Eder-Prozess in Österreich: NS-Wiederbetätigung
Bis in die Nacht zog sich der Prozess gegen den Neonazi Manuel Eder, der am 11. März 2024 vor dem Landesgericht Innsbruck, vor einem Schwurgericht, in Österreich stattfand. Vorgeworfen wurden ihm Verbrechen nach Paragraph 3g Verbotsgesetz in 17 Fällen und fahrlässiger Waffenbesitz. Der Paragraph 3g VG stellt – vereinfacht ausgedrückt – in Österreich jede sonstige Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn mit bis zu zehn Jahren, in besonders schweren Fällen mit bis zu 20 Jahren Haft unter Strafe.
Impulsgeber der europäischen Neonazi-Szene verurteilt
Der aus Lienz in Osttirol stammende 39jährige Eder ist seit der Jahrtausendwende in der extremen Rechten aktiv. Eine erste Teilnahme an einem Neonazi-Aufmarsch in Deutschland wurde im Sommer 2004 fotografisch dokumentiert. Damals bildete er gemeinsam mit etlichen Mitgliedern des österreichischen Ablegers des „Blood & Honour“-Netzwerks einen Block auf dem „Rudolf Hess-Gedenkmarsch“ im bayerischen Wunsiedel. Zum damaligen Zeitpunkt war er bereits polizeilich einschlägig bekannt, u.a. wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz und schwerer Körperverletzung. Später verbüßte er, bis 2008, eine mehrjährige Haftstrafe wegen NS-Wiederbetätigung.
Europaweite Bekanntheit erlangte er aber vor allem durch seine federführende Mitwirkung in zahlreichen Neonazi-Musikprojekten. Mitte der 2000er Jahre gründete er die NS-Black-Metal-Band „Feuernacht“ mit, kurze Zeit später folgte die NS-Hardcore-Band „Terrorsphära“, mit der er zuletzt im April 2019 in Griechenland auftrat. Zudem half er bei der russischen NS-Hardcore-Band „You Must Murder“, sowie bei der deutsch-amerikanischen Neonazi-Band „Daily Broken Dream“ aus und rief 2018 die NS-Straight-Edge-Hardcore-Band „Thrive On A Cross“ ins Leben. Aktuell ist er zudem als Rapper unter dem Namen „Kombaat“ aktiv und wirkt in der NS-Hardcore-Band „Alpenfestung“ mit. Vor Gericht kam im Wesentlichen nur seine Betätigung bei „Terrorsphära“ und „Feuernacht“ zur Sprache.
Eder prägte aber auch die europäische Neonazi-Kampfsportszene um den „Kampf der Nibelungen“ (KdN). Vor allem mit der Gründung der extrem rechten Sportgruppe und Plattform „Wardon 21“ (W21) um 2017, die sich im inneren Kreis des KdN bewegt und als ideologischer Wegbereiter des Formats gilt. Der schwülstige Wortschatz, wie auch die eindringliche Rhetorik deutet darauf hin, dass Eder der Verfasser vieler Texte von W21 ist, die noch vor wenigen Jahren in den sozialen Medien öffentlich verbreitet wurden. Der Duktus dieser Schriften findet sich auch in den Liedtexten der oben genannten Bands und in Propaganda- bzw. Werbevideos der rechten Kampfsportmarke „Greifvogel Wear“ aus Brandenburg wieder. Für die Marke und für W21 warb er nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in Tschechien, Frankreich, Ungarn und in der Ukraine.
Zu W21 vor Gericht im März 2024 befragt, stellt er fest, dass diese lediglich eine Plattform sei, die dem Sport-Coaching diene, etwa um Personen für Events wie den „Iron Man“ vorzubereiten. Dass damit etwa die W21-Mitglieder Philipp Liebetrau, Heiko Drews und Sebastian G. gemeint sind, die das Extremsport-Event „Ironman 70.3“ 2023 in Kraichgau bestritten, lässt er vor dem Schwurgericht aus. Dass Liebetrau und Drews auch bei „Terrorsphära“ aktiv sind und Sebastian G. ein einflussreiches Mitglied des Berliner Stützpunktes von „Der III. Weg“ ist, kommt ebenfalls nicht zur Sprache.
W21 sei nicht Teil der Anklage, stellt Eder im März 2024 vor Gericht fest. Und dennoch fühlt er sich berufen, auf alle Fragen des Gerichts lang und breit einzugehen, vor allem um die Geschworen von seiner Unschuld zu überzeugen.
Dass Eder über Ländergrenzen hinweg als Impulsgeber und Multiplikator der extrem rechten Kampfsport-und Musikszene gilt, dürfte spätestens seit 2017 bekannt sein, als EXIF-Recherche detaillierte Hintergrundinformationen zu seinen Bands veröffentlichte1, gefolgt von etlichen Artikeln u.a. zu „Wardon 21“ von der Kampagne „Runter von der Matte“. 2021 widmete sich auch „Der Standard“ in Österreich ausführlich dem Wirken Eders.
U-Haft und Anklage
Im Hinblick auf die bekannten Aktivitäten Eders in ganz Europa, wirkt der Grund seiner Verhaftung banal. Denn eine erste Sicherstellung von Schriften und Devotionalien, die mutmaßlich gegen das Verbotsgesetz verstoßen, fand im Zuge einer „freiwilligen Nachschau“ beim Lebensgefährten von Eders Schwester im Juni 2023 statt. In dessen Haus nutzte Eder ein Büro, in dem er neben NS-Literatur auch Propaganda-Material, etwa von „Der III. Weg“ verwahrte. Der Defacto-Schwager Eders hatte die Polizei informiert, da dieses Material teils sichtbar im Regal lagerte. Damit war zumindest der Anfangsverdacht für eine NS-Wiederbetätigung gegeben und eine mögliche Gefährdung Dritter.
Im August 2023 folgte dann die Hausdurchsuchung in Eders Wohnung, die er gemeinsam mit seiner Ehepartnerin Sarah E., seinen vier leiblichen Kindern und seiner Stieftochter bewohnt. Ende Oktober 2023 wurde Eder dann in Untersuchungshaft genommen, wo er bis heute verweilt. Sichergestellt wurde in der Wohnung Einiges, das mit dem historischen NS in Verbindung gebracht werden kann: diverse Runen-Darstellungen, Abzeichen, Kleidungsstücke und Literatur. Ins Gewicht fielen allerdings nicht die einzelnen sichergestellten Stücke, sondern die Gesamtschau auf Eders Lebens-und Erlebniswelt. Diese ergab sich aus dem öffentlich Bekannten, aber auch aus den Sprachnachrichten und Fotos, die auf seinem Handy gefunden worden.
In 12 von 17 Verbrechen gegen das Verbotsgesetz stimmte die Mehrheit der Geschworenen für eine Verurteilung. Auch der fahrlässige Besitz einer Waffe – ein Teleskop-Schlagstock – wurde verurteilt.
(Fast) einig waren sich die Geschworen etwa bei der Schuldfrage um Sprachnachrichten mit NS-Bezug, die Eder versandt hatte. In einer bezeichnete er etwa den Lebensgefährten seiner Schwester als „Untermensch“, weil dieser alkoholsüchtig sei. Die Alkoholsucht spiele in Eders Familie eine große Rolle. Er selbst trinke seit Mitte der 2000er Jahre keinen Alkohol mehr und lebe aus „ethisch moralischen Gründen“ vegan.
Eine völlig untertriebene Darstellung seiner Person, denn kaum ein anderer in Westeuropa ist so sehr bemüht öffentlich einen „Hardline Straight Edge“-Lebensstil zu propagieren wie Eder. Er und W21 seien schließlich „Soldaten unserer Sache“, die sich nicht in die „Degenerationsmühlen dieses kranken, faulen und morschen Systems“ treiben ließen, heißt es in Beiträgen in den sozialen Netzwerken. Man habe sich entschlossen, „ein neues Geschlecht heranzuziehen“, einen neuen „Menschenschlag“. Dass sich W21 damit auf die Elite des historischen NS, die "Schutzstaffel" (SS), bezieht, ist kaum von der Hand zu weisen. Deren Führer-Treue - „gehämmert auf das Koppelschloss“ - und deren elitären Habitus, widmete sich „Terrorsphära“ im Lied „Sonnenorden“. Dieses wurde vor Gericht aufgeführt, um die Ausrichtung von Eders musikalischem Wirken zu beschreiben.
Er habe den Song weder geschrieben, noch gesungen, versichert er vor Gericht. Stattdessen benennt er den damaligen Schlagzeuger, den deutschen Neonazi Frank Haack aus dem Raum Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), als Sänger und Verfasser des Textes. Dies entspricht aber nur in Teilen der Wahrheit, denn neben der markanten Stimme von Haack ist auch die Stimme des damaligen Leadsängers der Band klar und deutlich zu hören: Harald Klaunzer, seit über einem Jahrzehnt enger politischer Wegbegleiter von Eder in Osttirol. Klaunzer bewusst vor Gericht zu verschweigen und die Verantwortung auf den deutschen Neonazi abzuwälzen, dürfte Kalkül gewesen sein, denn Taten, die im Ausland begangen wurden und dabei den „öffentlichen Frieden verletzen“, sind erst seit der jüngsten Reform des Verbotsgesetzes in Österreich strafbar. Darauf griff Eder auch zurück, als er darstellte, wo und unter welchen Umständen die Songs seiner Band in Deutschland produziert wurden.
Auch habe er keinen Einfluss auf die Gestaltung von Konzerten der Band im Ausland. Etwa in Bezug auf ein Konzert in Portugal, wo die Band unter dem Motto „NSHC Beatdown“ auftrat, organisiert von den lokalen „Hammerskins“. Dabei ging vor Gericht ein wenig unter, dass Eder ein Cap der „Crew 38“, dem unterstützenden Netzwerk der „Hammerskins“, besitzt. Er sei kein Mitglied gewesen und das Cap habe er damals nur in Deutschland getragen. Keine Nachfragen.
Sein Aussageverhalten hat vor allem dann Strategie, wenn er zu seinen Aktivitäten in den Jahren zwischen 2015 und 2018 befragt wird, wo er nachweislich in Deutschland, im sächsischen Dresden, gelebt hat. So wiegelte er vor Gericht etwa seine Teilnahme an einzelnen Großveranstaltungen der extremen Rechten in der Zeit ab, wie auch eine Bestellung NS-verherrlichender Literatur beim Verlag „Der Schelm“. Werke wie „Der Giftpilz“, „Kinder was wisst ihr vom Führer“ und „Mutter erzählt von Adolf Hitler“ soll Eder nicht nur besessen haben, sondern auch seiner Stieftochter nahe gelegt haben, so die Staatsanwaltschaft.
NS-Heranführung der Kinder
Nachgewiesen werden konnte ihm nicht, dass er diese Schriften weiter gereicht hat. Auch gab es keinen Beleg, dass er mit seiner Stieftochter an einem Jugendlager der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ in Brandenburg teilnahm, wie eine sichergestellte Einladung suggeriert. Eine Heranführung an den NS, auch durch scheinbar harmlose Outdoor-Aktivitäten, erkannte das Gericht dennoch. So hatte er seine Stieftochter im Sommer 2023 zum „Gipfelsturm“ mitgenommen, eine jährlich seit 2019 in den Alpen von „Wardon 21“ ausgerichtete Bergtour, an der bislang jeweils bis zu 20 Neonazis aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Tschechien teilnahmen. Die intern beworbene Bergtour reiht sich in eine Vielzahl von Sportevents ein, die der Kitt der europäischen Neonazi-Szene sind. W21 führte bereits am 20. April 2019, zum 130. Geburtstag Adolf Hitlers, einen „Führermarsch“ im sächsischen Elbsandsteingebirge durch.
„Erziehung ist Macht. Die Macht, sein Blut den Klauen jener zu entreißen, die nach ihren Seelen trachten“, heißt es im März 2018 von W21 in den sozialen Netzwerken und weiter: „Die Marschrichtung eures Erbes liegt in euren Taten. Lebt es eurem jungen Blute vor, was Ihr in Euch zu fühlen imstande noch seid“. Zudem ist von Agoge (altgriechisch ἀγωγή) die Rede, auf die auch Eder in Propaganda- und Liedtexten gebetsmühlenartig eingeht. In einem Interview weiß ein W21-Mitglied dazu: „Das strenge Erziehungssystem Spartas, der Beweis dafür, dass vor vielen Jahren die militärische Erziehung der perfekte Weg war, einen Soldaten zu formen, der körperlich und auch geistig überlegen war gegenüber den Streitkräften anderer Völker!“. Andere würden dies Kindeswohlgefährdung nennen, zumal die Agoge die sogenannte „Knabenliebe“ förderte, die sexuelle Beziehung eines (älteren) Mannes zu einem Jungen.
Mit der ideologischen Erziehung seiner Kinder ist Eder allerdings nicht allein, denn auch seine aus der Raum Dresden stammende Ehepartnerin Sarah E. (geb. St.) ist fest in der Neonazi-Szene integriert. Im Januar 2021 war sie gar Interviewpartnerin in einem Online-Stream mit Alexander Deptolla, dem Gesicht und Mitbegründer des „Kampf der Nibelungen“. Als dieses Kampfsport-Event im Oktober 2018 an die tausend Neonazis nach Sachsen lockte, war sie mit Eder für W21 an einem der Essensstände tätig.
Kontaktschuld?
Angeführt wurde auch, dass Eder bestens mit einschlägig bekannten und weit vernetzten Neonazis in Kontakt steht. Allen voran wurde auf Hendrik Möbus eingegangen - verurteilter Mörder, langjähriger Produzent extrem rechter Musik und aktuell Sänger der NS-Black-Metal-Band „Absurd“, den Eder 2023 für einen Vortrag in Wien zum Thema „NSBM“ (National Socialist Black Metal) gewinnen wollte.
Persönlich hatten sich Möbus und Eder etwa beim Neonazi-Festival „Asgardsrei“ in Kiew (Ukraine) getroffen, wo sie mit ihren Bands auf der Bühne standen. Kennen dürften sich beide hingegen schon länger, denn 2012 spielte Eders Band „Feuernacht“ auf einem von Möbus mitorganisierten Konzert im tschechischen Žatec. „Absurd“ kenne Eder wiederum schon seit Anfang der 2000er Jahre. 2003 hatte die Band, noch mit Hendrik Möbus’ Bruder Ronald Möbus am Gesang, u.a. mit „Totenburg“ aus Thüringen in Wien gespielt.
Den Vortrag, den Möbus in Wien halten sollte, wollte Eder bei den Kameraden im 2. Bezirk durchführen. Im „Itzig“-Viertel, wie er den von jüdischem Leben geprägten Stadtteil in einer Sprachnachricht an Möbus betitelt. Dort bestünde seit 30 Jahren eine Lokalität, wo regelmäßig Veranstaltungen ohne polizeiliche Aufmerksamkeit stattfänden. Gemeint sein könnte das Vereinslokal der „Wiener Akademische Ferialverbindung Reich“. Diese 2011 selbst aufgelöste Pseudo-Burschenschaft war Sammelbecken diverser Neonazis aus dem Wirkungskreis von „alpen-donau.info“ um den bekannten extrem rechten Multi-Funktionär Gottfried Küssel.
Zu diesem hatte Eder noch im Oktober 2023 mehrfach Kontakt. Also nachdem ihm bewusst war, dass gegen ihn im Sinne des Verbotsgesetzes ermittelt wird. Küssel habe er lediglich kontaktiert, um von ihm Empfehlungen bezüglich des Wohnungsmarktes in Wien zu erhalten, denn Eder hatte vor, mit seiner Familie dort hinzuziehen.
Es sind genau diese Aussagen, die Eders Glaubhaftigkeit vor dem Gericht arg schaden. Dass ausgerechnet Richard Pfingstl, führender Neonazi-Netzwerker aus Graz und einer der Hintermänner von „alpen-donau.info“, Eders Prozess als Zuschauer verfolgte, wirkt dementsprechend. Er dürfte es vermutlich auch gewesen sein, der einen zweiteiligen Erlebnisbericht zum Prozess (mit)verfasst hatte, der dann auf der Webseite von „Der III. Weg“ in Deutschland veröffentlicht wurde. Dort ist von einem „Gesinnungstribunal“ und einer „antifaschistischen Justiz“ die Rede, es wird auf einzelne Anklagepunkte eingegangen und versucht diese ins Lächerliche zu ziehen.
Von „Der III. Weg“ selbst waren auch zwei Abgesandte vor Ort: Oliver Oe. und Erik St. vom „Stützpunkt Berlin“. Doch rhetorische Fähigkeiten und ein so detailliertes Wissen über die Rechtslage in Österreich, um einen solchen Artikel zu verfassen, ist bei den Beiden nicht bekannt. Vielmehr „glänzen“ Beide mit archaischer Propaganda im Rahmen der „AG Körper & Geist“ ihrer Partei, die auch Manuel Eder imponiert. Oliver Oe. und Erik St. wirkten schließlich im Video zu Eders Debut als Rapper „Kombaat“ mit.
„Kontaktschuld (…) dass man aus meinen Kontakten, die ich habe, meine Gesinnung definiert haben möchte. Ich versteh nicht was ich da an NS-Wiederbetätigung geleistet haben soll, nur weil ich Personen kenne, die ich teilweise seit Jahren nicht mehr gesehen habe? Was will man mir unterstellen? Was ist denn jetzt das Verbrechen jetzt?“ fragt Eder den Richter. „Seit Jahren nicht mehr gesehen“, damit meint er wohl André Eminger, dem er zuletzt vor sechs Jahren begegnet sei. Wenn er sonst eher schwammig in seinen Aussagen ist, wirkt er hier in der Jahresangabe sehr genau. Möglicherweise weil ein Treffen mit Eminger – verurteilter Unterstützer der neonazistischen Terrorgruppe NSU – im Sommer 2018 durch Antifaschist*innen publik gemacht wurde. Damals nahmen Eder und Eminger, gemeinsam mit lokalen Akteuren aus der rechten Kampf-und Kraftsportszene, sowie „Hammerskins“ aus Nordrhein-Westfalen, an einem Mannschaftswettkampf der extrem rechten „Sportgemeinschaft Barbaria“ in Schmölln (Thüringen) teil. Ein Jahr zuvor wollte Eder Eminger in Haft besuchen. Und wiederum ein Jahr davor, im November 2016, war Eminger offenbar im "Saalschutz" tätig, als Eder mit „Terrorsphära“ in der Neonazi-Immobilie „Am Thingplatz“ in Allstedt-Sotterhausen ein Konzert gab. Alles Zufall? Nein, denn wie Enrico Marx, Mitbetreiber dieser Immobilie in Sachsen-Anhalt, ist auch Eminger in der „GefangenenHilfe“ tätig. Marx war es auch, von dem Eder während seiner aktuellen U-Haft Post bekam. In Marx’ Immobilie befindet sich außerdem der Proberaum von „Terrorsphära“ und Erik Rothe, der Sohn von Marx’ Lebensgefährtin, sitzt seit 2019 bei „Terrorsphära“ am Schlagzeug.
Immer nur am Rande, nie im Mittelpunkt oder an der Organisation beteiligt, so stellt sich Eder vor Gericht dar. Auch beim „1. Gerd Honsik Kongress“ in Wien Anfang Oktober 2023, einem Vernetzungstreffen der europäischen extremen Rechten, habe er lediglich die Übersetzung einer Rede vorgetragen. Die knapp 60 Flyer für den Kongress, die im Zuge der Hausdurchsuchung festgestellt wurden, habe man ihm bei einer Bestellung dazu gelegt.
Je später es vor Gericht wird, desto empörter wird Eder über das, was ihm vorgeworfen wird. Schließlich kenne er das Gesetz und wisse, wann etwa ein Hitlergruß vollendet und dass der Ausspruch „Heil dir“ in Tirol oder Bayern Umgangssprache sei.
Wie er das Posieren mit einer Flagge des ukrainischen neonazistischen Regiments „Asow“ werte, auf der das Symbol der „Schwarzen Sonne“ und eine „Wolfsangel“ zu sehen sind? Nun, dies empfinde er fast schon beleidigend, da „Asow“ mittlerweile Teil der ukrainischen Streitkräfte sei und an der Front für „demokratische Werte“ kämpfe. Während seiner Besuche in Kiew seien ihm Angehörige von „Asow“ vorgestellt worden, deshalb zeige er sich solidarisch. Dass er mit den Bands „Alpenfestung“ und mit „Thrive On A Cross“ jeweils einen Song für eine Solidaritäts-CD besteuerte, deren Gewinne „ukrainischen Nationalisten-Einheiten“ und den „Familien gefallener Kameraden“ zu Gute kommen sollen, lässt er an der Stelle aus. „Auf das erhalten werde, das Volk, die alten Werte, und der Ahnenkette Erbe!“ heißt es im Beitrag von „Alpenfestung“ auf dem Sampler, der 2023 von „Der III. Weg“ produziert wurde.
Das Urteil
Neun Jahre Haft ist am Ende das Urteil. Keiner der Umstände ist strafmildernd, er ist einschlägig vorbestraft und der Tatzeitraum ist lang. Eine Bewährung kam nicht in Betracht.
Das Urteil ist damit geringer als im Falle von dem Neonazi Philipp Hassler, bekannt als Rapper „Mr. Bond“, der wegen NS-Wiederbetätigung 2022 mit zehn Jahren Haft belegt wurde. Es ist aber auch schärfer als die letzte Verurteilung im Sinne des Verbotsgesetzes gegen Österreichs bekanntesten Neonazi, Gottfried Küssel. „Dreckspack“ raunt es aus dem Zuschauer*innen-Raum, als das Gericht Eder verurteilt. Wenige Tage später legt die Staatsanwaltschaft Berufung ein, der Verteidiger Eders wählt ebenfalls dieses Rechtsmittel, wie zudem eine Nichtigkeitsbeschwerde.
Europaweit wird seitdem zur Solidarität mit Manuel Eder aufgerufen. Sollte das Urteil Bestand halten, könnte er sich einer Aufmerksamkeit ähnlich der für den NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben sicher sein.
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AIB Nr. 117: „Das NS-Hardcore Imperium“