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Journalist von Zollbeamten an einen Neonazi verraten

Einleitung

Ein Zollbeamter hat die gesperrte Pri­vatadresse eines antifaschistischen Jour­nalisten weitestgehend folgenlos an einen Neonazi weitergegeben.

Ankündigung Kampfsportevent zwischen Rohri und einem Phillip
(Screenshot: Instagram)

Der Neonazi Marc R. ("Rohri") in einer "Pure Violence"-Kampfankündigung.

Der Journalist Timo Büchner hatte bei den Meldebehör­den eine Auskunftssperre für seine Wohn­anschrift erwirkt. Voraussetzung dafür ist eine „Gefahr für Leben, Gesundheit und persönliche Freiheit“, die droht, wenn pri­vate Informationen in die falschen Hände geraten. Unter anderem wegen seiner Tätigkeit für „Belltower News“ und die "Amadeu Antonio Stiftung" wurde Büchners Adresse gesperrt. Seine Daten dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden und somit selbstverständlich auch nicht an einen gewaltbereiten Neonazi.

Büchner hatte 2021 über den „Nord Württemberg Sturm“ (NWS), einen regionalen Ableger der „Junge Revolution“ (JR) berichtet. In sei­nem Text wurde auch Marc R. aus dem Neckar-Odenwald-Kreis erwähnt. Ein kampfsportaffiner Hooligan des 1. FC Schweinfurt, der unter dem Spitznamen „Rohri“ an dem Dortmunder Kampfsport-Event „Pure Violence“ teilnahm.

Im Umfeld des „Nord Württemberg Sturm“ kam es später zu polizeilichen Durchsuchungen. Bei der Auswertung der Asservate fanden die Ermittler einen "Threema"-Chat der Hooligangruppe „Green Boyz“ des Schwein­furter FC. Den Ermittlern wurde nunmehr bekannt, dass Marc R. in einer Nachricht kundtat, an Privatanschriften heranzu­kommen, denn er habe zwar „keinen Poli­zisten, aber jemanden vom Zoll, der macht das jetzt für mich“.

Der erwähnte Zollbe­amte, Tobias W., hatte ihm auf Anfrage Büchners Privatanschrift weitergegeben. In einem anderen Fall wurden private Informationen eines Anhängers der ver­feindeten Ultra-Fanszene der Würzburger Kickers an den Neonazi durchgestochen.

Die Folge: Wegen „Verletzung des Dienst­geheimnisses in zwei tatmehrheitlichen Fällen“ wurde der Zollbeamte vor dem Amtsgericht Kitzingen zu 90 Tagessätzen verurteilt. Ein Tagessatz mehr und er wäre vorbestraft gewesen. Nach Informationen des „Bayerischen Rundfunks“ ist W. weiter beim Hauptzollamt Schweinfurt im Dienst.

Auch gegen Marc R., der sich die Daten vom Zollbeamten hatte zuschicken lassen, liefen Ermittlungen an. Doch die Staatsan­waltschaft Würzburg stellte das Verfahren gegen ihn ein. R. war bereits im Februar 2022 vom Amtsgericht Augsburg wegen der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen zu 90 Tagessätzen verurteilt worden. Alle weiteren Verfahren wurden eingestellt, da die zu erwartende Strafe dafür nicht besonders ins Gewicht fällt.