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Mein Bericht an die Welt

Jan Karski

In seinem Buch  »Mein Bericht an die Welt« schildert Jan Karski auf beeindruckende Weise seine Arbeit und die Strukturen im polnischen Untergrund während der Zeit des Nationalsozialismus. Karski, der eigentlich Jan Kozielewski hieß, wird 1914 in Lódz geboren. Nach einem Studium der Rechtswissenschaft und Diplomatie wechselt er als Diplomatieanwärter zum polnischen Außenministerium und in London und Warschau ausgebildet. Als Offizier wird er 1939 mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in das polnische Militär eingezogen, gerät aber kurze Zeit später in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Während eines Gefangenenaustauschs zwischen den Deutschen und den Sowjets gelingt ihm und einigen weiteren Gefangenen die Flucht. Karski schlägt sich nach Warschau durch und kommt über einen alten Freund in den polnischen Untergrund, wo er aufgrund seiner guten Sprachkenntnisse als Kurier zwischen der Exilregierung in London und der Führung der Heimatarmee in Polen fungiert. Während einer Reise nach Paris wird Jan Karski von der Gestapo festgenommen und so lange gefoltert, bis er beschließt, sich das Leben zu nehmen. Der Versuch misslingt und Karski wird während eines Aufenthalts im Krankenhaus von Mitgliedern des polnischen Untergrunds befreit. Um sich von den Qualen der Gestapofolter zu erholen, verbringt er mehrere Monate auf dem Land und widmet sich der Propaganda-Arbeit.

Zwischen 1942 und 1943 erhält er den Auftrag nach London zu reisen und nicht nur der polnischen Exil-Regierung, sondern vor allem auch den westlichen Alliierten mitzuteilen, was in Polen vor sich geht.  Um einen authentischen Bericht zu überliefern, entscheidet er zum einen, sich die schreckliche Realität im Warschauer Ghetto vor Augen zu führen und zum anderen für einen riskanten Ausflug in ein deutsches Vernichtungslager. Offen bleibt, ob er im Vernichtungslager Belzec oder im Sammellager Izbica war. Die Art und Weise, wie hier auf einen Schlag 5.000 Menschen vor seinen Augen qualvoll getötet werden, ist so eindrucksvoll geschildert, und so unglaublich, dass sie 1944 absolut surreal und unrealistisch gewirkt haben muss. Im Juli 1943 trifft sich Karski persönlich mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt und berichtet ihm als Augenzeuge über die Situation in Polen und über den Holocaust. Er spricht auch mit anderen us-amerikanischen Politikern, Führern jüdischer Organisationen und katholischen Erzbischöfen, jedoch ohne Erfolg. Erstmals erschienen Karskis Aufzeichnungen 1944 unter dem Titel »Story of a secret state« mit einer Auflage von 400.000 Exemplaren in den USA, welche aber rasch vergriffen war. In den folgenden Jahren erschienen immer wieder Übersetzungen in verschiedenen europäischen Sprachen. Die Frage bleibt, warum dieses bedeutende Dokument erst 67 Jahre später in einer deutschen Fassung erschienen ist. Für seine mutigen Handlungen und die Versuche, Polen und Juden zu retten, wurde Karski zum Ehrenbürger Israels ernannt. Im Jahr 2000 starb er im Alter von 86 Jahren in den USA.

Jan Karski
Mein Bericht an die Welt: Geschichte eines Staates im Untergrund
ISBN-10: 3888977053
ISBN-13: 978-3888977053
Kunstmann, 2. Auflage Februar 2011