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Unholy Black Metal. Der extrem rechte Flügel im Black-Metal-Underground

Einleitung

Seit einigen Jahren boomt in der Rechtsrock-Szene von vielen unbeachtet die Musik neonazistischer Black-Metal-Bands. Sie reichert die Lebenswelt der neonazistischen Szene um weitere Elemente an und trägt zur Radikalisierung der Szene bei. 

Der Sänger der Bands Totenburg und Eugenik, Jens Fröhlich, auf einem NPD-Konzert in Gera

»Nun, was hat er als Soldat dazu zu sagen? Immer dasselbe, mein Herzog! Schickt den Juden weg!« Mit diesem kurzen Redesample beginnt die Platte »Der Weg zum Galgen« der thüringischen Black-Metal-Band Menneskerhat. Danach setzt sofort der brachiale Sound des ersten Songs ein.

Die heutigen Black-Metal-Bands orientieren sich musikalisch nicht an den Bands der 1980er-Jahre, sondern maßgeblich an den norwegischen Gruppen, die Anfang der 1990er-Jahre das bis heute bestehende Klangbild der Musik prägten. Sie ist vorwiegend rau und zum Teil bewusst primitiv produziert. Ihr markantestes Erkennungsmerkmal ist der zumeist infernalische Kreischgesang. Während die Bands in Norwegen zuerst auf okkulte Texte setzten, erweiterten andere das Themenspektrum um nordisch-germanische Motive.

Gemeinsam war ihnen die Deklaration eines Krieges gegen das Christentum, in dessen Zuge Musiker diverser Bands als auch jugendliche Fans reihenweise Kirchen in Brand setzten. Der Krieg selbst wurde spätestens ab Mitte des Jahrzehnts zu einem dritten eigenständigen Thema im Black Metal, wobei die Musiker in ihren Texten vor allem die Faszination an der Wucht, der Gewalt und dem zerstörerischen Potential des Krieges samt seiner apokalyptischen Dimension zu Gehör bringen. Bis heute sind diese drei Motive die bestimmenden Inhalte im Black Metal.

Während die bekannten und weit über den Metal hinaus populären Bands wie Dimmu Borgir und Cradle of Filth eher mit dem okkulten Image der Musik kokettieren, versucht sich die grosse Masse der Underground-Bands gegen sie abzugrenzen. Einerseits, indem sie jedes kommerzielle Interesse verneinen und dabei teilweise auch die genannten Größen der Szene mit antisemitischen Stereotypen diffamieren, andererseits, indem sie sich als Hüter der wahren Lehre aufspielen. Stetig schwadronieren sie in Interviews davon, dass Black Metal mehr sei als nur Musik, nämlich ein bestimmter Lebensstil samt einer inneren Einstellung. Maßgeblich baut diese auf einem gewissen okkulten Grundinteresse auf und verneint christliche Werte und Normen, zu denen auch die sozialen Regeln eines gesellschaftlichen Miteinanders addiert werden. Stattdessen basiert der Lebensstil der Szene auf einem radikalen Individualismus, ganz im Sinne des Crowley’schen1 Motto »Tu was Du willst, das sei das einzige Gesetz«, in Verbindung mit einer nihilistischen Verweigerung gegenüber allem und jedem.

Neonazistisches Gedankengut trug zuerst Kristian »Varg« Vikernes von der Band Burzum in die Szene, nachdem er 1993 wegen Mordes an seinem ehemaligen Weggefährten und Brandstiftung inhaftiert worden war. Er hob hervor, dass Satanisten nach wie vor der christlichen Lehre verfangen seien und sich ja nur auf den biblischen Gegenspieler bezögen. Wer sich aber ganz davon lösen wolle, sollte sich der »eigenen Götter« und des »eigenen Glauben« bewusst werden, wie er vor der Christianisierung in Nordeuropa verbreitet war. Andere Gruppen, vor allem aus Frankreich, verwiesen auf den jüdischen Ursprung des Christentums und verstiegen sich teilweise zu einer wahnhaften Weltverschwörungsphantasie, dass die christliche Lehre von Nächstenliebe etc. nur eine perfide Erfindung »der« Juden sei, um sich die Menschen Untertan zu machen. Daraus resultiert bei einigen offen neonazistischen Gruppen so dann die Begeisterung für die SS und das »Dritte Reich«, welche die systematische Ermordung der europäischen Juden betrieben haben.

»Kampf um Art und Siegesglauben, richten über alles in der Zeit! Lässt sich der Gedanke niemals rauben, aufzubrechen, wir stehen bereit! Kühn zu kämpfen, um einst wieder zu herrschen. Die Art zu achten, wo man einst entsprungen. Skalden berichten, wie wir neu entstehen werden. Am Ende der Sieg, er wird wieder besungen«, grölt Asemit aka Jens Fröhlich von der Band Totenburg aus Gera. Sie nehmen für sich in Anspruch »Aryan Black Metal« zu spielen. Rechtes Gedankengut wird heute im Black Metal eben vorwiegend mit Rückbezug auf das nordisch-germanische Heidentum, auf den eigenen »Artglauben«, propagiert.

Diese Tendenz lässt sich nicht nur national, sondern ebenso international beobachten. Auch Nokturnal Mortum aus der Ukraine betont: »Wir spielen arischen heidnischen NSBM.« Das Kürzel ist eine in der Szene verbreitete Eigenbeschreibung für »National Socialist Black Metal«, mit der allerdings nur wenige Bands belegt werden. Bedeutet sie doch, dass die so bezeichneten Gruppen explizit neonazistische Texte verfassen und den Nationalsozialismus als positiven Bezugspunkt in der Vergangenheit als auch für die Zukunft begreifen. Die meisten Bands jedoch, obwohl sie extrem rechte bis neonazistische Positionen verinnerlicht haben und auch propagieren, lehnen für sich diese Bezeichnung ab. »Absurd« beispielsweise sehen sich als »normale« heidnische Black-Metal-Gruppe. Tatsächlich vermieden sie auf den letzten Alben offen politische Bezüge und singen stattdessen vom heidnischen Kampf gegen das Christentum: »Eisig weht der Wind von Norden, der die Glut entfacht. Feindesherrschaft muss vergehen, fremder Glaube fällt. Hammerschlag malmt zu Vergangnem, die das Kreuz erwählt. Der Hammer zerschmettert das Kreuz und der Sturm weht alles Fremde hinfort.« Angesichts des programmatischen Albums »Asgardsrei« aus dem Jahr 1999, auf dem sich die Band offen neonazistisch positionierte, ist heutiger Klartext in den Liedern nicht mehr notwendig. Die Hörer der Band erahnen bzw. wissen sehr wohl, dass der Sturm, ginge es nach Absurd, nicht nur den fremden Glauben hinwegfegen würde, sondern eben »alles Fremde«.

Absurd ist die bekannteste Band vom rechten Rand des Black-Metal-Underground. Obwohl ihre musikalischen Qualitäten nur dürftig sind, gleichen sie das durch ihren Ruf aus. Immerhin saßen drei Mitglieder in den 1990er-Jahren wegen Mordes an ihrem Mitschüler im Gefängnis. Insbesondere Hendrik Möbus zeigte nach seiner Haftentlassung wenig Reue für die Tat und verhöhnte stattdessen das Opfer – was schließlich dazu beitrug, dass seine Bewährung revidiert wurde. Im November 2005 erschien nach langer Ankündigung auf der Homepage von Donnerschlag Records aus Gera der Sampler »Absurd. Tribute to the Tyrants of german Black Metal«.

Viele der auf dem Album vertretenden Bands stammen aus Thüringen, wie eben Totenburg, Menneskerhat, Abolition und Tyskland. Andere kommen aus dem Ausland wie Wolfnacht (Griechenland) oder H-k-Z (Frankreich). Die Abkürzung steht im übrigen für »Hakenkreuzzug«. Aber auch Gruppen aus dem klassischen Genre des Rechtsrock sind auf der Compilation vertreten: T.H.O.R. aus Schneeberg und Bloodrevenge aus Ostwestfalen. Sie sind ein Zeichen dafür, wie der rechte Rand des Black Metal mittlerweile mit anderen extrem rechten Jugend- bzw. Musikkulturen verschmilzt.

Die rechte Skinheadszene hat schon länger am Black Metal Gefallen gefunden, immerhin teilen sie die Begeisterung für den nordisch-germanischen Glauben und alles, was damit zusammenhängt. Fasziniert sind die Neonazis, die um ihre Gewaltbereitschaft selten einen Hehl machen, aber auch von dem radikalen Gestus des Black Metal, der mit Blick auf die vielen Brandstiftungen und Morde nicht nur Image, sondern Widerspiegelung der Realität ist. Damit brauen sich in der extrem Rechten zusehend unheilige Allianzen zusammen.

Lesetip:
Christian Dornbusch & Hans-Peter Killguss
Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus
.rat – reihe antifaschistischer texte / Unrast-Verlag
2005. 18,- Euro

  • 1Aleister Crowley gilt als Begründer des modernen Satanismus.