BGH: »Thor Steinar«-Läden müssen schließen
Die Richter des zwölften Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH) entschieden bereits im August 2010. Am 6. Oktober 2010 wurde unter dem Aktenzeichen XII ZR 192/08 das entsprechende Urteil veröffentlicht. Im Ergebnis entschied der zwölfte Zivilsenat, die Revision gegen das Urteil des neunten Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2008 auf Kosten des Geschäftsführers der beiden Läden in Magdeburg sowie Berlin und gleichzeitigem Geschäftsführer des »Thor Steinar«-Herstellers, zurückzuweisen.
Dieser hatte versucht, durch eine Revision die gegen ihn erfolgte Räumungsklage abzuwenden. Der Beklagte sei nun zur Räumung und Herausgabe der Räumlichkeiten verpflichtet, denn der Mietvertrag im Magdeburger Hundertwasserhaus sei »wirksam wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten« worden, so der BGH in seiner Begründung. Das Urteil schafft nun auch in ähnlich gelagerten Fällen, wie z.B. in Berlin oder Schwerin, Klarheit.
In dem Urteil heißt es, »der Beklagte sei unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags verpflichtet gewesen, der Klägerin im Zuge der Vertragsverhandlungen auch ohne ausdrückliche Nachfrage mitzuteilen, dass er weit überwiegend Ware der Marke ›Thor Steinar‹ verkaufen wolle«. Da das Hundertwasserhaus »aufgrund seiner besonderen Gestaltung eine Attraktion für Touristen und Kunden« darstelle, könne der Verkauf der Marke »Thor Steinar« zur Folge haben, dass ein Mietobjekt »in den Ruf gerät, Anziehungsort für rechtsradikale Käuferschichten zu sein«. Diese mögliche rufschädigende Wirkung sei geeignet, Kunden und Touristen fern zu halten. Daneben könnten sich andere Mieter und Gewerbetreibende im selben Gebäude zu einer Mietminderung oder Beendigung des Mietverhältnisses veranlasst sehen und auch potentielle neue Mieter könnten so vom Abschluss eines Mietvertrags abgehalten werden, führte der BGH in seiner Urteilsbegründung aus.
»Der Verkauf von Waren der Marke ›Thor Steinar‹ kann deshalb der Vermieterin erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen«, so der zwölfte Zivilsenat. Auch sei die irrtümliche Vermietung von Geschäftsräumen »zum Verkauf von Waren, die in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, geeignet, den Vermieter in der öffentlichen Meinung in die Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut zu stellen und könne sich auch deshalb geschäftsschädigend für ihn auszuwirken.«
Im Hinblick auf diese möglichen gravierenden Auswirkungen sei der »beabsichtigte Verkauf der Marke »Thor Steinar« für die Vermieterin von erheblicher Bedeutung gewesen«. Der Beklagte »war deshalb nach Treu und Glauben und den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverhaltens« verpflichtet, die Vermieterin über den beabsichtigten Verkauf zu informieren. Aus diesem Grund verliert »Thor Steinar« noch zwei weitere Verkaufsstellen. Der von der Protex GmbH betriebene »Tönsberg« in Berlin-Mitte musste zum 8. Dezember 2010 schließen oder es auf eine Räumungsklage ankommen lassen. Der gleichnamige Laden in Nürnberg, hier betrieben durch die Bestmarke Textil GmbH, hat einem Vergleich mit dem Vermieter zugestimmt und soll zum 6. Januar 2011 ausziehen.
Anders gestaltet sich die Situation um den »Thor-Steinar-Outlet-Store« »Tromsö« in Berlin-Friedrichshain. Hier wurde im Mietvertrag explizit der Verkauf der bei Neonazis beliebten Bekleidungsmarke festgehalten. Eine angestrebte Räumungsklage wurde am 2. Dezember vor dem Landgericht Berlin verhandelt. Ob das Urteil hierauf Einfluss hatte, war zum Redaktionsschluß noch nicht bekannt.