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Zum Verbot von „Combat 18 Deutschland“

Exif Recherche
Einleitung

Der Vollzug des Verbotes von „Combat 18 Deutschland“ am 23. Januar 2020 und die Verbotsverfügung vom 6. Dezember 2019 bilden den Höhepunkt der Groteske, die sich seit Jahren im staatlichen Umgang mit dieser Struktur zeigt.

Foto: Screenshot Facebook

Marko Gottschalk (3.v.l.) posierte im April 2019 bei facebook in einer „Brothers of Honour“-Kutte.

Durch die 71-seitige Verbotsverfügung zieht sich die konsequente Verweigerung, die Gruppe so zu benennen wie sie sich selbst nennt, wie sie im internationalen Netzwerk aufgestellt ist und dort anerkannt wird: „Blood & Honour / Combat 18“ (B&H/C18). Lediglich im deutschen Rahmen tritt sie, um allzu offene Bezüge auf das verbotene B&H zu vermeiden, zumeist als „Combat 18 Deutschland“ auf. Ebenso deutlich zieht sich die Verleugnung der tatsächlichen Größe und Dimension der Organisation durch die Verfügung.

Sieben von Hundert

In der Verbotsverfügung werden der Gruppe „mindestens 20 Mitglieder“ zugerechnet. Tatsächlich ist „Blood & Honour / Combat 18“ bzw. „Combat 18 Deutschland“ eine Organisation, die aus mehreren Untergruppen und Sektionen besteht und der insgesamt an die 100 Personen angehören dürften. Das Bundesministerium reduziert „Combat 18 Deutschland“ auf einen eng gesteckten Kreis um den Eisenacher Stanley Röske (ehemals Hessen), der nur eine von mehreren Führungspersonen der Organisation ist. Andere Gruppen und Sektionen von „Combat 18 Deutschland“ werden komplett ignoriert. Weder wurde bei deren Mitgliedern durchsucht, noch wurden diese Gruppen in der Verbotsverfügung als Teil von „Blood & Honour / Combat 18“ bzw. „Combat 18 Deutschland“ erwähnt.

Zu den sieben Personen, denen die Verbotsverfügung zugestellt wurde, zählen neben dem Kopf Stanley Röske aus Eisenach (Thüringen), Keven Langner aus Erfurt (Thüringen) als sein Stellvertreter, David Görgen aus Trierweiler (Rheinland-Pfalz), Josef Liedtke (geb. Irchenhauser) aus Wildau (Brandenburg), Gregor Alexander Michels aus Malchin (Mecklenburg-Vorpommern), Daniel Ott aus Lautertal (Hessen) und Robin Schmiemann aus Castorp Rauxel (Nordrhein-­Westphalen).1

B&H / C18 Divided

In der Verbotsverfügung wird nicht ein einziges Mal auf das Selbstverständnis von „Combat 18 Deutschland“ eingegangen, Teil des internationalen Netzwerks von „Blood & Honour“ zu sein bzw. das authentische und „anerkannte“ deutsche „Blood & Honour“ darzustellen. Dabei lässt die Organisation fast keine Gelegenheit aus, dies zu betonen. Die Organisation „Blood & Honour“ ist in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten. In der „Combat 18“-Verbotsverfügung wird lediglich angemerkt, dass ein 2018 erschienener Musiksampler von „Combat 18 Deutschland“ auf dem Cover das Kürzel von „Blood & Honour“ abbildet und dass „im Rahmen ihrer Aufnahme­prüfung Fragen zur Historie von ‚Combat 18‘ als auch zur verbotenen Organisation ‚Blood & Honour‘ gestellt werden“.

Es ist absurd. Im Dezember 2018 ging die Staatsanwaltschaft München mit Razzien gegen Röske und mehrere Mitglieder der bayerischen Sektion von „Combat 18 Deutschland“ vor. Dabei ging es unter anderem um die Produktion des schon erwähnten Musiksamplers, die bayerische B&H/C18-Neonazis zusammen mit Stanley Röske über Ungarn abgewickelt haben sollen. Die bayerischen Behörden ermittelten explizit wegen der Weiterführung von „Blood & Honour“ und vermieden es in ihren Verlautbarungen, diese Gruppe als „Blood & Honour / Combat 18“ bzw. als „Combat 18 Deutschland“ zu benennen. Ein Jahr später wird „Combat 18 Deutschland“ verboten, die bayerische Sektion bleibt dabei unangetastet, der Aspekt der Weiterführung von „Blood & Honour“ spielt auf einmal keine Rolle mehr und „Blood & Honour“ wird in der Verbotsverfügung nur am Rande gestreift.

Die Chefs

In der Verbotsverfügung wird aufgeführt, dass der Engländer William Browning, ein Mitbegründer von „Combat 18“ in den frühen 1990er Jahren, heute der Europachef ist und in ständigem Kontakt zu den Mitgliedern in Deutschland steht. Auch erhält er Mitgliedsbeiträge von „Combat 18 Deutschland“. Durch die Veröffentlichung der Kontoauszüge von Röske durch die Recherche-Plattform Exif, gerieten Röske und „Blood & Honour / Combat 18“ in Deutschland in Bedrängnis und Röske suchte eilig Rat bei Browning. Noch am Tag der Exif-Veröffentlichung am 16. Juli 2018, versuchte sich Röske über Brownings Lebensgefährtin mit dem Europa-Chef zu verabreden: „Würde Freitag gern zu euch kommen oder Samstag. Muss den weiteren Weg bereden....Was sagt W?

William Browning pflegt ein reges und vertrautes Verhältnis vor allem zu Robin Schmiemann. Als es im April 2018 um die Organisation eines konspirativen „Combat 18“ Treffens ging, schickte Browning ein Handy an Schmiemann, welches für Stanley Röske bestimmt war. Über das Telefon sollte später per SMS der Treffpunkt der Zusammenkunft kommuniziert werden.

Wer alles nicht betroffen war

Schmiemann gilt als die rechte Hand von Browning und trat am 26. Juli 2019 in einem Videoclip als Sprecher von „Combat 18 Deutschland“ auf. Schmiemann ist zugleich ein führender Vertreter der „Brothers of Honour“. Die blieben in der Verbotsverfügung unerwähnt. Es dürfte den Verfasser:innen im Innen- und Heimatministerium des Horst Seehofer einiges an Kopfzerbrechen bereitet haben, eine 71-seitige Verbotsverfügung zu verfassen und dabei nicht ein einziges Mal auf die „Brothers of Honour“ einzugehen.

Die „Brothers of Honour“ stellen sich mittlerweile als ein Verein auf, deren Präsident der Dortmunder Marko Gottschalk ist. Er ist Frontmann der Musikgruppe „Oidoxie“, die viele Jahre als eine Art Sprachrohr von „Combat 18“ auftrat und in den Neonaziszenen international Ansehen als eine Vertreterin der deutschen „Combat 18“ Szene genoß.

Die Recherche-Plattform Exif ging in einem Artikel „Never change a running System – Warum der Staat sich so schwer tut, gegen „Blood & Honour / Combat 18 vorzugehen“ vom August 2019 ausführlich auf die „Brothers of Honour“ ein und zeigte auf, wie unmissverständlich sich diese zu „Combat 18“ bekennen. So traten Mitglieder der „Brothers of Honour“ auch mit dem Organisationsabzeichen von „Combat 18 / Blood & Honour“ auf und auf den Lederwesten der im Rocker-Style gekleideten „Brothers of Honour“ prangt ein Aufnäher mit dem Spruch „Whatever it takes“ („was immer auch nötig ist“ / „mit allen Mitteln“). Dies ist seit den 1990er Jahren ein Leitspruch und eine Kampfparole von „Combat 18“.

Mit C18 und mit „Blood & Honour“ will Gottschalk nichts (mehr) zu tun haben, so lässt er über seinen Anwalt bestreiten, dass die Grußformel 28FF28 („28 Forever Forever 28“) einen Bezug zu „Blood & Honour“ herstellen würde. Die 28 etablierte sich nach dem Verbot des deutschen B&H im Jahr 2000 als chiffriertes und legales Bekenntnis zu „Blood & Honour“. Laut Gottschalk steht die 28 für „Brothers of Honour“, die sich natürlich nur rein zufällig mit den Initialen 28 abkürzen.

Zwischen 2012 und 2016 wohnte Gottschalk in Schweden und trat dort in der Mitglieds­kleidung der „Sektion Scandinavia“ von „Blood & Honour“ auf.

Auch waren keine Mitglieder der Gruppe „Brigade 8“ vom Verbot betroffen. Die Gruppe, die über drei bis vier dutzend Mitglieder in mehreren Bundesländern verfügt, war im März 2019 als Bruderschaft in das „Combat 18 Deutschland“ Netzwerk aufgenommen worden. Die Neonazis der „Brigade 8“ präsentieren sich seither in Shirts mit Aufschrift „Bruderschaft“, die das Organisationskennzeichen der „Brigade 8“ als auch das von „Combat 18 Deutschland“ zeigen. Auch die Treffpunkte der Gruppe, ein Haus bei Mücka in Sachsen und ein Gartengelände in Weißwasser, blieben unangetastet. Lediglich ein einziges Mal wird die „Brigade 8“ in der Verbotsverfügung erwähnt, da „das Jahresabschlusstreffen von ‚Combat 18 Deutschland‘ am 1. Dezember 2018 im Rahmen einer gemeinsamen Konzertveranstaltung mit der rechtsextremistischen Gruppierung ‚Brigade 8‘ (B8) in Mücka (Sachsen)“ stattfand.

Unangetastet blieben ganze Sektionen und Untergruppen von „Combat 18 Deutsc­h­­­land“,  neben der bayerischen Sektion beispielsweise auch eine mehrköpfige Gruppe aus Frankfurt an der Oder (Brandenburg), die in den vergangenen Jahren bei kaum einem wichtigen „Combat 18“-Event im In- und Ausland fehlte und sich dabei mit C18-­Symbolik in den Vordergrund drängte. Das Innenministerium Brandenburg geht in seinen Antworten auf eine kleine Anfrage der Linkspartei zu „Combat 18 in Brandenburg“ nicht einmal auf die Gruppe aus Frankfurt an der Oder ein – wenig verwunderlich, denn diese pflegt ein enge Beziehung zum Kreis der „Brothers of Honour“.

  • 1Aktualisierung AIB: Mittlerweile haben mehrere betroffene Personen aus dem Kreis von "Combat 18" vor Gericht Klage gegen das Verbot erhoben. Das Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig ist in erster und letzter Instanz für Entscheidungen über Vereinsverbote zuständig. Bei der Klage handele es sich um einen Eilantrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.