Das Gedenken an Semra Ertan
Am 24. Mai 1982 verbrannte sich Semra Ertan mit 25 Jahren an der Straßenkreuzung in Simon-von-Utrecht-Straße / Detlev-Bremer-Straße (St. Pauli, Hamburg) aus Protest gegen den grassierenden Rassismus, um die Öffentlichkeit aufzurütteln.
„Sich den Kämpfenden anschließen…
Einmal nicht an Ruhe denken,
Weiterkämpfen…
Besiegt werden wir nicht fallen.
Immer mit gleicher Kraft,
Freiheit, Gemeinschaft,
All das ist nah.
Die Idee, der Konflikt ist unser.
Lasst uns vereinen, gemeinsam sein,
Wir erheben
Unsere Herzen.
Wie die tosenden Wellen, die auf die Küste treffen,
Widerstehen wir
Denen, die uns nicht wollen,
Die Bestechlichen.
Was ist dabei? Wenn wir noch einmal
Um der Heimat willen sterben…
Der Menschen.“
(Semra Ertan. Kiel, den 28. Januar 1977)
"Mücadele edenler arasına katılmalı…
Bir zaman için unutmalı sakinliği,
devam çarpışmaya…
Yenik düşmeyiz
Hep aynı kuvvetle,
devam çarpışmaya…
Hürriyet, beraberlik,
hepsi yakın
Fikir, çatışma bizden
Beklemek, avuntu bizden
Birleşmeli, beraber olmalıyız ki
Bir kat daha kabarmalı
yüreğimiz
Sahili döven azgın dalgalar gibi
Birleşmeli, beraber olmalıyız ki;
Karşı gelebilelim
Bizleri istemeyen
satılmışlara
Ne çıkar? bir kez daha
Ölsek de vatan uğruna
halkımız"
(Semra Ertan. Kiel, 28 Ocak 1977)
Semra Ertan war politisch aktiv. Sie demonstrierte gegen die rassistische ‚Hamburger Liste für Ausländerstopp‘, die 1982 zur Bürgerschaftswahl antrat. Sie kämpfte gegen Rassismus, Sexismus und Ableismus. Unentgeltlich dolmetschte sie für ihre Landsleute bei Behörden und Ärzt*innen.
Sie war 17, als sie intensiv zu schreiben begann. In über 350 Gedichten und Satiren schilderte sie ihr Leben und ihre Erfahrungen in Deutschland. Es geht um Leid, Wut, um Liebe, Hoffnung und Freund*innenschaft, gesellschaftliche Gleichberechtigung, Mut zum Widerstand und ein menschliches Mit- und Füreinander. Bis heute steht sie für Generationen von Menschen, die immer noch unsichtbar sind und nicht gehört werden.
Im Dezember 2020 wurde ein Teil ihrer Gedichte als Buch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Mein Name ist Ausländer / Benim AdımYabancı“.
Die Herausgeber*innen
Zühal Bilir-Meier ist die Schwester von Semra Ertan. Geboren in Mersin/Türkei, zog sie 1970 zu ihren Eltern, die als sogenannte „Gastarbeiter“ in Kiel/ Deutschland lebten. Sie studierte Agrarwissenschaft und Sozialpädagogik in Kiel und München und arbeitet heute in ihrer eigenen Praxis in München als Psychotherapeutin für Kinder- und Jugendliche.
Cana Bilir-Meier ist die Nichte von Semra Ertan. Geboren in München/ Deutschland, studierte sie Kunstpädagogik und Digitale Medien in Wien und Istanbul. Sie arbeitet als Filmemacherin, Kunstpädagogin und in Projekten bildender Kunst. Gemeinsam mit ihrer Mutter Zühal Bilir-Meier und weiteren Menschen hat sie 2018 die Initiative in Gedenken an Semra Ertan in Hamburg gegründet.
Um die Erinnerung an Semra Ertan und ihr poetisches Werk am Leben zu erhalten und in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, wurde im Mai 2021 an der Kreuzung Simon-von-Utrecht/ Detlev-Bremer-Straße eine vorläufige Gedenktafel installiert und von der „Initiative in Gedenken an Semra Ertan“ Blumen und Grußbotschaften niedergelegt. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.
Weitere Informationen:
instagram.com/semra_ertan_initiative
semraertaninitiative.wordpress.com
Semra Ertan:
"Mein Name ist Ausländer | Benim Adım Yabancı
Gedichte | Şiirler"