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Sabotierte Ermittlungen im Neukölln Komplex?

Neukölln UA Protest
(Foto: Christian Ditsch)

Im „Neukölln Untersuchungsausschuss“ zu einer neonazistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln verstärkte ein Polizei­-Ermittler den von Antifaschist_innen geäu­ßerten Verdacht, dass die lokalen Neonazi-­Aktivisten Rückendeckung durch sympha­tisierende Polizeibeamte und einen Staats­anwalt gehabt haben könnten.

Obwohl unzählige Ermittler mit den Anschlägen befasst waren und die Tatverdächtigen schon frühzeitig von Antifaschist_innen eingegrenzt worden waren, ist für die zahlreichen Neonazi-Angriffe und Bran­danschläge im Bezirk Neukölln bis heute keiner der tatverdächtigen Neonazis verurteilt worden. Der Prozess gegen die ermittelten Neonazis soll nun nochmals aufgerollt werden.

Der ehemalige Leiter der extra eingerichteten Staatsschutz-­„Ermittlungsgruppe Resin“ war noch wäh­rend der Ermittlungen wieder abgelöst worden, weil auch sein Name in einer der beschlagnahmten Feindeslisten der Tat­verdächtigen aufgetaucht war. Im Unter­suchungsausschuss berichtete er, dass die Neonazis scheinbar immer genau außer­halb der häufigen Observationszeiten agieren konnten. Den Tatverdächtigen Sebastian T. habe er in zwei Jahren Ermitt­lungsarbeit im Rahmen der Einsätze nur zwei Mal gesehen. Bald kam er zu dem Schluss: „Vielleicht wurden die Einsätze durchgesteckt.“ und „Es musste etwas im Busch sein, von dem ich nichts wusste“. Dass der Tatverdächtige Tilo P. als (frühe­rer) AfD-Kandidat mit dem AfD-Polizisten Detlef M. (Wachleiter einer angrenzenden Polizeidirektion) im Bezirk vernetzt war, ist damals scheinbar noch nicht aufgefallen. „Natürlich hat der von unseren Einsätzen damals mitbekommen, mehr muss ich dazu glaube ich nicht sagen“, sagte der Ermittler im Untersuchungsausschuss.

Über diese und weitere mögliche Querver­bindungen zwischen der Neuköllner Neo­nazi-Szene und Akteuren aus Sicherheits­behören hatte das „Antifaschistische Info­blatt“ (AIB) später mehrfach berichtet.

Hochgradig ungewöhnlich sei für den frü­heren Ermittlungsleiter auch das Verhalten des Oberstaatsanwalts F. gewesen. Er habe unzählige Male erfolglos bei ihm versucht gerichtliche Beschlüsse für gezielte Überwachungsmaßnahmen zu erwirken. Nur in geschätzt vier von zehn Fällen sei das gelungen. Drei Umzugskar­tons mit möglichem Beweismaterial hätten die Staatschützer_innen zur Staatsanwalt­schaft gebracht. Dort hätten sie sehr lange nur rumgestanden, „ohne einmal ange­fasst worden zu sein“. Teils habe F. auch Durchsuchungsbeschlüsse für Objekte nicht genehmigt, die aus Sicht der Sonde­rermittler zentral gewesen wären. Schließ­lich wurde eine Telegram-Nachricht bekannt, die der Tatverdächtige Tilo P. an einen AfD-Mann geschrieben hatte. Darin erklärt P., dass ihm wohl nichts passieren werde und der Staatsanwalt auf „ihrer Seite“ stehe. Tilo P. hatte jedenfalls den Eindruck, dass F. irgendwie „AfD-nah“ sei. Der ehemalige Ermittlungsleiter berichtete dazu, er habe bereits im Vorfeld Bedenken wegen einer möglichen Nähe F.s zu „rech­tem Gedankengut“ gehabt. „Leider habe ich dann aus der Presse erfahren, dass ich nicht ganz unrecht hatte“.

Auch ein späte­rer Leiter der „EG Resin“ wurde zwischen­zeitlich im Untersuchungsausschuss zu den Ermittlungen, Fehlern und Pannen im Neukölln-Komplex befragt. Hierfür wurde er auch mit dem Artikel „Gegen Linke ermittelt und Rechte überführt?“ aus dem „Antifaschistischen Infoblatt“ konfrontiert, wie die Gruppe „aze_berlin“ berichtete.