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Mauern 2.0 – Migrantische und antirassistische Perspektiven auf den Mauerfall

Jana König Elisabeth Steffen Inga Turczyn

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Film »Mauern 2.0« bietet keinen umfassenden Eindruck von migrantischen und anti-rassistischen Perspektiven auf den Mauerfall. Dieser stellt sich erst mit den online verfügbaren Fragmenten aus »Duvarlar/Mauern/ Walls« des Regisseurs Can Candan ein, auf dessen 1990 und 1991 geführten Interviews das Projekt aufbaut. So werden in »Mauern 2.0« Protagonist_innen aus »Duvar­lar« erneut zu Rassismus, Ausbeutung und ihren Analysen zur rassistischen Gewalt, die auf den Mauerfall folgte, befragt. »Diese Mauer fällt auf die Köpfe der MigrantInnen«. Hinter dieser Erkenntnis Anfang der 1990er, wie sie ein Protagonist zusammenfasst, steht die Tatsache, dass die »Wiedervereinigung« für viele Menschen vor allem eine Vereinigung gegen ihre Leben und Existenzen in Deutschland bedeutete.

Beide Filme verdeutlichen, wie sehr gute Erklärungen auf den Einbezug unterschiedlicher Blickwinkel und Analysen angewiesen sind, will man sich der Wahrheit annähern. »Mauern 2.0« beginnt mit einer Collage von gleichzeitig sprechenden Stimmen, die die darauffolgende Vielschichtigkeit der Themen und Heterogenität der Perspektiven bereits vorweg nehmen. Für diese Vielfalt lassen die Filmemacher_innen Raum und so betont eine Person den Widerstand von Migrant_innen in den 1990er Jahren, ein anderer kontrastiert diesen mit der offensiveren Haltung vor dem Mauerfall und eine dritte sieht den damals geführten Kampf mit der faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl als verloren an. Mittels der Kommentierung des älteren Films werden rassistische Kontinuitäten, aber auch alte und neue Phänomene deutlich: Von einer ostdeutschen Migrationserfahrung, der Lebenslüge Rückkehr, der Konjunktur des antimuslimischen Rassismus bis hin zum Gefühl von »verlorener Zeit«, weil die ganz realen, aber unsichtbaren Mauern des Rassismus nur langsam bröckeln. Differenziert, aber parteiisch wird im Film auch danach gefragt, wie rassistische Diskriminierung die von ihr Betroffenen spaltet – ohne die neuralgischen Punkte des Rassismus, seine Schwachstellen, Inkonsistenzen und Ansatzpunkte für Solidarität aus dem Blick zu verlieren.

Jana König, Elisabeth Steffen, Inga Turczyn
Mauern 2.0 – Migrantische und anti-rassistische Perspektiven auf den Mauerfall
Der Film ist unter http://mauern.wordpress.com online verfügbar