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Die Herausbildung des NSU im Sommer der „Staatsantifa“

Markus Mohr (Gastbeitrag)
Einleitung

Mitte September 2000 veröffentlichten der Tagesspiegel und die Frankfurter Rundschau das Ergebnis einer Recherche der Journalist*innen Frank Jansen und Heike Kleffner, in der die Zahl der von ihnen gezählten 93 Todesopfer rechter Gewalt seit dem Jahre 1990 die von der Bundesregierung erfassten um mehr als das Dreifache überstieg. Diesem Weckruf waren in den ersten sieben Monaten des Jahres 2000 elf durch Neonazis Ermordete vorangegangen: Auf den Straßen erschlugen sie Obdachlose, in Dessau Alberto Adriano aus Mosambik, der NPD-Anhänger Michael Berger erschoss in Dortmund drei Polizist*innen, nicht europäisch aussehende Ausländer wurden überall in der Republik angegriffen, jüdische Stätten geschändet, an der S-Bahn-­Station Düsseldorf-Wehrhahn wurde eine Bombe gegen Sprachschüle­r*innen, darunter auch jüdische Auswanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, gezündet.

Foto: Christian Ditsch

NPD-Demonstration am 4. März 2000 in Braunschweig. Einerseits suchte „Blood & Honour“ die Nähe zu legalen Organisationen wie der NPD. Andererseits ging es um die Propagierung terroristischer Untergrundstrukturen.

In Reaktion auf den anhaltenden Alltags­terror durch die extreme Rechte setzte in den Sommermonaten des Jahres 2000 in der politischen Klasse ein großes Rauschen ein. Politiker*innen und hochrangige Sicher­heitsbeamte meldeten sich in den Medien ausführlich zu Wort und verurteilten dabei selbstredend als „fremdenfeindlich“ etikettierte Gewalt. Sie setzten dabei jedoch immer wieder die Behauptung, dass die Existenz einer sogenannten „Braunen Armee Fraktion“ weder nachweisbar noch zu befürchten sei, als eine Art Beruhigungsformel ein.

Parallel dazu vollzog sich im Zusammenhang mit einer Vielzahl von öffentlichen Manifestationen der extremen Rechten, auf denen eine bewaffnete Politik propagiert wurde, die weitere Herausbildung des NSU. Er wurde durch Netzwerke aus „Freien Kameradschaften“, „Blood & Honour“ (B&H) und der NPD flankiert und unterstützt. Die politische Ebene reagierte auf die Dynamik im Neonazi-Spektrum mit dem Verbot von „Blood & Honour“ Mitte September 2000 und der Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die NPD. Aber eben das sollte die weitere Formierung des NSU gar nicht tangieren. Doch der Reihe nach.

Spätestens seit dem verheerenden Bombenanschlag in Düsseldorfer-Wehrhahn Ende Juli 2000 drängte sich die Existenz von Neonazi-Terror in der BRD für eine kurze historische Sekunde in das Bewusstsein der politischen Klasse. Von Linken sollte das zeitgenössisch unter dem leicht despektierlich gemeinten Begriff eines sogenannten Bundesantifasommer gestellt werden.

Nachdem von dem Tagesspiegel-Journalisten Frank Jansen kommentiert worden war, dass die rechte Szene „an der Schwelle zum Terrorismus“ stehe1 , warnte auch die Bundesregierung „vor einer wachsenden Terror-Bereitschaft der rechten Szene.“ Für sie sprach der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, schob jedoch mit dem Argument, dass es für Neonazi-Terror „kein großes Sympathisanten-Umfeld“ gebe, die beruhigende Mitteilung hinterher, dass „die Gründung einer ‚Braunen-Armee-Fraktion‘- nach dem Vorbild der Rote-Armee-Fraktion (RAF) der siebziger und achtziger Jahre - (...) nicht zu befürchten“ stehe.2 Damit folgte er ganz der Auffassung von BfV-Präsident Fromm, der in seinem ersten Interview im Amt auf die Frage, ob er denn „mit einer terroristischen Bedrohung von rechts“ nach Art einer „Braune Armee Fraktion“ rechne, replizierte: „So weit würde ich nicht gehen.“ Die „Rechtsextremisten“ verfügten nun mal „nicht über die Logistik, um etwas zu schaffen, das mit der RAF vergleichbar wäre.“ Immerhin aber: „Es gibt auch gewisse Ansätze für das Entstehen terroristischer Strukturen. Wir wissen von Neonazis, die sich auf den bewaffneten Kampf vorbereiten.“3 Kurz darauf hakte Jansen beim BfV-Präsidenten noch einmal präzisierend nach: „Es gab die Sprengstoffanschläge auf das Galinski-Grab in Berlin und die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken. In Jena hob die Polizei 1998 eine Bombenwerkstatt aus. Allein die Region Berlin­-Brandenburg ist seit September 1999 nur knapp drei Anschlägen entgangen. Kein Terrorismus?“ Antwort Fromm: „Wir sehen nicht, dass diesen Planungen, Anschlägen und Waffenfunden das Konzept einer Gruppe zugrunde liegt, die damit systematisch und nachhaltig ein politisches Ziel verfolgt.“ Auf die Nachfrage, dass doch „auch Gruppen, die nicht so perfekt wie einst die Rote-Armee-Fraktion agieren, (...) zu terroristischen Aktionen fähig“ sein könnten, negierte Fromm darauf indirekt bezugnehmend die Potenz von Neoazis zum Terror: „Zum Terrorismus im Sinne eines nachhaltig geführten politischen Kampfes gehört mehr als Gewalt und mehr als entsprechende Diskussionen: Führungspersonen, finanzielle Mittel, eine Strategie zur Überwindung des politischen Systems, Unterstützerszene, Logistik.“4

Zu diesem Zeitpunkt wuchs aber die Bereitschaft bei der Bundesregierung auf die spätestens seit der großen Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung in München am 1. März 1997 anhaltenden Mobilisierungserfolge der NPD mit der Einleitung eines Verbotsverfahrens zu reagieren. Bis in das Jahr 2000 hatte die Partei ihre Mitgliederzahl auf über 6 000 verdoppelt. In einer Rede in dem Wahlkreis des NPD-Kandidaten Manfred Roeder in Stralsund rief der NPD-Vorsitzende Udo Voigt im August 1998 die anwesenden Neonazis und rechten Skinheads indirekt zu der Aufnahme des bewaffneten Kampfes auf: „Kameradinnen und Kameraden, wenn damals Deutschland in Gefahr gewesen wäre, hätte ich auch als Vierzehnjähriger, wenn es hätte sein müssen, die Waffe in die Hand genommen, um mein Vaterland zu verteidigen. Und das erwarten wir von Euch auch. Deutschland ist in Gefahr! Deutschland wird von allen Seiten heute angegriffen.5

Auch so gewann die NPD Zulauf von Angehörigen der militanten „Freien Kameradschaften“ und Organisationen wie „Blood & Honour“. Ein Bericht des Tagesspiegel resümierte diese Entwicklung dahingehend, dass sich die Deutschland Division von B&H etwa Ende 1999 der NPD in einer Weise genähert habe, dass es eine Zeitlang so aussah, „als wolle sich ‚Blood & Honour‘ der Partei als eine Art SA-Flügel andienen. Bei vielen Neonazi­-Aufmärschen sind Anhänger der Bewegung mit schwarzen Fahnen mitmarschiert.“6 Der führende B&H-­Aktivist Stephan Lange hatte das 1998 programmatisch in die Worte gefasst, dass es die Aufgabe sei, „Patrioten verschiedener Stilrichtung zu sammeln und zu einen, nicht nur in der Musik, sondern im Kampf.“ In deutschen B&H-Publikation wurden inhaftierte Terroristen der Neonazi-Szene interviewt und umfänglich über „Wehrsportübungen“ der einzelnen „Sektionen“ berichtet. In dem Ende März 2000 fertig gestellten Magazin der "B&H-Division Deutschland", dass von der Polizei sichergestellt wurde, waren Interviews mit Thorsten Heise und dem Autor der „Turner Diaries“, William Pierce, enthalten. Auch der „Thüringer Heimatschutz“ (THS) taucht darin mit einem Zitat aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“ auf: „Wer leben will, der kämpfe

Der Landesvorsitzende der NPD in Sachsen, Winfried Petzold beschrieb die Zusammenarbeit zwischen freien Kameradschaften und B&H mit seiner Partei als eine „Kultur des nationalen Widerstands“. Er führte hier weiter aus, dass gegenwärtig in vielen Regionen „Mitteldeutschlands“ nationale Szeneläden entstünden, die nebenbei als Treffpunkte dienten. Folglich bildeten sich im Umfeld solcher Stätten „national befreite Zonen“, erklärte er und rief dazu auf, Strukturen zu schaffen, die „ein Überleben deutschdenkender Menschen in der Zukunft unter vielleicht noch schwereren Bedingungen“ ermögliche. Begeistert stellte Petzold fest, dass die „Freien Kameradschaften“ wichtige „Vorfeldorganisationen für unsere Partei“ darstellten, um die „gut geschulten politischen Soldaten“ zu adressieren, die in dem „zweifellos bevorstehenden Endkampf (...) aus voller Überzeugung bereit sind, im Notfall alles zu opfern, ja das Letzte zu geben.“7

Im Diskussionsforum der Homepage des „Thüringer Heimatschutzes“ fand sich am 9. Juni ein Beitrag, in dem es u.a. hieß: „Warum kriegen wir es eigentlich nicht gebacken, auch mal linksautonome Zentren in den Großstädten massiv anzugreifen, mit z.B. 200 bewaffneten Kameraden. Warum töten wir nicht mal ein paar Linke, damit sie sehen, dass sie nicht ungestraft gegen uns hetzen dürfen?!8 Einen Monat später, im Juli 2000, rief das internationale Neonazinetzwerk von B&H über Internet mit einem von Erik Blücher unter seinem Pseudonym „Max Hammer“ verbreiteten mehrseitigen Text zum bewaffneten Kampf in Deutschland auf. „Unsere revolutionäre Bewegung sollte sich auf die Rekrutierung politischer Soldaten konzentrieren, die bereit zur Schlacht sind. Die Zeit des Redens ist vorbei. Wir haben eine Ebene erreicht, wo jede Art von Aktion keiner Aktion vorzuziehen ist.“ zitierte das Antifaschistische Infoblatt (AIB) in einer Pressemitteilung den neonazistischen Gewaltaufruf.9

Gut möglich, dass sich die im „Thüringer Heimatschutz“ sozialisierten, in Sachsen dann mit logistischer B&H-Unterstützung untergetauchten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sprich: die „Jenaer Bombenbauer“ von diesen Überlegungen angesprochen und inspiriert gefühlt haben könnten. Zu diesem Zeitpunkt wird in der Zeitschrift „Der Rechte Rand“ die wichtige Scharnierfunktion von B&H in der Gemengelage von „Teilen der NPD, der Freien Nationalisten, (und) dem sich unter den Begriffen ‚Anti-Antifa‘ und ‚Weißer Arischer Widerstand‘ firmierenden Terroruntergrund“ hervorgehoben. Sie bilden „heute einen multifunktionalen Aktionsrahmen, in der Doppel- und Dreifachmitgliedschaften üblich sind und in dem sich die unterschiedlichen Ansätze, Optionen und Interessen ergänzen.“10 Diese Beschreibung passte mustergültig auf den Landesvorstand der NPD in Thüringen. Hier agierten in den Jahren 1999 – 2001 mit Tino Brandt und Ralf Wohlleben zwei bedeutende Helfershelfer des NSU. Im April 2001 sollte einer der Architekten des Prinzips der Kameradschaften in den 1990er Jahren, Frank Schwerdt, Vorsitzender der NPD Thüringen werden.

Mitte August 2000 erörterte das Nachrichtenmagazin SPIEGEL die möglichen Erschwernisse, die sich aus einem ein NPD-­Verbot für „das operative Geschäft des Verfassungsschutzes“ ergeben könnten. Dabei wurde zuversichtlich die These vertreten, dass nicht zu befürchten stehe, so unter Umständen in den Untergrund getriebene rechte Kader „dort schlechter beobachten“ zu können. Der Grund: „Denn die traditionell bestens unterwanderten Rechten können ohne staatliche Begleitung kaum einen Schritt tun. Schon deshalb sind die Behörden sicher, dass sie jeden Versuch, eine wirkliche Terrorstruktur aufzubauen, früh erkennen würden.“11 Diese Aussagen erschienen etwa drei Wochen vor dem Mordanschlag auf den Blumenhändler Enver Şimşek am 9. September 2000 in Nürnberg durch den NSU. Es ist auch heute noch eine viel diskutierte Frage, wie es genau geschehen konnte, dass „die traditionell bestens unterwanderten ­Rechten“ den Sicherheitsbehörden so ein Schnipp­chen haben schlagen können.

Doch im Rückblick auf das Jahr 2000 suchten die Verfassungsschutzbehörden lieber nach einer, wie es das LfV Berlin unter der Leitung seines Innensenators und vormaligen Präsidenten des BfV Eckart Werthebach formulierte, „klassischen Terrorgruppe im Sinne von § 129 a StGB“. Und was stellte sich dabei heraus? O-Ton LfV Berlin: „In Deutschland existiert keine rechts­extremistische Terrorgruppe im Sinne der ‘Braunen Armee Fraktion’“. Und in völliger Abstrahierung unter anderem auch dessen, was die drei Jenaer Bombenbastler*innen schon seit drei Jahren durch eine vielfältige Unterstützung durch ihre Kumpanen aus dem „Thüringer Heimatschutz“ und ihre „Blood & Honour“-Kameraden in Sachsen erfolgreich realisiert hatten, zeigte sich das LfV Berlin wie bereits BfV-Präsident Fromm davon überzeugt , dass „die rechtsextremistische Szene weder über die erforderliche Logistik und die finan­ziellen Mittel, noch über (...) eine genügend stark entwickelte Unterstützer­szene“ verfüge. Mehr noch: „Es fehlt an der Entschlossenheit und Bereitschaft einzelner Rechtsextremisten, bewusst, planvoll und zielgerichtet den Schritt in die Illegalität zu wagen und aus dieser heraus regel­mäßig schwerste Straftaten, insbesondere gegen Leib und Leben politischer Gegner, zu begehen.“12

Das mit diesen, sagen wir, phantasiereichen Ausführungen aber das Problem des organisierten Neonazi­-Terrors nicht vom Tisch war, zeigt ein im Oktober 2000 gehaltener Vortrag des Rechtsextremismusforschers Richard Stöss: Darin wies er auf die herausragende Rolle der in 20 Ländern aktiven Organisation „Blood & Honour“ hin. Diese Gruppierung, so Stöss, gelte „als Avantgarde der Neonazi­szene, die regelmäßig Wehrsportübungen durchführte und feste Kontakte zu gewalttätigen Neonazigruppen vor allem in Skandinavien unterhielt.“ Von ihr werde offenbar eine Doppelstrategie verfolgt: Neben einer Annäherung an die durch das Parteienprivileg geschützte NPD, gehe es ihr um die „Schaffung von terroristischen Untergrund­strukturen.“ Dabei sei in Großbritannien „die Muttersektion von B&H schon früh unter den Einfluss der neonazistischen Terrorgruppe Combat 18 geraten, die als ihr ‘bewaffneter Arm’ gilt.“ Auch der Chef der norwegische Sektion, Erik Blücher („Max Hammer“) propagiere den bewaffneten Kampf. Eine enge Kooperation bestehe auch zu den schwedischen Neonazis der „Nationalsocialistik Front“ und der dortigen B&H-Sektion, schreibt Stöss. Und: „Schweden galt 1999/2000 nach vier Toten, vier Schwerverletzten und mehreren Anschlägen durch Neonazis als Zentrum und Dreh­scheibe der Neonazi-Bewegung in Europa“. Zwischen führenden B&H-Aktivisten, darunter dem deutschen B&H-Chef Stephan Lange fänden offenbar regelmäßige Treffen statt. Gemeinsam sei ihnen „die Orientierung am historischen Faschismus bzw. Nationalsozialismus13

Soweit der avancierte Stand antifaschistischer Recherche Ende des Jahres 2000. Zu diesem Zeitpunkt hatten die flüchtigen Jenaer Bombenbastler*innen bereits mehrere Überfälle zur Geldbeschaffung verübt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gestützt auf die Hilfestellung lokaler Neonazi-Netzwerke hatten sie Ende Juni 1999 einen Anschlag auf die Nürnberger Pilsbar verübt und Enver Şimşek am 9. September 2000 in Nürnberg erschossen. In Chemnitz erhielten die Mörder wahrscheinlich Unterstützung aus den Kreisen der B&H-Struktur in Sachsen.

Der Sommer der Staatsantifa, in dem ganz im Geist der Extremismusdoktrin zu keinem Zeitpunkt auf die Referenz zur RAF verzichtet wurde, war vorbei. Eine „rechtsextremistische Terrorgruppe“ im Sinne der „Braunen Armee Fraktion“, von der die Sicherheitsbehörden fortwährend schwadroniert hatten, ließ sich tatsächlich nicht auffinden. Dafür bildete sich in der „traditionell bestens“ vom Verfassungsschutz „unterwanderten Rechten“ der NSU. Und so waren im Jahresbericht des BfV für das Jahr 2002 die noch in den Jahren 2000/1 entdeckten „Ansätze“ von Rechtsterrorismus – wie von Zauberhand – als „nicht erkennbar“ markiert, verschwunden.

Ende Mai 2017 wurde bekannt, dass der B&H-Führer Stephan Lange spätestens seit dem Sommer 2000 für das BfV als Vertrauensmann tätig war. Von dem kundigen NSU-Rechercheur Dirk Laabs wurde im Antifaschistischen Infoblatt (AIB) aus diesem Anlass die Frage aufgeworfen, ob die vom BfV seit 1994 praktizierte Strategie die Führungsstruktur militanter Neonaziorganisationen quasi „aufzukaufen“ und unter der faktischen Garantie von Straffreiheit in den eigenen Dienst zu stellen, letztlich am Beispiel der Terrorstruktur NSU gescheitert sei: „Unter den wichtigsten Unterstützern waren fast ausnahmslos „Blood & Honour“-Mitglieder und -Anhänger – die Gruppe also, die so massiv von den Verfassungsschutzämtern und der Polizei unterwandert war. Fast zwangsläufig waren unter den NSU-Unterstützern auch V-Personen.“14 Auch das ist eine gute Frage, die uns der Sommer der Staatsantifa aus dem Jahre 2000 für heute hinterlassen hat.

Rückblickend betrachtet erweist sich die Formulierung des Schweizer Journalisten Werner Bosshardt als hellsichtig, der seinen Beitrag im August 2000 unter dem Hinweis einer historischen Sekunde für die politische Skandalisierung von Tausenden von Neonazis begangener Gewaltdelikte mit „Die braune Suppe ist noch nicht ausgelöffelt“ überschrieb. Dabei zitierte er die mit Blick auf Teile der bundesdeutschen Bevölkerung angestimmte Klage der Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin, dass es „zu viel klammheimliche Zustimmung und viel zu viel Wegschauen“ zu Neonazi-­Terror gebe.15 Dass es genau diese „klamm­heimliche Zustimmung und viel zu viel Wegschauen“ auch bei den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden gab, sollte dann Jahre später die Selbstenttarnung des NSU beweisen.

  • 1Tagesspiegel vom 20.06.2000
  • 2Focus vom 26.06.2000
  • 3Welt am Sonntag vom 11.06.2000
  • 4Tagesspiegel vom 15.07.2000
  • 5ZDF-Fernsehmagazin Kennzeichen D am 2.9.1998
  • 6Tagesspiegel vom 15.9.2000
  • 7Sachsen Stimme (NPD) Januar - April 2000
  • 8ak vom 23.11.2000
  • 9AIB, PM vom 7.8.2000
  • 10DRR Nr. 64 v. Mai/Juni 2000
  • 11SPIEGEL vom 14.8.2000
  • 12LfV Berlin, Jahresbericht 2000, Berlin 2001
  • 13Richard Stöss, Zur Vernetzung der extremen Rechten in Europa / Referat Kongress der Deutschen Vereinigung Politischer Wissenschaft in Halle vom 4.10.2000
  • 14AIB Nr. 116: "Der V-Mann 'Nias' - Teil einer gescheiterten Strategie?" von Dirk Laabs.
  • 15Berner Zeitung v. 3.8.2000