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Autonome Nationalisten

Wer sich für Neonazis und deren Auftreten in Deutschland interessiert, hat mittlerweile ein Bild von dem, was sich hinter dem Begriff »Autonome Nationalisten« (AN) verbirgt. Kaum ein Aufmarsch kommt zurzeit ohne schwarze Basecaps und poppige Transparente oder andere Stilmittel, die der autonomen Antifabewegung entlehnt sind, aus. 2008 war das Jahr des medialen Durchbruchs dieser Strömung des Neonazismus. LeserInnen des AIB oder anderer Antifazeitschriften waren schon deutlich früher über „der Nazis neue Kleider“ informiert. Seit dem Neonaziaufmarsch am 1. Mai 2008 in Hamburg berichten nun alle Formate - von Spiegel bis zur Bild. In den letzten Monaten haben AutorInnen aus der Antifabewegung mit längeren Publikationen noch mal nachgezogen. Sie gucken weniger sensationslüstern als die Magazine mit den hohen Auflagen, sondern schauen aus der Perspektive der Gegnerschaft auf dieses oft skurill anmutende Phänomen. Die »Antifaschistische Koordination Köln & Umland« (AKKU) legt die Broschüre »Autonome Nationalisten – Neonazis im Wandel« vor. Sie arbeiten aktiv gegen diese junge und fürs ungeübte Auge oft kaum erkennbare Neonaziströmung. AKKU möchte darüber aufklären, dass es sich bei den ANs trotz Camouflage um Neonazis handelt. Sie propagieren den historischen Nationalsozialismus, Antisemitismus sowie Gewalt gegen Linke und MigrantInnen. AN sind laut AKKU keine »Modernisierer« der Neonaziszene. Sie hätten aber Gruppierungen geschaffen, in denen moderne, großstädtische Ausdrucksweisen akzeptiert und Jugendliche erreicht werden, die vor einigen Jahren trotz ihres extrem rechten Gedankengutes keinen Anschluss an Straßenneonazis gefunden hätten. Im Sinne der Aufklärung ist die Broschüre einfach geschrieben und vermittelt ein Basiswissen über die AN. Analytischer geht es im von Jürgen Peters und Christoph Schulze herausgegebenen Sammelband »Autonome Nationalisten - Die Modernisierung neofaschistischer Jugendkultur« zu. Sieben Fachautoren beschäftigen sich mit theoretischen Überlegungen zu Entstehung, Standort, Kultur und Perspektiven dieser neofaschistischen Jugendkultur. Sammelband hört sich erstmal gewaltig an, das Büchlein ist aber nur 60 Seiten lang. Mehr geben die AN aus sozialwissenschaftlicher Perspektive als politische Akteure einfach nicht her. Besonders gelungen ist das Kapitel über die »Autonomen Nationalisten Pulheim«. Hier fasst der Autor thesenhaft zusammen, warum diese Neonaziclique in der westdeutschen Provinz wohl keine lange Lebensdauer mehr hat. Zu hoffen bleibt, dass ihr Schicksal auch all die anderen, kleineren AN-Gruppen erfahren. Das theoretische Rüstzeug für die Beschleunigung dieses Vorgangs durch AntifaschistInnen gibt es für wenig Geld mit diesen beiden Veröffentlichungen.

»Autonome Nationalisten« – Neonazis im Wandel«.
AKKU, Köln 2009.
Bezug: broschuere(a)koeln.antifa.net

»Autonome Nationalisten« Die Modernisierung neofaschistischer Jugendkultur«
Jürgen Peters, Christoph Schulze (Hg.)
Unrast Verlag, Münster 2009