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Antifa Demo in Delitzsch. Gegen den rechten Terror und seine Verharmlosung

Einleitung

Die sächsischen Behörden kapitulieren vor Neonazis in Delitzsch (bei Leipzig). Nachdem diese seit Monaten alle in der Stadt terrorisieren, die nicht in ihr Weltbild passen, wurde eine antifaschistische Demonstration für den 3. September verboten. Begründung: Die DemoteilnehmerInnen könnten nicht gegen Über- und Angriffe seitens der Neonazis geschützt werden. Eine zeitgleich stattfindende Neonazi-Demo wurde ebenfalls verboten.

Plakat für eine antifaschistische Demonstration in Delitzsch.

Bereits im Frühjahr diesen Jahres demonstrierten AntifaschistInnen spontan unter dem Motto: »Naziterror stoppen – kein Nazizentrum in Delitzsch« in der sächsischen Kleinstadt. In den Monaten danach kam es in Delitzsch zu einer ganzen Reihe von Übergriffen von Neonazis. Höhepunkt war der gewaltsame Überfall von Neonazis auf die elterliche Wohnung einer Antifaschistin. Unter den Neonazis soll sich auch der Anführer der örtlichen Neonazi-Szene Maik Sch. befunden haben. In der Nacht vom 8. zum 9. Juli drangen die etwa zehn zum Teil vermummten und bewaffneten Neonazis über den Nachbarbalkon in die Wohnung ein. Die Antifaschistin und ihre Eltern wurden mit einer Waffe bedroht, um die Adresse einer anderen Antifaschistin zu erpressen. Nachdem Tür und Fenster demoliert und das Handy der Frau gestohlen wurde, folgte noch eine Morddrohung für den Fall, dass sie Anzeige erstatten sollte. Bereits eine Woche vor dieser Tat hatten etwa 90 Neonazis bei einem Fest den Stadtpark abgeriegelt und ließen keine alternativ aussehenden Menschen passieren. Eine junge Frau und ihre Mutter wurden von ihnen im weiteren Verlauf des Abends angegriffen und verletzt. Die zur Hilfe gerufene Polizei ging nicht gegen die Neonazis vor, sondern umstellte das linke Projekt »Villa«. Ähnlich fatal sind die Reaktionen im Delitzscher Rathaus. Dort wurde gefordert das Jugendzentrum YOZ, bisher Treffpunkt für alle nicht-rechten Jugendlichen, auch für Neonazis zu öffnen. Logischerweise sprach man sich auch gegen ein Konzert unter dem Motto: »Gegen Faschismus« aus, da dass »YOZ (…) angehalten (ist), für alle Kinder und Jugendlichen offen zu sein, jedoch strikte Neutralität zu wahren«. Somit wäre es geboten »keine Veranstaltungen mit politischem Charakter durchzuführen«. Im Übrigen wolle man mit der Konzertabsage auch dem »vorbeugen«, dass die Veranstaltung »durch die rechte Szene gestört wird«. Doch damit nicht genug. Hinter den Kulissen verhandelte die Stadtverwaltung mit den Rechten über einen eigenen Jugendclub. Mehrheitlich beschloss der Delitzscher Stadtrat den Rechten einen Container für 75.000,– DM am Stadtrand zur Verfügung zu stellen. Alles unter sozialarbeiterischer Kontrolle versteht sich. Man ging sogar so weit, die ABM-Stelle des Sozialarbeiters dem bereits erwähnten Neonazi Maik Sch. anzubieten. Der lehnte jedoch ab. »Die hätten mich vereinnahmen können« erklärt er gegenüber der »Zeit«. »Ich halte das für unverantwortlich. (...) Entweder ist das von der Stadtverwaltung sehr naiv oder eine direkte Förderung informeller rechtsradikaler Strukturen«, urteilt Franz Josef Krafeld, ehemals Begründer des Konzeptes der »akzeptierenden Sozialarbeit« aus Bremen (siehe Interview im AIB # 44). Maria Weißdorn, Sprecherin Leipziger Antifagruppen, stellt dazu fest: »Es ist unglaublich, was die Delitzscheer Behörden noch alles in petto haben. Sie sind sich nicht einmal zu schade, öffentlich einzugestehen, daß sie völlig konzept- und scheinbar mittellos vor den Nazis kuschen. Der Terror der Nazis in Delitzsch ist von Anbeginn von Erfolg gekrönt, weil die Behörden, einschließlich der Polizei, scheinbar nichts unversucht lassen, um das riesige Neonaziproblem in Delitzsch zu bagatellisieren und herunterzuspielen. Die Verantwortlichen sind offensichtlich nicht mit Blindheit geschlagen, sondern absolut unwillig und unfähig, die Nazis im Zaume zu halten.« Gegen diese Zustände von alltäglichem rechten Terror und gleichzeitiger Verharmlosung hatten AntifaschistInnen zu einer neuerlichen überregionalen antifaschistischen Demonstration am 4. November diesen Jahres aufgerufen.