Blitzkrieg“ — sowie das ehemalige B&H-Sachsen-Mitglied Andreas Graupner erkannt.
Dass Konzertveranstalter Eichhorn seit drei Jahren in der NSBM-Band „Stahlfront“ mitspielt, lässt die Beteiligung von Neonazis an dem Festival nicht sonderlich verwunderlich wirken.   

Ausblick

Der für den 15. April diesen Jahres angekündigte Auftritt von „Kommando Peste Noire“ (KPN) im Zwickauer Club Seilerstraße erscheint demnach folgerichtig. Die Zwickauer Konzertreihe „Hell Unleashed“ bietet schließlich seit Jahren Bands wie „Infernal War“, „Arkona“ und „Sekhmet“ eine Bühne. Einzig die Tatsache, dass dies der erste Auftritt von KPN in Deutschland wäre, macht das Konzert im April 2017 brisant. In rechten Internet-Foren ist man sich jedoch sicher, dass die französische Band um Sänger Ludovic „Famine“ Faure auftreten kann, „da da Leute mit Arsch in der Hose als Konzertveranstalter an Deck sind“, wie ein Nutzer wissen will.

KPN passt nur zu gut in die Szene Westsachsens, denn ähnlich dem Line-Up ostdeutscher NSBM-Bands besteht die Band zur Hälfte aus Musikern der französischen RechtsRock-Szene. Ob sie in Zwickau, wie bei ihrem letzten Auftritt in Frankreich, die Menge mit dem Slogan „Antifa Hurensöhne“ aufwärmen wird, bleibt abzuwarten. Extrem rechte Bekenntnisse dürfte das deutsche Publikum hingegen größtenteils wohlwollend auffassen. Spätestens seit KPNs Auftritt im Dezember 2016 in Kiew, organisiert von der dem ultra-nationalistischem bis faschistischem Freiwilligen-Bataillon „AZOW“ nahestehenden „Militant Zone“, herrscht klare Kante. Das Anstimmen der Hymne der extrem rechten „Action française“, das covern eines bekannten „Absurd“-Stückes als auch die Einlage des Sängers von „Lemovice“ zu einem von KPN intonierten Coversong dieser RechtsRock-Band, dürfte auch dem letzten Verfechter KPNs als „unpolitische Black Metal Band“ die Argumente entrissen haben.

Und wenn es in Zwickau nicht klappt, so ist ein Plan B der Szene doch sehr gewiss. Ob das Objekt „An der Galgenmühle“ im 30 Kilometer entfernten Ronneburg zum Schauplatz wird, ist noch Spekulation. Fakt ist aber, dass sich dort jüngst ein Veranstaltungsort aufgetan hat, wo unter dem Label „Neuschwabenland Konzerte“ seit Oktober 2016 einschlägige Bands wie „Stahlfront“, „Camulos“, „Blutsturm“ und „Blessed in Sin“ ungestört auftreten konnten.

Update

Zwei Wochen vor dem angekündigten Auftritt der Band KPN hat der Club Seilerstraße dem Veranstalter "Hell Unleashed" den Raum entzogen. Somit wird das Konzert klassisch konspirativ stattfinden. Möglich erscheint neben den bereits erwähnten Räumlichkeiten auch die ehemalige Diskothek "Mexx" in Aue/Erzgebirge. Dort konnte am 25. März diesen Jahres bereits die Band "Ad Hominem", gemeinsam mit den deutschen NSBM-Bands "Camulos", "Stahlfront" und "Ahnenerbe"  auftreten. Veranstalter war wieder "Neuschwabenland Konzerte". Das "Mexx", welches nun "De Flint- Mietlokal" heißt, war auch schon als Location für eines der "Hell Unleashed"-Konzerte der vergangenen Jahre beworben worden.