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Nazikunst in Burschenschaftshäusern

Einleitung

Eine Ausstellung in der Tradition der »Großen Deutschen Kunstausstellung« des Nationalsozialismus

Bild: attenzione-photo.com

Im Juli 1937 eröffneten die Nazis in München die erste der später jährlich folgenden »Großen Deutschen Kunst­ausstellungen« unter der Schirmherrschaft von Adolf Hitler. Die Propagierung einer angeblich neuen deutschen Kunst war zur Illustration der nationalsozialistischen Weltanschauung unverzichtbar geworden.

Gezeigt wurden Werke welche die vorgeblich heroischen und idyllischen Zeiten germanischer Vergangenheit abbildeten und eine großartige Gegenwart und Zukunft der neuen Machthaber priesen. Nach Verfolgung und Vertreibung unliebsamer, avantgardistischer Künstler der Weimarer Republik und der Brandmarkung ihrer Werke als »entartet«, hatten nun nur noch Künstler Platz in den hochsubventionierten Ausstellungen, welche zentrale Ideologeme und Mythen der Nazis visualisierten. Themen der Bilder waren jetzt Heimat, ewige Traditionen, Blut und Boden verbundener Bauernstand, heroische Krieger und glorreiche Schlachten, mystisches Germanentum und vor allem reine, rassische, arische Körper.

In diese Tradition stellt sich jetzt, nicht nur dem Namen nach, eine »Kleine Deutsche Kunstausstellung« mit Holzschnitten von NS-Künstlern, welche über verschiedene Burschenschaftshäuser wandert. Erstmals wurde die Ausstellung im Juli 2006 im Haus der neonazistisch geprägten Burschenschaft Danubia in München gezeigt. In der Eröffnungsrede hieß es: »Nicht weit entfernt von diesem Ort hat Kunst schon einmal Geschichte geschrieben: München – Stadt der Kunst – Große Deutsche Kunstausstellung«. Genau dort wurden im Nationalsozialismus schon einmal die Werke der »Holzschnittmeister des 20. Jahrhunderts« Georg Slyuterman v. Langeweyde, Ernst von Dombrowski und Rudolf Warnecke gezeigt. Zwar klingt der Vergleich des Festredners etwas größenwahnsinnig, er dokumentiert jedoch das ungebrochen nationalsozialistische Kulturverständnis einiger Burschenschaften. So versteht man in burschenschaftlichen Kreisen die Präsentation von Nazi-Ästhetik auch bewusst nicht nur als Dokumentation von Vergangenem: »Die Zeit war nie geeigneter; die Ausstellung der Werke nie notwendiger als heute. Wir brauchen die Besinnung auf das Gute, Schöne und Wahre dringender als je zuvor«.

Das Verständnis von Kunst und Künstlern, dass bei der Vernissage dem geneigtem Publikum dargebracht wurde könnte ohne weiteres auch aus einem NS-Ausstellungskatalog stammen: »In den Zeiten des kulturellen Niederganges muss der wahre Künstler auch Soldat sein, dessen Waffen lediglich anders aussehen als die, welche man zur Verteidigung des Heimatbodens benötigt. Er verteidigt arteigenes Denken und Fühlen gegen zersetzenden Geist«. Solche Zeilen hört man auch bei der NPD gerne, deren Parteiorgan Deutsche Stimme die Ausstellung gleich zur »Nationalen Kulturoffensive« stilisierte und die Rede in weiten Teilen abdruckte.

NS-Künstler

Auch die ausgestellten Künstler sprechen für sich: Georg Sluyterman von Langeweyde (1903–1978) trat schon 1928 in die NSDAP, später in die SA ein und meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst. Er fertigte Plakate, Vignetten und Karikaturen für die Nazis an, porträtierte Hitler, und erstellte Wandmalereien für Heime der Hitlerjugend und der SA. Am bekanntesten sind jedoch seine Holzschnitte die häufig in der NS-Presse nachgedruckt wurden. Der aus Österreich stammende Ernst von Dombrowski (1896–1985)  konnte nach dem »Anschluss der Ostmark« 1938 gleich 26 seiner Werke in der »Großen Deutschen Kunstausstellung« der Nazis zeigen. Nach der Befreiung wurde der Herr Professor jedoch, genau wie von Langeweyde, von den Alliierten interniert. Auch Rudolf Warnecke (1905–1994) gehörte zu den Künstlern welche sich großer Beliebtheit im Nationalsozialismus erfreuen konnten. Kriegsverherrlichende Holzschnitte mit heroischen Untertitelungen wie »Gräber des Krieges sind ewigen Sieges Äcker und Saaten des Ruhms« passten gut in das heroisierende Bild vom deutschen Soldaten und dienten zur Illustration der nationalsozialistischen Kriegspolitik. Alle drei Künstler zeigten nach 1945 wenig Reue und bewegten sich weiter im neonazistischen Spektrum.

Von Langeweyde und Dombrowski waren Ehrenmitglieder des Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG), einer Organisation die sich der Erhaltung und Restauration völkischer Kultur verschrieben hat und organisationsübergreifend Kräfte der extremen Rechten sammelt. Warnecke wurde mit dem Ehrenring des DKEG ausgezeichnet. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die in der Ausstellung gezeigten soldatischen Motive von Langeweyde΄s wegen ihrer plakativen Eindeutigkeit auch in der militanten Neonaziszene. Die in Deutschland verbotene Organisation Blood & Honour widmet dem »Aryan Artist« einen Artikel und dokumentiert seine Bilder auf ihrer Homepage und im neonazistischem Wikingerversand-Forum werden seine Holzschnitte als Tattoo-Vorlage empfohlen.

Die »Kleine Deutsche Kunstausstellung« mit ihren etwa 70 Exponaten und eigens erstelltem Katalog wandert zur Zeit durch verschiedene Orte. Nach München waren im September Eisenach (Gründungstätte der Burschenschaften), Anfang Oktober die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks (Bonn) und Mitte Oktober die Burschenschaft Germania (Hamburg) Ausstellungsorte, in Planung waren noch Wien, die Lüneburger Heide und für den Dezember die Burschenschaft Iuvenis Gothia (Berlin). Die Ausstellungsreihe ist auch Ausdruck einer immer weitergehenden Radikalisierung der Deutschen Burschenschaft (DB) und insbesondere ihres innerverbandlichen Kartells der Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG). Zwar ist die NPD für extrem rechte Korporierte sicher nicht die ideale Wahlpartei, dies waren, wenn man sich überhaupt auf die Niederungen der Partei-Politik herabließ, die Republikaner zu Zeiten von Franz Schönhuber, und die allergrößten Hoffnungen setzt man traditionell immer noch in den Stahlhelmflügel der CDU.

Wachsende NPD-nähe

Allerdings hat in Teilen der BG eine Diskussion eingesetzt, ob die NPD, nach ihren Wahlerfolgen in Sachen und Mecklenburg-Vorpommern, nicht eine parteipolitische Perspektive für Burschenschafter sein kann. Inhaltlich unterscheidet sich die BG nicht mehr viel von der NPD, eher stößt man sich an dem öffentlichen Auftreten, der häufig proletarischen Herkunft der Mitglieder und der ideologischen Schwäche der Partei. Schließlich hält man sich für die konservativ-revolutionäre Elite Deutschlands und unterstellt der NPD gerne einen Mangel an Intellektualität. Eine öffentliche Abgrenzung zur NPD gab es noch nie, schon 1973 wurde ein Unvereinbarkeitsbeschluss mit der NPD ausdrücklich von der DB abgelehnt. Im Zuge der Diskussion über das letztlich gescheiterte NPD-Verbot solidarisierte sich die DB in einer Presseerklärung 2005 ausdrücklich mit der Partei und wandte sich gegen eine sogenannten »NPD-Sondergesetzgebung«.

Auch in der jüngsten Affäre bezüglich des extrem rechten Matthias Müller der im November aus dem RCDS Gießen ausgeschlossen wurde solidarisierte sich die DB in einer Presseerklärung ausdrücklich mit dem Mitglied der Burschenschaft Dresdensia-Rugia, obwohl er Funktionär der extrem rechten  Jungen Landsmannschaft Ostpreußen ist, an Neonaziaufmärschen teilgenommen hat und Verbindungen zur NPD pflegte. In Hamburg solidarisierte man sich mit der Burschenschaft Germania, als im gleichen Monat die Polizei wegen »Sieg Heil« Rufen bei einer Party auf dem Haus anrückte und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Für einige (Ex-) Korporierte ist die NPD schon länger eine politische Heimat. Jürgen Gansel kommt, genau wie der ehemalige Parteiideologe Jürgen Schwab, aus eben jener Gießener Burschenschaft  und sitzt heute als Abgeordneter im sächsischen Landtag. Mit ihm zogen Arne Schimmer und Stefan Rochow, auch aus der Dresdensia-Rugia, als Berater 2004 in das Dresdner Parlament. Wird der Erfolg der NPD weiterhin anhalten, so wird die älteste neonazistische Partei Deutschlands sicher eine ernsthafte Perspektive für neonazistische Korporierte werden. Nicht nur aus politischen Gründen, denn schließlich gibt es, trotz allem elitären Anspruch, auch unter rechten Akademikern genügend Erwerbslose oder prekär Beschäftigte.