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Der Duft des Geldes

Einleitung

Haben wir im AIB Nummer 61 (Winter 2003/2004) auf die Zusammenarbeit von Rockern und Neonazis beim Organisieren von Konzerten hingewiesen, so widmen wir uns hier erneut einer sog. »Mischszene« aus Rockern, Nazis und Hooligans. Diesmal allerdings geht es nicht um Musikveranstaltungen, sondern um das kommerzielle Ausnutzen dieser szeneübergreifenden Kontakte.

Antifaschistische Demontration gegen das Ladengeschäft Nordic Thunder in Berlin.

Waren unsere Recherchen zunächst einzelne Abschnitte zu diversen Marken und Läden, die scheinbar nicht miteinander in Verbindung standen, wurden wir bei näherem Hinsehen schnell eines Besseren belehrt. So ist es der Hamburger Neonazi Lars Georgi, der sich ein regelrechtes Imperium aus diversen Marken, Läden und Kapitalgesellschaften aufgebaut hat.

Abgesehen vom klassischen Rechtsrock, mit dem er schon immer seine Brötchen verdient hat, ist er die zentrale Führungsfigur diverser Modemarken, die unterschiedliche Szenen wie Rocker, Hooligans und Hardcoreanhänger mit rechtem Lifestyle bedienen. Aufallend ist weiter, dass er zur Abwicklung seiner Geschäfte sowohl auf die tatkräftige Unterstützung expo­nierter Personen aus den großen deutschen Rockerclubs zurückgreifen kann, als auch auf absolut führende Personen des Rechtsrock. Mit diesem Rückhalt hat Georgi sich in den letzten Jahren zu einer Art Paten des Neonazi-Kommerz hochgearbeitet. Das Licht der Öffentlichkeit scheut Georgi jedoch, seine Firmen und Läden sind stets über Strohmänner, teils aus der Naziszene, teils aus der Rockerszene, angemeldet.

Gestartet hat Georgi seine Karierre in der klassischen Neonazi-Szene. So gehörte er lange Zeit dem Umfeld des Hamburger Neonaziführers Thomas Wulff an. Damals noch als Skinhead unterwegs, betrieb er schon 1996 den »TTV Versand« und machte vor allem durch den Verkauf nicht autorisierter Bootlegs von sich reden. Anfangs wurde er von Wulff dazu auserkoren, einen JN-Landesverband in Hamburg aufzubauen, wurde dann aber von diesem zurückgepfiffen, als ihn die JN in den Bundesvorstand abberufen wollte. Lars Georgi soll sich laut Berichten aus der Szene auch in den Kreisen eines deutschen Ablegers der KKK-Gruppe "International Knights of the KKK" bewegt haben. Nach und nach widmete er sich voll allem dem rechten Kommerz.

Neben dem »TTV Versand« wird ihm ab Ende der 90er Jahre auch noch das Label »Wotan-Records« zugerechnet, das unter anderem legale Neuauflagen diverser indizierter CDs vertrieb. Wotan Records ist eines der größeren Rechtsrock-Labels, auf dem bis heute über 50 CDs erschienen sind. Unter anderem von »Landser«-Sänger Michael Regener alias »Lunikoff«. Bis 2002 baute er den »TTV-Versand«, der von da an unter einem Postfach in Zarrentin firmiert, zu einem der größten Rechtsrockversände Deutschlands aus. Vor allem durch sein unseriöses Geschäftsgebaren machte Georgi sich jedoch viele Feinde, so kursierten lange Jahre diverse Spitzelgerüchte um seine Person, die in einen offenen Brief der »Kameradschaft Hildesheim« gegen Georgi mündeten. In diesem Schriftstück aus dem Jahre 2002 wird Georgi beschuldigt, für den US-Geheimdienst NSA zu arbeiten und diverse Rechtsrockversände bei der Justiz anzuschwärzen, um dann deren CDs neu aufzulegen. Ausserdem wird dort behauptet, er würde sich der Rockerszene annähern, um mit dieser Geschäfte im Rotlichtmillieu zu machen.

Kosmetische Umstrukturierungen

Nach diesen Vorwürfen wurde es ruhiger um Georgi und er kappte seine offensichtlichsten Geschäftsverbindungen mit der Neonaziszene. So wurde sein »TTV-Versand« durch den »V7 Versand« seines alten Weggefährten Ingo Knauf übernommen und auch auf Demonstrationen ließ er sich nicht mehr blicken. Auch die Homepage der neonazistischen Band »Oidoxie« aus Dortmund, für die sich Georgi verantwortlich zeigte, wechselte den Besitzer. Doch seine kommerziellen und politischen Aktivitäten hat Georgi nur verschleiert und verlagert, nicht jedoch eingestellt.

Verantwortlich war Georgi auch für den »Zentralversand« des Neonazi- Magazins »Zentralorgan«. Diesen Versand hat Georgi zusammen mit Thomas Wulff und Michael Grewe als GmbH aufgezogen und betrieben.

Handelte er beim »TTV«- und »Zentralversand« noch mit eindeutigen Neonazi-CDs und -Devotionalien, so richten sich seine neuen Aktivitäten eher an Mischszenen aus Neonazis, Rockern und Hooligans. Den Anfang machte Georgi mit der Marke »Sport Frei«, die auf den Bremer Neonazi-Skinhead Henrik Ostendorf angemeldet ist. »Sport Frei« verkauft über diverse Neonaziläden, Versände und über eine eigene Internetseite Klamotten, die sich an (rechte) Hooligans richten. Angemeldet ist die Marke zwar auf Ostendorf, aber Anmelder der Homepage ist Georgi. Auch ist die Kontaktadresse für »Sport Frei« ein Postfach in Zarrentin. Überall dort, wo »Sport Frei« im Angebot ist, sind meistens auch die Marken »Pro Violence« und »H8wear« mit im Programm. »H8wear« ist markenrechtlich geschützt und auf Georgi angemeldet. Dabei steht die Kombination H8 auf der einen Seite für »Hate« mit Zielrichtung Hatecore, auf der anderen Seite natürlich als simple Abwandlung der 88 für »Heil Hitler«. Auch »H8wear« richtet sich an Hooligans und Hardcore-Anhänger.

Die Marke »Pro Violence« wollte der Magdeburger Hooligan Christoph Herpich anmelden, was ihm aber wegen des »gewaltverherrlichenden Slogans« vom deutschen Patentamt untersagt wurde. Nichtsdestotrotz vertreibt Herpich diese Marke über Ladengeschäfte und Internet. Herpich ist weiterhin Inhaber einer Marke namens »Alle gegen Alle Sport Frei«. Auch Christoph Herpich weist Bezüge in die organisierte Neonazi-Szene auf. Im Zuge des Blood & Honour Verbotes Mitte September 2000 wurde auch seine Wohnung von der Polizei durchsucht.

Auch in die Kreise der "Hammerskins" schienen gewisse Kontakte zu bestehen. Als das sächsische LKA im August 2002 gegen die regionalen "Hammerskins" wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelte, hoben sie ein Lager mit rund 600 RechtRock CDs in Wilschdorf aus. Auf den dort beschlagnahmten CDs der Band Attack und des Neonazi-Liedermachers Lars Hellmich, die offenbar von der italienischen Firma PhonoComp S.p.A. (Tribiano/Mailand) an die Firma Hate Records / H.A. Serice von Mirko Hesse geliefert worden waren, fanden sie die Fingerabdrücke von Sandro W. (Bautzen) und Lars Georgi aus Hamburg.

Gehversuche im Einzelhandel

2003 versuchte sich Georgi im Eröffnen eigener Läden zum Vertrieb seiner Marken. So eröffnete er fast zeitgleich in Hamburg und Berlin zwei Läden namens »Nordic Thunder«. Diese Läden haben zwar formal einen anderen Inhaber, aber im Hintergrund steht stets Georgi. So taucht er in einer Händlerliste einer Skinheadfirma in der Adresse der beiden »Nordic Thunder« auf und die Werbeflyer für diese Läden gingen an seinen alten »TTV«-Verteiler. In diesen Läden gibt es neben dem Komplettsortiment der Marke »Thor Steinar«, die Marken »H8wear«, »Sport Frei« und »Pro Violence«. Aufallend ist weiter, dass beide Läden der Rockerszene nahestehen. So gab es im mitlerweile geschlossenen Hamburger »Nordic Thunder« Fanartikel der hier verbotenen »Hells Angels« und der Inhaber des Berliner Ladens Mike Fr. ist exponiertes Mitglied der Rockergruppe »Born to be Wild«, die den Hells Angels nahestehen.

Die offizielle Inhaberschaft eines weiteren Nazi-Ladens hat Lars Georgi 2003 niedergelegt. So firmierte er als Inhaber des Hennigsdorfer Geschäfts »On the Streets«, übertrug die Inhaberschaft aber auf seinen Angestellten Alexander Gast. Gast ist Frontmann der Berliner Nazi-Band »Spreegeschwader«, welche 2003 eine CD über Georgis »Wotan Records« vertrieb.

Auf nach Berlin

Ebenfalls schliessen musste ein weiterer Laden Georgis in Hamburg namens »Odins Klinge«. Hier gab es neben Messern vor allem Devotionalien für Fans der germanischen Mythologie. Nach dem Konkurs in Hamburg Anfang 2003 eröffnete der Laden in Berlin neu. Hier kam er in dem Gebäude der neu eröffneten Gaststätte »Germanenhof« unter, hinter der der Berliner »Hells Angels«-Aktivist Andre Sommer steht. Beim »Germanenhof« handelt es sich um eine sehr geräumige Gaststätte, die eindeutig auf größere Feiern und ähnliche Anlässe ausgerichtet ist. Auch der Germanenhof wird wie »Odins Klinge« über einen Strohmann betrieben.

Ohnehin scheint Sommer eine wichtige Schlüsselfigur in dieser Mischszene aus Rockern, Hooligans und Neonazis zu sein. So ist er neben dem »Germanenhof« Betreiber des »Berliner Fußball Cafés«, einer Schnittstelle von BFC-Dynamo-Hooligans und Neonazis, das offiziell auf die »B-F-C Berliner Fußball Catering GmbH« angemeldet ist. Die Kneipe wurde 2003 zweimal von der Polizei durchsucht und unter anderem ein Hakenkreuz beschlagnahmt. Nach einer von der Polizei aufgelösten »Hammerskin«-Feier 2004 wich ein Großteil der Besucher in das »Berliner Fußball Café« aus. Sommer selbst verfügt neben seinen »Hells Angels«-Kontakten auch über hervorragende Kontakte in die Hooligan-Szene des BFC Dynamo. Er selbst war schon zu Ostzeiten Anhänger des Vereins und gehört einer Gruppe von Fans an, die sich die »‘79er« nennt. Ausserdem ist er für Security-Aufgaben im Stadion zuständig. 2002 übernahm Sommer zusammen mit »Hells Angels«-Kollegen Rayk Bernt sogar für kurze Zeit den Vorstand des ehemaligen DDR-Oberligisten. Geblieben aus dieser Zeit sind ihm die Rechte an Merchandiseartikeln und eine tiefe Verbundenheit zu diesem Verein.

Doch Sommers Wirkungskreis wird noch ein weiterer Laden zugerechnet, der »Kategorie C« in Berlin-Hohenschönhausen. Dieser Laden für Hooliganbedarf führte früher diverse Rechtsrockartikel, gibt sich heute aber eher unpolitisch. Offiziell wird er von einer »Müller Kozmaz GbR« betrieben. Ahmet Kozmaz betrieb zusammen mit anderen bis 2002 den Berliner Neonaziladen »Helloween«. An einer weiteren GbR war neben Kozmaz auch »Spreegeschwader«-Frontmann Alexander Gast beteiligt, der selber auch im »Helloween« arbeitete. Nach Gasts Ausscheiden aus dem »Helloween« wurde das gesamte »Spreegeschwader«-Marketing über diesen Laden abgewickelt. Auch eine Internetseite von »Spreegeschwader« ist auf Kozmaz angemeldet. Unter der Adresse des »Kategorie C« firmiert auch eine »Berlin Dynamo Sportmarketing GmbH«, Geschäftsführer hier: Sommers »Hells Angels«-Kompagnon Rayk Bernt. Diese GmbH betreibt auch den Tattoo-Laden, der in Sommers »Kategorie C« beheimatet ist.

Fazit

Die hier erörterten Fakten zeigen recht eindeutig, wie sich die beschriebenen Mischszenen konstituieren. Es bedarf nur weniger Schlüsselfiguren wie Georgi und Sommer, die in mehreren Szenen aktiv sind und genügend Einfluss haben. So lässt sich bereits in kurzer Zeit ein beachtliches Netzwerk aus Firmen, Marken und Läden flechten, bei dem kommerzielle Aspekte eindeutig im Vordergrund stehen. Gerade die Verknüpfung von organisierter Kriminalität der Rockerclubs und der Neonaziszene scheint den nötigen Schutz auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch die nötige Kundschaft zu garantieren. Gerade wenn wie mit Sommer auch noch eine Kontaktperson zur Hooligan- und Fussballszene mit im Boot sitzt. Aber auch die Angriffsfläche für die antifaschistische Öffentlichkeit wird minimiert.

Einerseits ist es etwas anderes, sich mit klassischen Neonazis anzulegen, als mit Rockern, die tief in die organisierte Kriminalität verstrickt sind. Andererseits lässt sich für diese »Mischszene« auch viel schwieriger öffentliches Gehör finden, da es sich eben größtenteils nicht um offen auftretende Neonazis, deren Bestrebungen und Handeln sich leichter skandalisieren lassen, handelt. Obwohl heftigst angefeindet, scheint Georgi auch in der Neonazi-Szene noch genug Rückhalt zu haben, um nicht gänzlich boykottiert zu werden. Garant dafür ist, neben seinem Agieren im Hintergrund, sicherlich auch das Einbinden einer Rechtsrockgröße wie Alexander Gast. So sind es in Berlin gerade »Spreegeschwader«, die durch ihre guten Kontakte zu Gruppen wie den »Vandalen« weit über die klassische Rechtsrockszene hinaus Einfluss haben dürften. Bei dieser Konstellation stellt die Naziszene dann auch bei Georgi die Spitzelfrage schon lange nicht mehr.