Die europäischen Rechtsparteien und der Krieg in der Ukraine
Ulrich SchneiderFür Antifaschisten ist es keine neue Erkenntnis, dass verschiedene europäische Rechtsparteien in der Vergangenheit intensive Kontakte auch nach Russland gepflegt haben. Sie standen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine damit vor einer Positionsfindung, wenn sie im öffentlichen Raum weiterhin Gehör finden wollten. Anders als die AfD, in der die Debatte um den Krieg zu innerparteilichen Auseinandersetzungen führte, schafften die großen europäischen Rechtsparteien ihre Neuausrichtung der öffentlichen Position ohne erkennbare Konflikte. Dies hat vor allem damit zu tun, dass sich diese Parteien und Gruppen – ganz „staatsmännisch“ – in die von den Regierungen in Abstimmung mit NATO und EU vorgeschlagenen und von den Medien mitgetragenen Entscheidungen einbinden ließen.
Italien
So sahen die beiden im Parlament vertretenen italienischen Rechtsparteien Lega und Fratelli d’Italia keine Probleme darin, der Forderung nach Waffenlieferungen für die Ukraine zuzustimmen. Als am 1. März das Repräsentantenhaus und der Senat für die Lieferung von Waffen an die Ukraine stimmte, fiel das Votum mit überwältigender Mehrheit aus. In der Auflistung der Abgeordneten, die gegen diese Entscheidung gestimmt haben, findet sich kein Vertreter der Rechtsparteien. Eine Woche später stimmten alle Abgeordneten von Lega, Forza Italia und Fratelli d‘Italia für das Dekret über die Ukraine. Medien und Kritiker des Lega Vorsitzenden Salvini versuchten ihn an seine Nähe zu Putin zu erinnern. So hielt im März 2022 bei einem Pressetermin in Polen der Bürgermeister von Przemysl ein T-Shirt mit jenem Putin-Portrait, welches Salvini 2015 im Europäischen Parlament öffentlich trug, in die Kamera, um an dessen Verbindung zu Russland zu erinnern. Innerhalb der Lega führte das jedoch nicht zu Konflikten. Salvinis Machtposition innerhalb der Parteistrukturen scheint ungefährdet. Er konnte es sich sogar – ohne als „Putin Freund“ kritisiert zu werden – leisten, sich öffentlich gegen die Wirtschaftssanktionen und insbesondere den Verzicht auf russische Erdgaslieferungen auszusprechen, da ein solcher Schritt insbesondere die italienische Wirtschaft treffen würden.
Für die Fratelli d’Italia war die Neuausrichtung ihrer geopolitischen Orientierung weniger schwierig, hatte man doch schon in den Jahren zuvor Kontakte zu ukrainischen Nationalisten. Fratelli d‘Italia und der Gioventù Nazionale riefen unter dem Slogan „Per il populo Ucraino“ zu „Solidaritätsaktionen“ auf: „In Anbetracht der Bedeutung und des Willens aller, zu einer humanitären Notlage beizutragen, die unvorstellbare Ausmaße annimmt, haben wir … beschlossen, mit einer nationalen Koordinierung zu intervenieren.“ Man richtete regionale Abgabestellen ein und organisierte den Transport der Güter in die Westukraine, wo sie mit Hilfe ukrainischer Nationalisten verteilt werden sollten.
Fratelli d’Italia versuchte selber die Debatte um den Ukraine Krieg für innenpolitische Zwecke zu instrumentalisieren, indem Präsidentin Giorgia Melonie glaubte die Untätigkeit der italienischen Regierung gegenüber der Ukraine anprangern zu können. Gelobt wurde stattdessen die Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola (von der maltesische Partit Nazzjonalista), dass sie nach Kiew gereist sei. In einer Presseerklärung schrieb Meloni am 2. April 2022: „Eine sehr mutige Geste, die sich an die Geste dreier europäischer Ministerpräsidenten der rechten Mitte anschließt. Diese Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit der Vertreter der Institutionen ist der beste Weg, um den Frieden in der Ukraine zu erreichen“.
Anfang Mai 2022 lobte die FAZ diese Haltung: „Melonis Modell des italienischen Nationalismus kommt ohne Antiamerikanismus und ohne Anbiederung an Russland oder China aus. Viele italienische Wähler könnten dieses Angebot attraktiv finden, gerade weil es keine scharfen Trennlinien zum rechten Rand wie zur politischen Mitte zieht.“ (FAZ 02.05.2022)
Auch Casa Pound Italia nutzte am 5. März 2022 die öffentliche Debatte um den Ukraine-Krieg zu einer Demonstration in Rom, wo sie ihre völkisch-nationalistischen Thesen präsentierten. In der ihnen eigenen Rhetorik erklärten sie: „Seit Jahren sind die Völker Europas Opfer des ausländischen Imperialismus. Ob in Form einer aufgezwungenen Kultur, eines pseudo-sozialen Autoritarismus, eines turbokapitalistischen Wuchers oder bewaffnet auf Panzerketten - wir können nicht länger hinnehmen, dass die Völker Europas für die Hegemonialpolitik der so genannten globalen Supermächte bezahlen. Heute lehnen wir das vorgefertigte Schema des Krieges der Zivilisationen und des ideologischen Kampfes ab. Heute erheben wir uns gegen die Ausbeutung und Aufteilung des europäischen Kontinents, sei es finanziell, politisch, kulturell oder militärisch“. Man kämpfe um die Souveränität der Ukraine und ein „tausendjähriges Europa“ selbstständiger Völker, das angeblich von vielen Seiten bedroht sei. In diesem Kampf werde die „Idee eines freien Europas geboren“. „Frei vom kulturellen und politischen Joch, frei, seine heiligen Grenzen zu verteidigen, sowohl im Osten gegen den russischen und asiatischen Imperialismus als auch im Süden gegen die Aggression der Migranten und im Westen gegen einen politischen und kulturellen Kolonialismus, der aus Ideen besteht, die unserer tausendjährigen Geschichte fremd sind.“
Erkennbar wird der Ukraine-Krieg in das eigene Ideologem eingefügt.
Frankreich
Eine größere Anpassungsleistung musste dagegen die Vorsitzende des französischen Rassemblement National Marine Le Pen aufbringen. Ihre größte Sorge war, dass das russische Vorgehen ihren politischen Chancen im Präsidentschaftswahlkampf schaden könne. Ihre Wahlstrategie, die sie ja schon 2021 beim „Warsawa Summit“ gezeigt hatte, war es, sich als Gegenpart zu Emanuel Macron als „Staatsfrau“ im engen Kontakt mit den Regierenden Europas zu zeigen, mit Ungarns Viktor Orban, mit Polens Mateusz Morawiecki und selbstverständlich Wladimir Putin.
Nun war sie mit Beginn des Krieges gezwungen, Russlands Vorgehen als ungerechtfertigt zu kritisieren und zu fordern, es müsse „ohne jede Zweideutigkeit“ verurteilt werden. Gleichzeitig zog sie – wie selbst die internationale Presse genüsslich ausschlachtete – eine Werbebroschüre, in der sie mit Wladimir Putin abgebildet war, wegen angeblicher Druckfehler zurück. Trotz solcher taktischer Wahlkampfwinkelzüge ordnete sie sich nicht uneingeschränkt in die Ukraine-Unterstützung ein.
Als Wolodymyr Selenskyj am 23. März eine Videobotschaft an das französische Parlament richten wollte, erklärte sie wegen „anderweitiger Verpflichtungen“ nicht persönlich anwesend sein zu können. Da die französischen Medien und das Wahlkampfteam von Macron diese Reaktion massiv gegen sie in Stellung brachten, lenkte sie ein und erklärte, dass sie selbstverständlich teilnehmen werde. Gleichzeitig unterstrich sie ihre distanzierte Haltung gegenüber der französischen Ukraine-Politik, indem auch sie – ähnlich wie Salvini in Italien – vor den Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland auf die französische Wirtschaft warnte. Drastisch formulierte sie, Frankreich begehe wegen steigender Gas- und Rohstoffpreise einen „politischen Selbstmord“. Damit drückte sie durchaus die Sorge einer überwiegenden Mehrheit der französischen Wähler*innen aus, die nicht „gegen Putin frieren“ wollten. Diese Haltung wurde von den Wähler*innen bei der französischen Präsidentschaftswahlen honoriert. Das starke Abschneiden der französischen Rechtsparteien beim ersten Wahlgang hatte vor allem innenpolitische Gründe, die Haltung zum Russland-Ukraine-Krieg hat sich nicht als Problem erwiesen. So blieb beispielsweise der offene Neo-Faschist Eric Zemmour, der sich im Sinne der französischen Regierungspolitik schärfer gegen Russland positionierte, deutlich hinter Le Pens Stimmenanteil zurück.
Polen
Keine Probleme, sich im Krieg Russland-Ukraine zu positionieren, haben Polen und die regierende extrem rechte PiS-Partei. Da Russland schon seit vielen Jahren das außenpolitische Feindbild darstellt, gab es innerhalb der extremen Rechten keinerlei Konflikte, sich auf eine zunehmende Militarisierung zu verständigen. Das neue Gesetz über die Landesverteidigung passierte den Sejm ohne Gegenstimmen. Auch der Senat stimmte zu, in dem doch die Opposition die Mehrheit hat. Keine 24 Stunden später unterzeichnete Präsident Andrzej Duda das Gesetz, das deutlich mehr Geld für Verteidigung vorsieht: drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts – die NATO verlangt nur zwei.
Selbst die Frage der Kriegsflüchtlinge wird vollkommen anders beantwortet als in der Flüchtlingsbewegung 2015, wo sich die polnische Regierung vehement dagegen gewehrt hat, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen und dafür von den europäischen Rechtsparteien volle Rückendeckung erhielt. Bis heute sind die Grenzen zu Belarus für nicht-ukrainische Flüchtlinge weiterhin gesperrt, nur Ukrainer, die auch in den vergangenen Jahren schon als Billiglöhner in Polen gearbeitet haben, werden als Kriegsflüchtlinge ins Land gelassen. Die Geflüchteten erhalten unbürokratisch Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Schule und Studium, Kindergeld und Sozialhilfe. Dafür erwartet die polnische Regierung jedoch Zugeständnisse der Europäischen Union. Man hofft sogar auf eine „Kriegsdividende“.
Die Positionierung in der Kriegsfrage verändert nichts an der innenpolitischen Ausrichtung der PiS-Partei, nichts an der antidemokratischen Umgestaltung der Gesellschaft. Man erwartet jedoch, dass dies während des Krieges „unter dem Radar“ der politischen Wahrnehmung bleibt. Sollte die EU weiterhin ihre Forderungen nach Rechtstaatlichkeit erheben, sei das eine „Kriegserklärung“ gegenüber Polen, hieß es in der PiS.
Spanien
Auch die extrem rechte Partei Vox in Spanien, die das letzte gemeinsame Treffen der europäischen Rechten ausgerichtet hatte, hat keine Probleme mit einer Positionierung. Der Vorsitzende Santiago Abascal verurteilte auf Twitter Russlands „brutalen Angriff auf die Souveränität“ der Ukraine und forderte eine Rückkehr zu den diplomatischen Kanälen. In Abgrenzung zum öffentlichen Tenor erklärte er zudem: „In diesem Zusammenhang müssen wir unbedingt auf das Versagen und die Verantwortungslosigkeit der Europäischen Kommission hinweisen.“ Damit wurde von Vox ihr eigentliches Thema, mit dem sie in Spanien punktet, mit dem Krieg verbunden.
Die Bereitschaft des spanischen Regierungschefs Sanchez, als Reaktion auf den Krieg den Verteidigungsetat zu erhöhen, könnte der Vox eine zusätzliche Plattform bieten, da die linken Koalitionspartner für einen solchen Schritt nicht zu haben sind. Möglicherweise benötigt Sanchez Vox, um die NATO-Planung umsetzen zu können. Damit würde die extreme Rechte eine politische Aufwertung erfahren, die ihr bislang nur durch die rechte PP („Volkspartei“) zuteilwurde. Denn im März 2022 erhielt Vox nach den Regionalwahlen erstmals Regierungsverantwortung auf Landesebene.
Die PP einigte sich mit ihr auf die Bildung einer Regierungskoalition für Kastilien und León, da die PP bei den Wahlen zwar stärkste Kraft wurde, aber auf Koalitionspartner angewiesen war. Die Koalition kam zustande, obwohl Vox mit Forderungen nach Abschiebungen von illegal eingereisten Migranten, nach einer Aussetzung von Gesetzen zu geschlechtsspezifischer Gewalt oder nach dem Verbot von Schulprogrammen zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ihre extrem rechte Positionierung öffentlich deutlich gemacht hatte.
Ungarn
Anders als die polnische PiS-Partei und mit ihr die polnische Regierung hat sich Ungarns Staatschef Viktor Orban und mit ihm die FIDESZ-Partei nicht aktivistisch auf die ukrainische Seite geschlagen. Das hat jedoch weniger mit seinen Sympathien für Russland und Putin, zu dem er ein erkennbar gutes Verhältnis hat, zu tun, sondern eher mit der ungarischen Perspektive auf die Ukraine und die eigene nationalistische Bedarfslage.
Die Regelungen, die FIDESZ im Rahmen der mehrfachen Änderungen im ungarischen Staatsbürger- und Wahlgesetz umgesetzt hat, mit der beispielsweise Auslandsungarn, die sich „Ungarn verbunden fühlen“, Wahlrecht zum ungarischen Parlament haben, bezieht sich natürlich auch auf die ungarische Minderheit in der Ukraine. Schon mehrfach hat sich die Orban-Regierung gegenüber der ukrainischen Regierung über die Verletzung der Minderheitenrechte, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Amtssprache beschwert. In den politischen Träumen der ungarischen extremen Rechten über die Rückkehr eines „Großungarns“ müssten natürlich auch ukrainische Territorien „heim ins Reich“ geholt werden. Schon diese ideologische Konstellation schafft innerhalb der ungarischen Rechten eine Affinität gegenüber Russland in diesem Konflikt. Auch die ukrainische Propaganda, Ungarn wolle sich ein Teil des Staatsgebietes in diesem Krieg aneignen, brachte zwar ein klares Dementi der Regierung, förderte aber die Ablehnung der ukrainischen Position.
Dass die russische Föderation dieses nutzt und z.B. mit vorteilhaften Verträgen über die Versorgung mit russischem Gas honoriert, kann nicht überraschen. Folgerichtig blockiert die ungarische Regierung auch die EU-Sanktionspolitik gegenüber Russland, so lange Brüssel nicht finanzielle Kompensationen bereitstellt. Ungarn stimmte der Verurteilung des russischen Angriffskrieges durch die EU zwar zu. Gleichzeitig erklärte Orban sein Land als „neutral“. So weigerte sich Ungarn, militärische Ausrüstungen der NATO für die Ukraine über ungarisches Territorium ausliefern zu lassen.
Ähnlich wie im französischen Präsidentschaftswahlkampf versuchte die mit einem gemeinsamen Kandidaten gegen Viktor Orban angetretene Opposition mit der russland-kritischen Karte zu punkten. Dieser Vorwurf hat der Opposition erkennbar keine Vorteile gebracht. Das Ergebnis für FIDESZ bei den Parlamentswahlen war besser als zuvor, so dass Orban nicht einmal mehr einen Koalitionspartner benötigt. Bei Wahlnachfragen wurde deutlich, dass die Wähler*innen seine Haltung im Ukraine-Krieg begrüßten, weil viele befürchteten, dass das Land bei einer anderen Politik direkt in den Krieg einbezogen würde.
Österreich
Ähnlich deutlich wie FIDESZ positioniert sich die FPÖ unter Bundesparteiobmann Herbert Kickl als „neutrale“ Partei in diesem Krieg. Während die Medien versuchten, mit Interviews von „Regionalfürsten“ der FPÖ Gegensätze innerhalb der Partei auszumachen, hatte die aktuelle Bundesleitung die Organisation politisch und medial „im Griff“. Mit dem Rücktritt von HC Strache wurde auch die 2016 begonnene Kooperation mit der Partei „Einiges Russland“ 2021 beendet. Gleichzeitig kritisierte die FPÖ den ÖVP-Bundeskanzler Nehammer für dessen Kiew-Besuch Anfang April 2022, wo er sich wie ein „Klitschko-Fanboy“ aufgeführt habe. Der Besuch beim ukrainischen Präsidenten sei Ausdruck einer völligen Verabschiedung von der aktiven österreichischen Neutralitätspolitik, die ihre Aufgabe eigentlich in Vermittlungen für eine rasche Beendigung dieses furchtbaren Krieges sehen müsste, wird Kickl zitiert. Dass Nehammer später auch Russland besuchte, wurde nur noch „zur Kenntnis“ genommen.
Die FPÖ tut in diesem Rahmen so, als sei sie der Sachwalter der Interessen des österreichischen Mittelstandes, indem sie vom Bundeskanzler forderte, er solle sich um heimische Probleme kümmern: „Derzeit leiden nämlich die Österreicher unter einer massiven Preisexplosion bei Strom, bei Gas, bei den Lebensmitteln oder auch bei den Treibstoffen. Die Teuerung trifft auch unseren Mittelstand hart. (…) Sein permanentes Eintreten und Einpeitschen für Sanktionen gegen Russland zerstört in Österreich tausende Arbeitsplätze und auch den Wohlstand für Millionen Menschen.“
Wie zu erwarten, holte die FPÖ auch das Thema „Flüchtlinge“ aus ihrem propagandistischen Repertoire. Der Wiener FPÖ- Chef Dominik Nepp beschwerte sich über „fette Karren mit ukrainischen Kennzeichen“. In den Fahrzeugen säßen „nicht die Armen, die Frauen, Kinder und Kranken, sondern Männer, die in Fünf-Sterne-Hotels einchecken und dann guten Wein trinken“. Zuspruch erntete die FPÖ bei ihrem Klientel auch mit anderen populistischen Vorwürfen. Da beschwerte man sich über ein „Grillfesterl in der Fasangartensiedlung“, wo „Männer mit Bierdosen in der Hand gesungen und gelacht“ hätten. Außerdem hätten sie „ihre“ Fahne auf den Balkon gehängt, wo doch die österreichische aus Dankbarkeit angebracht gewesen wäre.
Die sozialpolitische Sprecherin der FPÖ Dagmar Belakowitsch sieht das Problem, dass die Regeln für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen neben ukrainischen Staatsbürgern auch für Drittstaatsangehörige gelten sollen. Sie malt das Schreckgespenst an die Wand, viele „Wirtschaftsflüchtlinge“, die nie in der Ukraine gewesen seien, könnten nach Österreich kommen und behaupten, in der Ukraine gewesen zu sein. Bezeichnend ist die öffentliche Reaktion auf solche fremdenfeindlichen FPÖ-Vorwürfe. Man warf Dagmar Belakowitsch nicht ihren ausländerfeindlichen Rassismus vor, sondern dass sie die Gesetzeslage nicht richtig verstanden habe, denn die von ihr implizit geforderte Ausgrenzung stehe doch bereits in der Verordnung.
Resümee
Zusammenfassend muss man festhalten, dass die wichtigsten europäischen Rechtsparteien keine Probleme hatten, sich der veränderten weltpolitischen Lage anzupassen. Auch die Parteien, die zuvor über ausgeprägte Russland-Kontakte verfügten, haben sich ohne Zögern der Verurteilung des russischen Vorgehens angeschlossen. Mediale Vorwürfe, sie seien die „treuesten Putin-Fans“, zielen daher ins Leere.
Viel problematischer ist, dass sie sich – wie man am Beispiel von Frankreich, Österreich und Ungarn sehen kann – bereits in Position bringen als vorgebliche „Interessensvertreter der kleinen Leute“, die in absehbarer Zukunft die Leidtragenden der EU-Sanktionspolitik sein werden. Verbunden mit dem impliziten Rassismus in der Flüchtlingsfrage dürften diese Parteien die politischen Auswirkungen des Krieges nicht nur unbeschadet überstehen, sondern auch noch zusätzliche ideologische Anknüpfungspunkte für ihre extrem rechte Propaganda finden.