Wenn Rechte reden. Die Bibliothek des Konservatismus als (extrem) rechter ThinkTank
Lilian HümmlerLilian Hümmler legt mit diesem Buch eine präzise und lesenswerte Analyse rechter Sprache und ihrer Funktion im Kampf um gesellschaftliche Diskursräume vor. Um eine sich als intellektuell verstehende Rechte und ihre Rhetorik zu dekonstruieren, hat Hümmler 24 Veranstaltungsmittschnitte aus der "Bibliothek des Konservatismus" in Berlin-Charlottenburg ausgewertet. Die "Bibliothek des Konservatismus" (BdK) kann als „Knotenpunkt institutioneller und personeller Überschneidungen (extrem) rechter Akteur:innen“ (S.29) gesehen werden, die in ihrer Bedeutung als extrem rechter Thinktank dem bundesweit bekannteren „Institut für Staatspolitik“ (IfS) in Schnellroda in nichts nachsteht.
Vom Pegida-Versteher Werner Patzelt über die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung Erika Steinbach, der Antifeministin Sophia Kuby bis hin zum rechten Chefideologen Karlheinz Weißmann – Sie alle finden in der BdK unter dem Deckmantel des Konservatismus einen Ort zur Mitwirkung am rechten Gesellschaftsprojekt.
Unter den Oberbegriffen „Fortführen“, „Herstellen“ und „Verändern“ blickt Hümmler dabei kritisch auf deren diskursive Interventionen. Darunter sind Strategien und Praktiken zu verstehen, mit denen es darum geht, Sagbarkeitsgrenzen weiter nach rechts zu verschieben. Hierbei differenziert Hümmler zwischen insgesamt neun Strategien, die eher das Ziel haben, vermeintliche Traditionen fortzuführen, diese herzustellen oder Diskurse zu verändern.
An Beispielen aus den Vorträgen gemischt mit den Reaktionen des Publikums zeigt sie auf, wie eine rechte Täter-Opfer-Umkehr stattfindet oder auch Verschwörungsdenken weiter geschürt wird. Als roter Faden zieht sich ein machtkritischer und feministischer Blick durch ihre Analysen. So wird die Dämonisierung und Infantilisierung von Angela Merkel auch klar als antifeministischer Angriff benannt oder der männliche Abwehrkampf gegen einen vermeintlich queeren und feministischen Mainstream nachgezeichnet, und auch die Geschlechterpolitiken der sich als intellektuell verstehenden Rechten werden als Themenfeld ausgeführt.
Hümmler hinterfragt dabei auch eine vermeintlich wissenschaftliche Objektivität und zeigt klar auf, dass aktivistisches und antifaschistisches Wissen Grundlage für ihre vorliegende Betrachtung ist. Ihr Zugang zur Wissenschaft ist dabei solidarisch und geprägt durch das Einbeziehen der eigenen Positionierung. Ein Vorwort der Autorin und apabiz-Mitarbeiterin Eike Sanders sowie eine Übersichtstabelle im Anhang mit allen Referent_innen und stattgefundenen Veranstaltungen in der BdK rundet das Buch an.
Eine unbedingte Empfehlung nicht nur für jene, die sich mit rechter Rhetorik und der vermeintlich neu-rechten Theoriebildung beschäftigen.
Lilian Hümmler:
Wenn Rechte reden. Die Bibliothek des Konservatismus als (extrem) rechter ThinkTank
ISBN 978-3-944442-71-6
144 Seiten, 16 Euro
Marta press, Hamburg 2021