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Das Netzwerk der Identitären. Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten

Andreas Speit

Nachdem sich der ausgewiesene Fachautor Andreas Speit zuletzt bereits mit dem Buch „Bürgerliche Scharfmacher“ dem Netzwerk neurechter Strukturen ausgiebig widmete, legt er nun nach: Mit „Das Netzwerk der Identitären: Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten“ beleuchtet er konkret einen zentralen und medial wohl meist rezipierten Akteur in diesem Netzwerk. Dafür versammelt er unterschiedliche Expert_innen in einem Sammelband.

Ziel soll es sein, ein „Handbuch mit Nachschlagecharakter“ zu bieten, wes­wegen auch ein Personen- und Organisationsregister sowie ein Literaturverzeichnis den Band am Ende vervollständigen.

Die ersten vier Texte verfasste Speit selbst. Darin zeichnet er unter anderem die Entstehung und Entwicklung der Identitären in Deutschland nach und widmet sich ihren Vordenkern und Vorbildern sowie den ideologischen Grundlagen. Mittels popkultureller Adaptionen, modischem Aussehen und subversiven Aktionen wollen sie ihre altbackenen Ideen von Konservativer Revolution, Ethnopluralismus und anderen antimodernistischen Konzepten attraktiv verpacken. Die Identitären sind kein Massenphänomen und wollen das auch nicht sein, so Speit. Dennoch geht von ihnen eine Gefahr aus, nämlich dadurch, „dass die politischen Aktivitäten der Identitären in einen wachsenden Resonanzraum fallen, den sie selbst weiter ausdehnen.“ Die Identitären isoliert zu betrachten, würde zu kurz greifen, vielmehr muss ihre Rolle im gesamten Spektrum der Neuen Rechten gesehen werden.

Um dem Handbuchcharakter Rechnung zu tragen, sind die Texte in „Das Netzwerk der Identitären“ so verfasst, dass sie auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Stephanie Heide berichtet vom ersten Hausprojekt der Identitären in Halle, bei dem sich die IB-Regionalgruppe „Kontrakultur“ an den italienischen Faschisten von „Casa Pound“ orientiert. Andrea Röpke schreibt über die Verbindungen von der IB zu völkischen Familien. Johanna Sigl betrachtet Geschlechterkonstruktionen bei den Identitären, Kultur und Musik untersuchen David Begrich und Jan Raabe, Simone Rafael ihre Strategien im Internet.

Jean-Philipp Baeck betrachtet die personellen Überschneidungen und Verbindungen zwischen AfD und den Identitären, von denen sich die Partei offiziell weiterhin distanziert, obwohl von Einzelfällen  schon lange nicht mehr gesprochen werden kann. Wird die AfD „mit den Fällen einer Zusammenarbeit konfrontiert, sind die Reaktionen meist ähnlich“: Selten wird ein Parteiausschluss versucht, in der Regel folgt eine Strategie der Leugnung, bei der man angeblich von den Aktivitäten nichts gewusst habe, oder das dies schon länger her sei oder eine Privatangelegenheit wäre. „Immer öfter folgt auf solche Abgrenzung dann ein Statement, in dem der Identitären Bewegung allerdings inhaltlich zugestimmt wird.

Patrick Gensing untersucht die Wahrnehmung der Identitären durch die Medien und deren PR-Strategie. Dabei kommt er zu einem ambivalenten Ergebnis. Zwar sei es der IB in Ausnahmefällen gelungen, ihre Inszenierung unkritisch zu platzieren. Diese medialen Einzelerfolge sollten jedoch „nicht überblenden, dass sie bis heute nicht die Relevanz erreicht haben, um regelmäßig in Massenmedien zu gelangen.“ Durch ihre Medienstrategie, die Bildwirkung und ähnliches bewusst mitdenkt und einplant, bleiben sie für Journalist_innen in der Berichterstattung trotzdem eine „Herausforderung, die eine ständige Reflexion erfordert“ und bei der es darum geht, „die Identitären als rechtsextreme Kadergruppe zu entlarven und ihren Bildern die ikonische Wiedergabe zu verweigern.“

Besonders spannend ist auch der Beitrag von Hinnerk Berlekamp und Jan Opielka, die den Blick über den deutschsprachigen Tellerrand wagen und über die Bemühungen des identitären Strukturaufbaus in den verschiedenen Ländern Osteuropas berichten. Die Annahme, dass sich womöglich gerade in Ländern mit extrem rechten oder rechtspopulistischen Regierungsbeteiligungen entsprechende Strukturen besser ausbreiten können, entpuppt sich als Trugschluss. Vielmehr sehen sich Identitäre dort mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass ihre Forderungen schon Regierungshandeln sind oder in nationalen Diskursen als viel zu weichgespült daherkommen und sie dadurch überflüssig sind. In vielen osteuropäischen Ländern existieren entsprechende Strukturen daher vor allem virtuell.

Andreas Speit (Hg.)
"Das Netzwerk der Identitären
Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten"
ISBN: 978-3-96289-008-7

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