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Feindbild Polizei - Wie reden Rechtsextreme über die Polizei?

Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
Foto: Christian Ditsch

Solidaritäts-Transparent für den Polizisten-Mörder Kay Diesner im Dezember 1998 auf einer NPD-Demonstration in Berlin.

Seit den späten 80er Jahren ist bekannt, daß viele Polizisten eine Affinität dazu haben, rechte, patriotische oder nationalistische Parteien zu wählen.“ Dieser Einschätzung des NPD-Bundesvorstandsmitglieds Ronny Zasowk ist sicherlich erstmal nicht zu widersprechen. In Frankreich gibt es dafür sogar Belege: Umfragen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2017 haben ergeben, dass etwa jeder zweite Polizist den rechten „Front National“ wählen will.

In Deutschland gibt es hingegen kaum valide Zahlen. An der Untersuchung etwa von rassistischen Einstellungen innerhalb der Polizei gibt es scheinbar kein politisches Interesse. Zu heikles Thema. Diese rechte Affinität zur Polizei ist jedoch nur eine Seite. Auf der anderen Seite findet sich in der extremen Rechten ein ausgeprägter Hass auf die Polizei.

Feindbild Polizei

Dieses „Feindbild Polizei“ wurde 2013 im Rahmen einer gleichnamigen Studie des Moses-Mendelssohn-Zentrums in Potsdam im Auftrag des Brandenburger Innenministeriums untersucht. Im Fokus war das Polizeibild in verschiedenen Tätigkeitsfeldern der extremen Rechten, etwa in Musiktexten, auf Homepages und in den Medien der NPD.

Für Szenekenner_innen wenig überraschend, kommt die Studie zu dem Schluss, dass das „Feindbild Polizei“ in allen untersuchten Bereichen relevant ist. Zusammenfassend für den RechtsRock heißt es etwa: „In einer für diese Szene typischen Kultur der Selbstviktimisierung sieht sich die extreme Rechte als Opfer einer ungerechtfertigten politischen und polizeilichen Verfolgung und systematischen Ausgrenzung. Aus dieser Position heraus werden Straftaten und Selbstjustiz gerechtfertigt und eine in der Zukunft stattfindende (gewalttätige) Abrechnung angedroht bzw. prophezeit.“

Letztlich lassen sich in der extrem rechten Szene beide Motive finden: Das Feindbild Polizei als politischer Gegner steht neben einem Bild der Polizei als Garant für Recht und Ordnung. Da diese aber, aus rechter Sicht zunehmend nicht mehr in der Lage sei, das „deutsche Volk“ zu schützen, gibt es spektrenübergreifende Initiativen für Bürgerwehren oder den „Selbstschutz“. Die „Schutzzonen“-­Kampagne der NPD fällt ebenso darunter wie das Verteilen von CS-Gas durch Akteure der „Identitären Bewegung“ in Fußgängerzonen.

Die letztlich ambivalente Haltung zur Polizei wird mit Blick auf von Neonazis ermordete Polizist_innen besonders deutlich. Entsprechende Szenedebatten - Solidarität oder nicht - wurden in den 1990er Jahren etwa um die Ermordung eines Polizeibeamten durch den Neonazi Kay Diesner geführt. Diesner hatte, nachdem er auf einen linken Buchhändler in Marzahn geschossen hatte, auf der Flucht das Feuer auf zwei Polizeibeamte eröffnet. Der erschossene Polizist Stefan Grage ist, laut gemeinsamer Zählung des Tagesspiegels und der ZEIT, einer von sechs Polizeibeamt_innen, die seit 1990 von Neonazis getötet wurden.

"Feindbild Polizei - Wie reden Rechtsextreme über die Polizei?"

Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
Koordination: Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien – Forschungsschwerpunkt Antisemitismus- und Rechtsextremismusforschung, Universität Potsdam

(2013, Potsdam)