Antifaschismus & Antirassismus in Westberlin
Nach etwa drei Monaten habt ihr jetzt wieder ein Antifaschistisches Infoblatt (Westberlin) in den Händen. Euch erscheint vielleicht der zeitliche Abstand zwischen den Nummern zu groß. Durch ihn verliert ein Teil der Artikel seine Aktualität. Dennoch wollen bzw. vielmehr können wir das Antifaschistisches Infoblatt (AIB) nicht öfters erscheinen lassen. Das Antifaschistisches Infoblatt (AIB) wird von Aktiven aus verschiedenen Gruppen des antifaschistischen und antirassistischen Spektrums in Westberlin gemacht. Von Leuten, die auch in ihren Gruppen aktiv sind und nicht nur Zeitung machen wollen. Den Kopf des Titelblatts wollen wir für die nächsten Nummern beibehalten. Ihr habt sicherlich das rote Dreieck entdeckt: das Zeichen, das die politischen Gefangenen in Nazi-Deutschland tragen mußten. Wir möchten damit ausdrücken, daß wir uns in der Tradition dieses antifaschistischen Widerstandes verstehen. Gerade in Deutschland auch eine Tradition, die eine schwere Niederlage erlitten hat.
Die Themen in dieser AIB-Ausgabe sind wieder recht breit gestreut. Einen Schwerpunkt bildet der Antirassismus-Kongreß in Stockholm und die dort beschlossene (west-)europaweite Kampagne. Vertreter unserer Zeitschrift waren dort und haben zugesagt, in Westberlin diese Kampagne mitzutragen. Den Zeitpunkt für diese antirassistische Kampagne halten wir für sehr passend. An den Westberliner Schulen ist einiges in Bewegung gekommen, nachdem Neonazis massiver an bzw. vor den Schulen aufgetreten sind. Dieser sich formierende antifaschistische Widerstand von SchülerInnen wendet sich auch gerade gegen die Hetze gegen AusländerInnen und den Rassismus, wie sie v.a. von den Neonazis betrieben werden. Wir hoffen, daß der Funken auch auf die Betroffenen überspringt und sie so die Isolation hier im Exil bzw. in der Emigration durchbrechen können. Bisher ist in der BRD/ Westberlin noch keine breite Bewegung entstanden, die den Antifaschismus und den Antirassismus in sich vereint. Eine stärkere Beteiligung der ausländischen FreundInnen könnte ein wichtiger Baustein für solch eine Bewegung sein. Wir sind optimistisch.
Es tut sich was!
In den Schulen und Stadtteilen gründen sich neue Gruppen, die den Neonazis und Rassisten etwas entgegensetzen wollen. Wenn wir es schaffen die immer noch bestehende Trennung von hier lebenden AusländerInnen bzw. EinwanderInnen und Deutschen aufzuheben, uns über die Stadt auszubreiten in die Schulen, Stadtteile und Betriebe, dem Rassenhass Solidarität und Leben entgegenzusetzen, werden Neonazis und Rassisten nicht durchkommen. Dafür müssen wir uns selbst organisieren und auf unsere eigene Stärke vertrauen.
Von diesem Staat, der von alten und neuen Nazis durchsetzt ist, in dem nie eine ernstgemeinte Entnazifizierung stattgefunden hat, werden wir bei unserem Kampf kaum Unterstützung erhalten. Am 30. Januar 1988 demonstrierten ungefähr 1.500 Menschen in Westberlin gegen „die alten und neuen Nazis“. Auf diese Demonstration, zu der verschiedene antifaschistische Gruppen und Organisationen aufgerufen hatten, waren hauptsächlich SchülerInnen gekommen. Viele von ihnen sind durch die Veröffentlichungen in der Lokalpresse, über den Neonaziterror gegen Schülerzeitungsredakteure aufgeweckt worden und wohl auch durch das selbst erlebte immer dreistere Auftreten von Neonazis in Westberlin.
Das diese Demonstration keine Eintagsfliege war, zeigte sich am 13. Februar 1989 als in Alt-Mariendorf gegen den „Ball der Republikaner“ (REPs) protestiert wurde. Es kamen nur 100 REPs in die Trabrennbahn, dafür aber 700 AntifaschistInnen zum Protest. Da die REPs massiven Schutz von der Westberliner Polizei erhalten hatten, machte die Demonstration nach einiger Zeit kehrt und ging geschlossen zum U-Bahnhof zurück. Obwohl diesmal nicht mehr möglich war, als unseren Protest lautstark zum Ausdruck zu bringen, zeigt sich wir sind viele und wir werden mehr.