Skip to main content

"Lasermannen" gefasst

Einleitung

Die Schwedische Polizei vermutet einen Bankräuber deutsch-schweizerischer Herkunft hinter den Mordversuchen vom letzten Jahr. Als am 9. November 1991 unsere schwedischen GenossInnen in Solidarität mit den Flüchtlingen und AntirassistInnen in Deutschland auf die Straße gingen, starb ein iranischer Student an den Folgen eines Mordanschlages. Zwischen August 1991 und Oktober 1991 versetzte eine Serien von Mordversuchen die ImmigrantInnen in Schweden in Angst. Ausgeführt wurden die Angriffe mit einer Waffe, die mit einem Laser-Sichtgerät versehen war.  Wegen der Tatwaffe (Gewehr mit Laser-Zielvorrichtung) erhielt der Täter den Spitznamen "Lasermannen" in der schwedischen Presse. Der Killer zielte auf den Kopf, verletzte vier Menschen dunkler Hautfarbe schwer und tötete einen. Im Januar 1992 begannen erneut Angriffe auf Immigrantinnen, diesmal mit einem Revolver, wobei sechs Menschen z.T. schwer verletzt wurden.

Bild: wikimedia; Towpilot/CC BY 3.0

Der "Lasermannen" John Ausonius.

Der vermutliche Täter

Zwei Spuren hatte die schwedische Polizei: Erstens einen 38er Smith & Wessen Revolver, der in einem Stockholmer Gewässer in der Nähe des letzten Tatortes gefunden wurde, zweitens einen für Schweden recht ausgefallenen Wagen, mit dem der Täter flüchtete. Einen solchen Wagen hatte sich in der fraglichen Zeit John Ausonius gemietet. Ausonius, 38, Sohn einer Deutschen und eines 1977 verstorbenen Schweizers, der von Kindheit an in Schweden aufwuchs, hat ein breites Vorstrafenregister. Er betrieb illegale Taxis, fälschte Schecks und fiel durch Gewalttätigkeit auf. 1984 wird er zum ersten Mal wegen eines möglicherweise rassistisch motivierten Deliktes festgenommen: Für einen gewalttätigen Angriff auf einen Immigranten wird er zu 14 Monaten Haft verurteilt, nach der Hälfte der Zeit wegen guter Führung entlassen.

1988 wird er erneut straffällig. Während seiner Zeit in Haft 1985 lernt Ausonius - der auch die Namen John Stannermann, John Wollgang Zaugg und Stefan Riesling führt - den kroatischen Ustascha-Terroristen Miro Barešić kennen. Miro Barešić erschoß 1971 den jugoslawischen Botschafter in Schweden, wurde 1973 durch eine spektakuläre Flugzeug-Entführung befreit und ging nach Paraguay. Dort regierte damals noch der Diktator Alfredo Stroessner, der wie Miro Barešić zur »World Anti Communist League« (WACL) gehörte. Miro Barešić wurde in Washington als Botschaftswächter enttarnt, an Schweden ausgeliefert und 1986 entlassen. Als Held wurde der Ustascha- Killer letztes Jahr in Zagreb empfangen, als Chef einer Sondereinheit der Kroatischen Miliz starb er im Verlauf des Bürgerkrieges.

Unmittelbar nach den Anschlägen im Januar verläßt Ausonius Schweden. Sein Ziel ist Deutschland. Er soll sich hier unter falschem Namen und mit Bart möglicherweise auch in der rechten Szene bewegt haben1 .

Nach seiner Ausreise kommt es zu keinen weiteren Anschlägen. Im Mai kehrt der mittlerweile Hauptverdächtige nach Schweden zurück. Die Schwedische Polizei observiert ihn, was er offensichtlich nicht bemerkt. Denn am 12. Juni zieht überfällt er eine Bank. Als die Polizisten ihn verhaften wollen, schießt er um sich und entkommt auf einem Fahrrad. Kurz darauf wird er gefaßt und steht nun auch im Verdacht, mindestens 15 in gleicher Form ausgeführte Banküberfälle zwischen 1990 und 1991 begangen zu haben.

Bei einer Hausdurchsuchung bei Ausonius findet die Polizei Metallspuren, die eindeutig von dem besagten Revolver stammen. Dieser war bearbeitet worden, vermutlich um einen selbstgebastelten Schalldämpfer aufzusetzen. Den Revolver wiederum hält die Polizei zweifelsfrei für die Tatwaffe vom Januar.

Ausonius, der öfter in die Rassisten-Hochburgen in Süd-Afrika reiste, hat den Revolver dort gekauft, ebenso die für Schweden ungewöhnliche Munition, die in seiner Wohnung gefunden wurde. Er behauptet, ihn später weiterverkauft zu haben und gesteht ausschließlich den von der Polizei beobachteten Banküberfall.

Einzeltäter ?

Wie bei den meisten rassistischen Überfällen versucht auch die schwedische Polizei, Ausonius als Einzeltäter hinzustellen. Doch Zweifel sind angebracht. Abgesehen von dem Kontakt zu Miro Barešić, mit dem Ausonius gut befreundet gewesen ist, ist bekannt, daß er oft in zwei Zentren des internationalen Rassismus und der neo-faschistischen Aufbautätigkeit reiste: Deutschland2 und Süd-Afrika.

Des Weiteren wurde in der Wohnung diverses rassistisches Material gefunden. Leider hat die schwedische Polizei bislang nicht veröffentlicht, was für Material das ist, sonst würde eine Zuordnung wohl besser gelingen.

Einige Aspekte der Anschlagsserien lassen darauf schließen, daß sie nicht von einer Person ausgeführt wurden. Insbesondere sprechen alle Beweise gegen Ausonius nur dafür, daß er die zweite Serie ausgeführt hat sowie die Banküberfälle. Die Maskerade, der Revolver, das Auto, all dies sind Beweise gegen den Täter vom Januar. Ein Augenzeuge der Attacken vom Herbst 1991 hat Ausonius in einer Gegenüberstellung nicht wiedererkannt. Die schwedische Polizei will mit Ausonius in jedem Fall den Mörder für alle drei Tatserien festgenommen haben, gibt aber nicht zu erkennen, woraus sie diesen Schluß zieht.

Scheinbar  interessiert sich auch die Untersuchungskommission im Fall des schwedischen Staatsoberhauptes Olof Palme für Ausonius3 . Olof Palme, immerhin erklärter Gegner des süd-afrikanischen Apartheid-Regimes, wurde Anfang 1986 von bisher unbekannten Tätern ermordet. D.h. nach der Bekanntschaft zwischen Ausonius und Baresic. Für die Mordnacht hat Ausonius allerdings ein Alibi.

  • 1Nachtrag: In der Berliner Zeitung vom 3. Juni 2015 (Gespräch mit dem "Laser-Mann" John Ausonius: "Ich sehe mich heute nicht als einen Mörder") heißt es „John Ausonius flieht aus Schweden, zunächst nach Dresden. Dort besorgt er sich einen Reisepass, fälscht ihn mit seinem Foto und fliegt damit später von Frankfurt am Main aus nach Südafrika“. Der Buchautor Gellert Tamas, der ausführliche Interviews mit John Ausonius in der Haft geführt hat, schreibt u.a. „Ab Herbst 1989 pendelt John zwischen Deutschland und Schweden.“ (vgl. Der Lasermann, Vom Eliteschüler zum Serientäter: Ein Buch über Schweden, S. 246).
  • 2Nachtrag: Am 17. Februar 1992 soll er sich in Dresden einen gefälschten Pass mit der Nummer K 8597241 auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich besorgt haben. (Vgl.  Blaupause „Lasermann“, in taz online vom 5. September 2012)
  • 3Vgl. »Die Presse«, Wien, 20. Juni 1992