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... und wer denkt an die Kinder?

Larissa Denk Fabian Kaufmann & Ulrich Peters

Die Broschüre gibt einen Überblick über Narrative, Strukturen, Aktionsformen und Entwicklungen pandemieleugnerischer Zusammenhänge wie dem Netzwerk ‚Eltern stehen auf‘ oder den ‚Klagepaten‘. In kurzen Texten geht es u.a. um den „Kampf für Kinder“ als Aktionsform oder Retraditionalisierung von Geschlechterrollen in der pandemileugnerischen Szene. Beleuchtet wird auch die Bezugnahme auf die vermeintliche eigene Wissenschaftlichkeit und Expertise, mit der allgemeingültigen wissenschaftlichen Fakten eine eigene Wirklichkeit entgegen gesetzt wird.

Auseinandergesetzt wird sich auch mit der großen Bedeutung sozialer Medien als Ort von Vernetzung, Organisierung und Agitation. Die Autor_innen legen dar, dass Kinder in Protestaufrufen von ‚besorgten Müttern‘ der verschwörungsideologischen Szene oder den Inszenierungen mit Kuscheltieren und Kinderschuhen eine wichtige Rolle spielen. Für viele Menschen bieten Kinder und die Sorge um sie ein hohes Anknüpfungspotential. Dabei gehe es entweder um die eigenen Kinder, vielleicht aber auch um die eigene Kindheit.

Das Thema Kinder und Jugendliche generall und besonders ihr Wohlergehen emotionalisiert und aktiviert Menschen auf eine besondere Weise. Eine solche Instrumentalisierung von Kindern kennen Antifaschist_innen bereits aus neonazistischen Zusammenhängen, in denen öffentlichkeitswirksam vorgeben wird, sich für den Kinderschutz zu engagieren, in dem sie die Todesstrafe für vermeintliche „Kinderschänder“ fordern. Neben diesen Texten kommen auch Expert_innen aus den Bereichen Beratung und Bildung zu Wort. In  mehreren Interviews wird dafür plädiert, dass gerade in Krisenzeiten der politischen Bildung in Schulen eine wichtige Rolle zukommen muss, um Lehrkräfte und Schüler_innen mit den derzeitigen Verunsicherungen und Herausforderungen nicht allein zu lassen. Es wird über Erfahrungen mit Verschwörungsgläubigen und ihren Angehörigen in der Distanzierungsarbeit berichtet und deutlich, dass Kinder durch ihren Missbrauch für politische Ziele in eine Ohnmachtsposition gebracht werden, die wiederum möglicherweise die eigentliche Kindeswohlgefährdung darstellen und nicht die angeprangerten Corona-­Maßnahmen.

Darüber hinaus wird Antisemitismus als das wichtigste inhaltliche Verbindungselement zwischen der extremen Rechten und pandemieleugnerischen Zusammenhängen beschrieben, die z.B. in den Narrativen von „Q-Anon“ und der ­„jüdischen Schulmedizin“ deutlich wird. Übersichtliche Einblicke gibt es in die gemeinsamen Traditionslinien von Esoterik, bestimmter Weltanschauungen und Verschwörungserzählungen.

Dass die Broschüre die oben genannten Punkte an lokalen Beispielen aus Hamburg herleitet, stellt dabei kein Problem dar. Im Gegenteil: Die beschriebenen Strukturen, wie etwa die Initiative „Eltern stehen auf“ sind bundesweit aktiv und die Instrumentalisierung der Schutzmaßnahmen wie MNS und das Schnell-Testen in Schulen und Kitas mitnichten ein lokales Problem. Die Handreichung ist vor allem für den bildnerischen, bildungspolitischen und pädagogischen Bereich spannend, da bisher für Schule, Kita, Jugendarbeit keine Materialien zum Umgang bereit standen.

Broschüre:
„...und wer denkt an die Kinder? - Instrumentalisierung von Kindern in der Pandemieleugner*innenszene“

Download unter:
http://beratungsnetzwerk.hamburg/wp-content/uploads/2021/07/elternstehenauf_06_29_interaktiv.pdf