WSG-Führer Hoffmann freigelassen
Sechs Jahre (von 1974 - bis zum Verbot 1980) konnte die neonazistische Hoffmann-Truppe "Wehrsportgruppe Hoffmann"- unbehelligt von der bayrischen Justiz und Landesregierung - ihre Wehrsport-Manöver abhalten. Am Schluß zählte die Truppe an die 500 Mitglieder. Die meisten sind auch heute noch aktiv. Vertreter der Landesregierung und die WSG-Hoffmann trafen in Bayern politisch oft denselben Ton: "Was wir in diesem Lande brauchen. Ist der mutige Bürger, der die Ratten dorthin jagt, wo jetzt sie hingehören - in ihre Löcher (…) Am Ende unserer Generation darf es keine Kommunisten mehr geben." (Franz Josef Strauß)1 und „Legt sie um, die roten Säue, macht sie nieder Mann für Mann, kriechen aus den Löchern neue, keine Angst, auch sie sind dran" (WSG-Hoffmann).2
Die WSG Hoffmann entstand 1973/1974 in Nürnberg und hatte Anfangs ihren Sitz in Schloß Almoshof. Ab 1978 bezog die Truppe ihr Hauptquartier im Schloß Ermreuth. Ein "Stammsitz" der Gruppe befand sich in Heroldsberg. Ableger hatte die WSG Hoffmann laut Recherchen von Fachjournalisten in Baden-Württemberg, wo der Wiking-Jugend-Gauführer Helmut Dieterle als eine Art Stützpunktchef auftrat. Hoffmann scheint auch sonst gut vernetzt zu sein. Immerhin zahlte ihm der DVU-Chef Gerhard Frey als "Akt nationaler Solidarität" eine Geldstrafe von 8.000 DM wegen illegaler Uniformierung. 1
Ende Juli 1989 wurde der Chef und Gründer der „Wehrsportgruppe (WSG-) Hoffmann“ vorzeitig aus der Haft entlassen. 1986 war Hoffmann wegen Geldfälschung, Waffenbesitz, Freiheitsberaubung und Mißhandlungen (an seinen eigenen Leuten) zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, die Reststrafe wurde auf Bewährung ausgesetzt. Von dem Vorwurf des Doppelmordes an dem jüdischen Verleger Shlomo Lewin und seiner Lebensgefährtin Frida Poeschke am 19. Dezember 1980 wurde er damals - „trotz erheblicher Bedenken“ - freigesprochen. Hoffmann lastete den Mord seinem Gesinnungsgenossen Uwe Behrendt an.2 Behrendt, der als Mitglied der „WSG-Ausland“ - die nach dem Verbot (1980) der „WSG- Hoffmann“ von Hoffmann ins Leben gerufen worden war - im Libanon tot aufgefunden wurde, konnte in dem Prozeß nicht mehr aussagen.
Für das Münchener Oktoberfestattentat im September 1980, bei dem dreizehn Menschen ermordet worden sind, wurde Hoffmann nie belangt. Es blieb - trotz jeder Menge offener Fragen - bei der vom Bundeskriminalamt (BKA) ausgegebenen „Einzeltätertheorie“, nach der der 21jährige Gundolf Köhler die Bombe allein gelegt und sich dabei selbst in die Luft gesprengt hat. Köhlers engen Kontakten zur „WSG-Hoffmann“ und z.B. dem Umstand, daß kurz nach dem Terroranschlag auf der Münchner Autobahn ein Lastwagenkonvoi der Hoffmanntruppe von der Polizei gestellt wurde, ist nie weiter nachgegangen worden.
Obwohl drei Richter des Landgerichts Bayreuth noch im April 1989 eine vorzeitige Entlassung ablehnten, entschied das Bamberger Oberlandesgericht eine Beschwerde Hoffmans positiv. Das Gericht in Bamberg meinte Hoffmann hätte „glaubhaft zu erkennen gegeben“ seine Gesinnung geändert zu haben. Hoffmann selbst sagte nach seiner Freilassung dazu: „Es ist völlig falsch, wie berichtet wurde, ich hätte meine Gesinnung geändert“ und „Eine Gesinnungsprüfung fand vor dem Oberlandesgericht Gott sei Dank nicht statt.“
Drei Jahre vor Ablauf der eigentlichen Haftzeit sitzt Hoffmann wieder auf seinem Schloß in Ermreuth, dem ehemaligen Hauptquartier der 'WSG', das während des Nationalsozialismus der NSDAP als Gauführerschule gedient hatte. Hier wartet er auf den Ablauf der Bewährungszeit um sich dann wieder "politisch" zu betätigen. In Haft schrieb er ein (Memoiren-) Buch mit dem Titel „Verrat und Treue. Ein an Tatsachen orientierter Roman“, der 1985 von der hauseigenen Themis Verlag GmbH verlegt wurde. Dort wird zum Beispiel versucht das Oktoberfestattentat dem Staat Israel unterzujubeln. Prompt veröffentlichte ein „B. Natorp“ in der Juli-Ausgabe des (Neo)Nazimagazins 'Nation Europa' eine Buchbesprechung.
- 1DNZ Nr. 35/77, Seite 10.
- 2Levin hatte mehrfach kritische Berichte über die "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG) verfasst. Nach Aussagen von Karl-Heinz Hoffmann gestand Behrendt ihm die Tat. Zur Tatzeit wohnte Behrendt auf Schloss Ermreuth, der Privatresidenz Hoffmanns. Nach dem Mord flüchtete er von dort in den Libanon, wo die WSG über Kontakte zur Fatah eine Auslandsorganisation führte.