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Tausende Besucher bei Rechtsrock-Konzert in der Schweiz

Einleitung

Am 15. Oktober 2016 fand im Schweizer Dorf Unterwasser ein Neonazi-Konzert statt, zu dem zwischen 5.000 und 6.000 Teilnehmende aus mehreren europäischen Ländern anreisten. Mit einem Flyer wurde in sozialen Netzwerken Monate zuvor mit der Ortsangabe „Süddeutschland"  für das Konzert geworben, auf denen das Logo vom Onlineversand „Das Zeughaus" (Niedersachsen) gedruckt war. „Headliner“ war die niedersächsische Band „Stahlgewitter“, mit ihrem ersten Live-Auftritt seit neun Jahren.

Bild: Screenshot facebook

Der Versand „Das Zeughaus" von Jens Hessler aus Lingen vertreibt maßgeblich Artikel von „Stahlgewitter". Weiterhin traten bei der Veranstaltung auch die Schweizer Band „Amok", „Makss Damage“ alias Julian Fritsch aus Gütersloh sowie die drei Brandenburger Bands „Exzess“, „Confident of Victory“ und „Frontalkraft“ auf. Die Organisatoren kommen aus dem Umfeld des „Blood & Honour"-Netzwerkes, bezeichnen sich selbst als „Reichsmusikkammer“ und sind nach eigenen Angaben ein „Komitee“ von Bands aus ganz Europa, deren Auftritte in europäischen Ländern untersagt oder erschwert würden. Nach Informationen des Portals „Thüringen Rechtsaußen“ erhielten Interessierte per Email eine IBAN-Kontonummer der Berliner Postbank, die auf den Neonazi David Heinlein in Saalfeld (Thüringen) angemeldet ist. Dort sollten sie 30 Euro pro Karte einzahlen. Heinlein gilt als Strohmann, der seine Kontoverbindung bereits für ein Konzert mit 450 Neonazis unter dem Namen „Rock gegen Überfremdung“ im August 2016 in Thüringen hergab, welches von Steffen Richter mitorganisiert wurde. Richter, ebenfalls aus Saalfeld, gilt als einer der umtriebigsten Rechtsrock-Veranstalter in Thüringen und steht wegen illegaler Waffengeschäfte immer wieder im Visier der Behörden. Richter soll die Emailadresse der „Reichsmusikkammer“ betreut haben, die sich  für das Konzert verantwortlich zeichnet. Er ist nicht nur ein enger Vertrauter vom mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben sondern auch eng mit den Angeklagten im „Ballstädt-Prozess“ befreundet. Gegen die 15 Neonazis wird seit Dezember 2015 wegen einem Überfall auf eine geschlossene Kirmesgesellschaft im thüringischen Ballstädt am Landgericht Erfurt verhandelt. Mehrere der Angeklagten spielen in mindestens vier Rechtsrock-Bands mit. Weil ein Hauskredit für ihre Immobilie „Gelbes Haus“ in Ballstädt, ein Tonstudio sowie die Anwalts- und Verfahrenskosten viel Geld erfordern, sammelt die Szene seit dem Überfall im Februar 2014 eifrig, darunter auch Richter.

Eine weitere Stütze der Solidaritätsstruktur ist der Neonazi Matthias Melchner, der von Thüringen ins Schweizer Oberland zog und in die Produktion von „Soli-Shirts“ für die Angeklagten im Ballstädt-Prozess involviert war. Melchner ist Partner des Hauptangeklagten im Ballstädt-Prozess Thomas Wagner (Band „S.K.D.“) und betreibt mit ihm zusammen das Label „Frontschwein Records“. Laut Schweizer Wochenzeitung WOZ reiste Wagner schon einen Tag vor dem großen Konzert in die Schweiz ein. Melchner hatte im Vorfeld die Tennishalle in Unterwasser für ein Konzert mit „Nachwuchsbands“ unter dem Namen „Rocktoberfest“ für 600 Personen angemietet. Weitere Neonazis aus dem Umfeld der Thüringer Angeklagten sind in die Schweiz gereist, hatten für das Konzert geworben oder waren in die Organisation eingebunden.

Auf der Schweizer Seite geriet auch der Mitbegründer und Sänger der Band „Amok“ Kevin Gutmann in den Fokus, welcher der Züricher Sektion von „Blood & Honour“ zugerechnet wird und schon drei Jahre zuvor vor mehreren Hundert Neonazis mit seiner Band in der Nähe des Veranstaltungsortes auftrat. Nach Einschätzung von „Thüringen Rechtsaußen“, der Antifa Bern und der Autonomen Antifa Freiburg dürften große Teile der Einnahmen nach Ballstädt fließen. Allein rund 150.000 Euro sind durch die Eintrittsgelder zusammengekommen, eine weiterer Großbetrag dürfte mit dem Verkauf von CDs, Kleidung, Essen und dem Ausschank von Getränken umgesetzt worden sein.

Gegenüber der Zeitung blick.ch gab der Polizeikommandant der Kantonspolizei St. Gallen an, dass man bereits im Juni von einem geplanten „Monsterkonzert“ wusste, den genauen Veranstaltungsort aber erst am Nachmittag erfuhr, als schon über 1.000 Neonazis vor Ort waren. Eine Intervention zu dem Zeitpunkt hätte riskiert, „dass es zu Toten kommt“. Aus Sorge um Leib und Leben habe man daher verzichtet, PolizistInnen in die Halle zu schicken um Fotos oder Videos zu machen. Ein von der Bühne aus gefilmtes und durch Neonazis veröffentlichtes Video zeigt, wie Tausende den Arm zum Hitlergruß strecken und dabei mehrfach „Heil“ riefen.