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Hendrik Möbus zwischen Geschäftssinn und Diskrepanz

Einleitung

Kaum ein Event der „National Socialist Black Metal“-Szene (NSBM) vergeht, ohne dass der Name Hendrik Möbus fällt. Als Musiker umstritten, als Produzent unumschiffbar. Und während er sich erneut vor Gericht verantworten muss, scheint die Konzertlandschaft in Deutschland auch ohne ihn auszukommen.

Bild: Screenshot von facebook

Christian Schöndorfer (rechts), Geschäftspartner von Hendrik Möbus, am Verkaufsstand von „Merchant of Death/Darker Than Black“ vor wenigen Jahren. Im Hintergrund ein T-Shirt mit dem Symbol der SS-Division „Totenkopf“.

Persona grata der NSBM-Szene?

Wo Absurd drauf steht, ist nicht immer Absurd drin.“ So begann ein weit verbreiteter Aufruf in den sozialen Netzwerken, der davon abriet, am „Asgardsrei Festival“ im Dezember 2017 in Kiew teilzunehmen. Für das Konzert in der Ukraine war erstmals, seit mehrjähriger Pause, ein Auftritt der wohl bekanntesten Band des NSBM-­Genres angekündigt: „Absurd“.

Bei den letzten bekannten Auftritten der Band, die um das Jahr 2012 außerhalb Deutschlands stattfanden, standen noch Ronald „Wolf“ Möbus am Gesang und Sven „Unhold“ Zimper an der Gitarre. Für das Neonazi-Festival in der Ukraine schrieb einer der Veranstalter, Alexey Levkin, Ronald Möbus an, um ihn um eine Reunion der Band zu bitten. Levkin habe gehört, dass sein Bruder Hendrik Möbus „Absurd“ wieder beleben wolle und wollte sich von ihm lediglich versichern lassen, dass dieser dazu auch berechtigt sei. Ronald Möbus selbst lehnte gegenüber Levkin eine Reunion von „Absurd“ ab, da er keine fähi­gen Musiker in unmittelbarer Nähe finden würde, wünschte dem Veranstalter jedoch viel Erfolg.

So stand also Hendrik Möbus am 16. Dezember 2017 vor mehreren hundert Neonazis aus ganz Europa auf der Bühne. Live-Musiker fand er u.a. bei Sebastian Rast von der Band „Noxia“, sowie bei Thomas Kosmas von der griechischen NSBM-­Band „Der Stürmer“ und bei Musikern der Erfurter Band „Barad Dûr“. 2018, als „Absurd“ abermals auf dem „Asgardsrei Festival“ spielten, waren Rast und Kosmas bereits nicht mehr Teil der Band. Was blieb war die Enttäuschung im Publikum, da Möbus auch ein Jahr nach der Reunion nicht als Frontmann überzeugen konnte. Er habe weder die nötige Ausstrahlung, noch könne er singen, so die KritikerInnen.

Im Gegensatz zu seinem Bruder, der 2019 das NSBM-Projekt „Der Tod und die Landsknechte“ ins Leben rief. Gemeinsam mit Paul Morgenstern, der nicht nur in diversen RechtsRock-Bands mitwirkte, sondern jüngst auch beim sächsischen Metal-­Urgestein „Andras“ am Schlagzeug saß, absolvierten „Der Tod und die Landsknechte“ am 8. November 2019 im nordsächsischen Torgau-Staupitz ihren ersten Auftritt. Dabei coverte die Band auch Songs von „Absurd“ und befeuerte damit unterschwellig die Kritik an Hendrik Möbus‘ „Absurd“. Sozu­sagen „The True Absurd“ vs. Hendrik Möbus‘ Abklatsch der Band – ein nicht seltener Konflikt innerhalb der Musikbranche.

Der Versuch der Wiederbelebung der Kultband „Absurd“ hinterließ Kratzer in der Außenwirkung der Person Hendrik Möbus. Dabei ist er, neben nur wenigen anderen, unangefochtener Multi-Funktionär der rechten Black Metal-Szene. Seit den 1990er Jahren ist sein Label „Darker Than Black Records“ Heimat der wichtigsten Bands des Genres, was ihn zur Schnittstelle auch im internationalen Konzertgeschehen macht. Mit „Totentanz Konzerte“ galt er bis zuletzt in 2017 als wichtiger Player und ist zudem in die Organisation der italienischen NSBM-Konzertreihe „Hot Shower Fest“ eingebunden. Laut eigenen Angaben habe er zudem Einblicke hinter die Kulissen des „Asgardsrei Festival“ in der Ukraine. Die Orientierung nach Osteuropa zieht sich schließlich seit Jahren wie ein roter Faden durch Möbus‘ Wirken. Sei es hinsichtlich der Produktion polnischer Bands, dem Konzertgeschehen in Tschechien oder eben seiner Rolle als Musiker, Promoter und Redner im Rahmen des „Asgardsrei Festivals“.

Konzerte im Neuschwabenland

Die deutsche Konzertlandschaft explizit neonazistischer Black Metal-Konzerte wird hingegen seit Herbst 2016 mehrheitlich von „Neuschwabenland Konzerte“ (NSL) um die NSBM-Musiker Dennis Schoner und Björn Eichhorn geprägt. Auch das Konzert von „Der Tod und die Landsknechte“ am 8. November 2019 stand unter der Leitung dieser Konzertgruppe. Wahlweise stehen den Organisatoren dafür Säle und Clubhäuser rechts-offener Motorradclubs im Erzgebirge zu Verfügung, wie auch eine Immobilie am Ortsrand im thüringischen Ronneburg. Letztere wurde auch als Austragungsort für das NSL-Konzert im November 2019 vermutet.

Druck durch die Behörden

Dass die Räumlichkeiten in Ronneburg im November nicht genutzt wurden, kann auch an den jüngsten, behördlichen Maßnahmen gegen dessen Eigentümer Josef Höschler liegen. Dieser wollte ebenfalls im November ein rechtes Black Metal-Konzert in Thüringen organisieren und bewarb das Ganze öffentlich. Am Ende musste er das Konzert absagen, da er keinen Saal in Thüringen, dafür aber er einen Peilsender an seinem Auto fand, wie er in den sozialen Netzwerken erzählt. Höschlers Ambitionen als Veranstalter eigener Konzerte dürfte jedoch nicht der einzige Grund für behördliches Interesse sein, denn sein Objekt in Ronneburg ist mittlerweile auch außerhalb der NSBM-Szene gefragt. So trat dort am 26. Oktober 2019 u.a. die NS-Hardcore Band „Burning Hate“ auf.

Auch Hendrik Möbus stehen möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen bevor. Wegen Produkten seines „Merchant Of Death“-Versand (MOD) stand er Anfang Mai 2019 in Berlin wegen Volksverhetzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor Gericht. Laut Anklage soll er mit seinem Komplizen Christian Schöndorfer zwischen Oktober 2014 und November 2015 T-Shirts u.a. mit dem Symbol der SS-Division „Toten­kopf“, sowie CDs angeboten haben, auf denen Hakenkreuze und dergleichen abgebildet sind. Hinzu kommt eine CD der französischen NSBM-Band „Kristallnacht“, in deren Liedern u.a. die Waffen-SS glorifiziert und gegen Juden und Jüdinnen gehetzt wird. Scheinbar unbeachtet blieb hingegen eine Split-CD der NSBM-Band „Ewigreich“ aus Brandenburg mit „Warägar“ aus Österreich. Auf der im Mai 2016 bei „Darker Than Black Records“ veröffentlichten Produktion heißt es etwa im Lied „Ascheregen“ von „Ewigreich“: „Drum treibt die Schwachen zusammen, dieses unnützes Vieh, kennt keine Gnade mit dieser Brut, tötet Sie!“. Im ebenfalls auf der CD enthaltenen Lied „Kristallnacht“ von „Ewigreich“ wähnt man sich in der Befreiung der „deutschen Eiche“ vom „Jüdischen Pilzgeschwür“ und droht damit, dass die „Synagogen lichterloh“ brennen werden.

Möbus‘ und Schöndorfers aktueller Prozess wurde nach dem ersten Verhandlungstag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Der Anwalt des 43-jährigen Möbus war der Ansicht, dass das Berliner Amtsgericht gar nicht zuständig sei, da der Großteil der Taten nicht in Berlin passiert sei. Möbus sei Ende 2014 aus Berlin in die Gemeinde Drei Gleichen bei Gotha gezogen und habe im Zuge dessen seine Berliner Firma abgemeldet. Tatsächlich wird MOD seit Januar 2015 in Thüringen unter dem Namen „fascination media UG“ geführt. Ähnlich wie bei der Abwicklung des Versands seiner Produkte in Berlin, benutzt er auch in Thüringen eine Packstation, lokalisiert in Erfurt.

Bis zu seinem Wegzug hatte Möbus den Versand aus seiner Wohnung in Berlin-Plänterwald betrieben. (Vgl. AIB Nr. 105). Der 42-jährige Schöndorfer unterstützte ihn und war etwa für die Herstellung der T-Shirts (mit) zuständig. Dafür lagerte er in seiner Wohnung „eine professionelle Ausrüstung u.a. eine entsprechende Druckermaschine“, so die Anklageschrift. Zeitweilig unterhielten sie zudem Räume in der Saalestraße in Berlin-Neukölln.

Wie Möbus verließ auch Schöndorfer Berlin und zog nach Frauenfeld in der Schweiz. Hintergrund für den Wegzug der Beiden dürfte der zunehmende Druck von antifaschistischer Seite in dieser Zeit gewesen sein. Interventionen, die Berliner Initiativen aktuell wieder aufnehmen sollten. Schließlich unterhält der Neonazi und ehemalige Musiker von „Absurd“, Sven Zimper aus Tangerhütte, seit Sommer 2019 ein rund 250 Quadratmeter großes Waren­lager in Berlin-Lichtenrade, unweit der S-Bahnstation Schichauweg. Bis zu drei Meter hohe Regale fassen dort die Produktpalette seines Labels „World Terror Committee Productions“, darunter Artikel der amerikanischen NSBM-Band „Grand Belial‘s Key“ mit klaren, antisemitischen Botschaften: T-Shirts bedruckt mit einer im Fadenkreuz stehenden, stilisierten Jesusfigur, darunter der Schriftzug „Judeo­beast Assassin“.