Magdeburger Richter: Rassismus kein tragendes Motiv
Mit einem Schock für die Betroffenen endete am zweiten Mai 2014 am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen neun Neonazis wegen eines rassistischen Angriffs auf einen Imbissbetreiber, seine Lebensgefährtin und seinen Bekannten in Bernburg. Im September 2013 hatten zwei der Angeklagten auf dem Bahnhof der sachsen-anhaltischen Kreisstadt zunächst den 34-jährigen Betreiber eines Döner-Imbisses und seine Freundin rassistisch beleidigt. Dann waren alle neun über den Betroffenen hergefallen. Selbst als dieser zu Boden ging, traten noch vier der Neonazis vor allem auf den Kopf des Bewusstlosen ein. Auch seine Lebensgefährtin und der Bekannte wurden verletzt, als sie helfend eingreifen wollten.
Die Staatsanwaltschaft hatte den teils vorbestraften Angeklagten aus der Schönebecker Kameradschaftsszene u.a. versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Damit hatte sie das rassistische Tatmotiv vernachlässigt, das zu einer Anklage wegen versuchten Mordes geführt hätte. Nach 15 Verhandlungstagen sprach das Gericht das Urteil: Fünf Angeklagte wurden frei gesprochen - darunter Francesco L., der 2006 unter rassistischen Beleidigungen einen 12-jährigen schwarzen Deutschen in Pömmelte über eine Stunde hinweg malträtiert hatte. (Vgl. AIB Nr. 71) Vier Neonazis wurden wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen bis zu acht Jahren und zwei Monaten schuldig gesprochen. Rassismus habe zwar „mitgeschwungen“, tragend für den Angriff sei er allerdings nicht gewesen. Die Aussage der Freundin bezüglich der rassistischen Beleidigungen sei nicht glaubhaft. Auch sei nicht auszuschließen, dass sich die männlichen Betroffenen bewaffnet hätten. Darin sei dann der Hauptgrund für den Angriff zu finden. Staatsanwaltschaft, Rechtsanwälte und der Hauptbetroffene haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Wegen des hohen Kostenrisikos für den Geschädigten ruft die Mobile Opferberatung zu Spenden auf.
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