Wir sind die Guten. Antisemitismus in der radikalen Linken
Der Antisemitismus in der Linken rückt zunehmend ins Blickfeld von autonomen AntifaschistInnen. Leider gelingt es den AutorInnen von »Wir sind die Guten« nur zum Teil, über das autonome Stereotyp der eigenen Betroffenheit als Annäherung an das Thema hinauszugehen.
Eine Ausnahme ist z.T. das Kapitel von Frank Lohscheller, der NS-Ideologeme in der Erziehung bis heute nachzuweisen versucht. Insgesamt wird der subjektive Blick erst im Kontext der beiden Teile von Tobias Ebbrecht und der Gruppe Demontage. Ebbrecht versucht in antifaschistischen Debatten antisemitische Fragmente zu entdecken und wird vor allem in der Kapitalismuskritik fündig. Die unreflektierte Übernahme einer Ästhetik mit strukturell antisemitischem Inhalt wirft Ebbrecht auch dem AIB mit dem Titelbild der Nr. 37 vor.
Die Gruppe Demontage beschreibt in ihrem spannenden Beitrag ihre Erfahrungen, Antisemitismus in der radikalen Linken enttabuisieren zu wollen und wie sie mit dem Versuch eines »Produktiven Streits« scheitert. Besonders hier wird klar, dass die Diskussion erst am Anfang steht.
Die Collage über »Die radikale Linke, Israel und Palästina« liest sich dann als subjektives Geschichtsbuch mit der Anregung, Ursachen für das Tabu zu suchen, nicht über Antisemitismus reden zu wollen. Trotz der fehlenden genauen Analyse ist das Buch empfehlenswert, weil es exemplarisch darstellt, wie defizitär es mit der Auseinandersetzung um Antisemitismus vor allem auch innerhalb der autonomen Antifa bestellt ist.
Irit Neidhardt, Willi Bischof (Hrsg.)
Wir sind die Guten
Antisemitismus in der radikalen Linken
ISBN 3-89771-400-0
Unrast-Verlag, Münster 2000