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Auf der Stelle treten. Stagnation bei der Brandenburger NPD

Ein Artikel des Brandenburger Webportals www.inforiot.de
Einleitung

Offensive sieht anders aus. Der Brandenburger Landesverband der NPD vermag es derzeit nicht, das Niveau der eigenen Parteiaktivitäten spürbar anzuheben. Und das, obwohl die Kommunalwahlen 2008 leidlich erfolgreich waren und die Fusion mit der DVU, die bis 2009 zehn Jahre lang im Landtag saß, die unmittelbare Konkurrenz aus dem Weg geräumt hatte. Der NPD-Versuch, nun richtig durchzustarten, ist gründlich misslungen, wie die schwachen Aktivitäten, aber auch verschiedene Parteiinterna belegen.

Der Brandenburger NPD Vorsitzende Klaus Beier als Redner bei einer NPD-Demonstration im Juni 2008 in Joachimsthal.

Im Februar 2011 kursierte ein Datensatz mit 60.000 E-Mails aus dem Innenleben der Bundes-NPD. Auch über den Brandenburger Landesverband war aus dem Material, das von der Jahresmitte 2010 bis in den Januar diesen Jahres reicht, eine Menge zu erfahren. In der Gesamtschau ergibt sich das Bild eines kleinen, durchaus funktionstüchtigen Landesverbandes, von dem aber keine großen Sprünge zu erwarten sind. Ständiger Personalmangel und gegenseitige Missgunst bestimmen die Parteiarbeit in Brandenburg. Nur ein sehr kleiner, dafür stabiler Kern von Aktiven hält den Verband immerhin auf niedrigem Niveau arbeitsfähig.

Landesweit 300 Mitglieder

Einer internen Finanzübersicht aus dem E-Mail-Satz zufolge hatte der Landesverband Brandenburg im Juli 2010 264 Mitglieder, aufgeteilt auf sieben Kreisverbände. Nur 100 der 264 Mitglieder zahlten den vollen Beitrag, der Rest führte ermäßigte Beiträge ab. Nach den Abgaben an Landes- und Bundes-NPD bleiben für die Kreisverbände nur zwischen 50 und 150 Euro über. Es gibt nicht einmal flächendeckende Strukturen der NPD im Land. In den internen Papieren ist der Kreisverband Prignitz-Ruppin schlichtweg inexistent, während er auf der Homepage der Partei weiterhin aufgeführt wird.

Übertritte von der zusammenbrechenden DVU zur NPD hat es nur in verhältnismäßig schmalem Umfang gegeben. Gerade mal rund 40 Übertritte dürften es sein, von denen die Mehrzahl kaum für aktive Parteiarbeit zu mobilisieren sein wird. Nur vier DVU-MandatsträgerInnen haben nach der Fusion das Parteibuch im Sinne der NPD gewechselt.

Vorstand und Parteisoldaten

Aus den E-Mails geht hervor, dass die NPD Brandenburg für Landesvorstandsitzungen die Berliner Bundesparteizentrale nutzt. Dort arbeitet Landeschef Klaus Beier und auch andere aus Brandenburg stammende Parteiaktive sind dort tätig – etwa Florian Stein und Jörg Hähnel. Seit 2004 ist Klaus Beier Landeschef der Brandenburger NPD und gehört als Pressesprecher der NPD zum Führungskreis der Bundespartei. Neben Beier hält vor allem der Vize-Vorsitzende Ronny Zasowk in Brandenburg die Fäden zusammen. Der Cottbusser Stadtverordnete ist besonders fleißig in die alltägliche Parteiarbeit involviert, wie das immense Volumen seines E-Mail-Verkehrs belegt. Zasowk arbeitet mittlerweile auch als persönlicher Mitarbeiter des NPD-Abgeordneten Andreas Storr im Sächsischen Landtag. Schlechte Laune machte ihm ein Vorfall im Juli 2010, über den er sich bei Klaus Beier beklagte: »Die Antifa war bei mir in Cottbus zu Hause und hat die Hauswand vollgesprüht. Toll, nicht? Mein Vater ist begeistert.«

Das Landesvorstandsmitglied Ingo Pannier hingegen hat seine Parteiaktivitäten inzwischen etwas reduziert. Der Versicherungsmakler betreibt mit seiner Lebensgefährtin Jana Michaelis einen Reiterhof in Blumberg (Barnim), auf dem 2010 ein Treffen der neonazistischen »Gemeinschaft Deutscher Frauen« stattfand. Zusammen mit der Bernauer NPD-Aktivistin Aileen Götze und Mike Sandow, ex-NPD-Kreischef, versucht er außerdem ein »Märkisches Familien- und Hilfswerk« aufzubauen.

Neben Beier, Zasowk und Pannier gehören auch Thomas Salomon, Manuela Kokott, Michel Müller, Sven Haverlandt und Stefan Rietz zum Landesvorstand der Partei.

Spagat zwischen Militanz und Bürgernähe

Die Neonazipartei NPD kommt auch in Brandenburg nicht aus ihrer Haut heraus. Ihre aktive Mitgliedschaft rekrutiert sich aus Neonazis, die sich schwer damit tun, ihre Überzeugungen zu verbergen. Ihre Herkunft aus den nazistischen Subkulturen und die verbreitete Nähe zu den »Kameradschaften« tun ihr Übriges.

Neben Zasowk fällt auch Michel Müller (Chef des Kreisverbands Havel-Nuthe) durch das große Volumen seiner Parteiaktivitäten auf. An seiner Person veranschaulicht sich, dass die Brandenburger NPD als Teil der militanten Neonaziszene gelten muss. Müller war in früheren Jahren aktiv bei der 2005 verbotenen Neonazi-Kameradschaft »Hauptvolk« aus Rathenow und saß wegen Beihilfe zu versuchtem Mord im Gefängnis.

Stefan Rietz, heute im Landesvorstand, war aktiv im 2000 verbotenen rassistischen »Blood & Honour« Netzwerk. Unter den NPD-Militanten findet sich außerdem der Stellvertretende Kreisvorsitzende in der Lausitz, Alexander Bode, Haupttäter der tödlichen rassistischen Hetzjagd von Guben 1999.

Durch die enge Anbindung an die Bundeszentrale ist abgesichert, dass der Brandenburger Landesverband sich eng am Kurs der Bundespartei orientiert. Im Außenbild soll eine »seriöse Radikalität« inszeniert werden. Gemeint sind damit vor allem populistische Phrasen gegen »Globalismus« und »Überfremdung« bei möglichst konsequenter Vermeidung von offensichtlichem Neonazismus. Träumereien vom »Deutschen Reich« sollen nicht publik werden, um eine breitere Wählbarkeit zu erreichen. In der landesweiten Agitationszeitung »Wahrheit für Brandenburg«, von der immerhin zwei Ausgaben erschienen sind, ist diese Strategie deutlich erkennbar. Als vorbildlich für die Parteiarbeit wurde über Monate die »bürgernahe« Kampagne »Schule statt Rathaus« in Schöneiche benannt. Und doch endete sie mit einer Peinlichkeit: 1147 Unterschriften für ein entsprechendes Bürgerbegehren wollten die NPD-Kader Antje Kottusch und Andreas Kavalir in der Kleinstadt nahe Berlin gesammelt haben. Dann kam aber heraus: Gleich ein Drittel der Einträge waren fehlerhaft, sogar eine erhebliche Anzahl von Mehrfachunterschriften wollte die NPD untermogeln. Damit war die Mindestzahl von Unterschriften für ein gültiges Bürgerbegehen verfehlt – aus der Vorbildkampagne war ein Flop geworden.

Im Mai 2011 wurde in Spremberg eine NPD-Demonstration durchgeführt, die eine »Anti-Abwanderungskampagne« einläuten sollte. Motto und Aufruftext entsprachen ganz der »seriös radikalen« Parteilinie: Durch die EU-Politik würden die neuen Bundesländer Schaden nehmen und nur die NPD könne das Problem durch Renationalisierung lösen. Die Demo selbst machte dann jedoch ein anderes Bild: Die TeilnehmerInnen brüllten vor allem eine Parole: »Wer hat uns verraten? Die Demokraten! Wer macht damit Schluss? Nationaler Sozialismus!« Obendrein drängelten sich vor das frischgedruckte NPD-Fronttransparent Kameradschaftsmitglieder mit einem eigenen, themenfremden Transparent: »Natur und Heimat schützen«. Unter den »Kameradschaftern«, die da die Spitze des Parteiaufzugs geentert hatten, befand sich Markus Noack, NPD-Kreisverordneter aus der Region.