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Haftantritt ausgesetzt – über Knast, Untertauchen und Solidarität

Smily Buch

In „Haftantritt ausgesetzt“ erzählt Smily die Geschichte von Karl, einem RASH-Aktivisten aus Stuttgart und dessen Politisierung, seiner Konfrontation mit der Justiz sowie seine anschließende Flucht ins Exil. Authentisch und eindrücklich beschreibt Smily auf knapp 100 Seiten die zehn-monatige Haftstrafe in Stuttgart-Stammheim, über die Herausforderungen im Knast „zu bestehen“ und Solidarität ganz praktisch werden zu lassen, aber auch die Grenen, die das System Knast tagtäglich mit sich bringen – vor allem für Antifaschist*innen.

Nach einer kurzen Zeit in Freiheit mit seinen Freund*innen und Genoss*innen und einer anschließend erneuten Verurteilung entscheidet sich Karl unterzutauchen. Es führt ihn nach Istanbul; zunächst in ein Hostel, dann in eine WG, dann in eine Beziehung und eine gemeinsame Wohnung. 

Smily schafft es auch in diesem zweiten Teil des Buchs Geschichten des Alltags und dessen Hindernisse und die inneren und äußeren Zerwürfnisse und Zweifel, die ein Leben unter diesen Bedingungen mit sich bringt, nachvollziehbar zu beschreiben. Die Geschichte zeigt – und das auf recht wenigen Seiten - die vielen Facetten und Hindernisse, die Flucht, Exil und letztendlich das Alleinsein mit sich bringen. Sie zeigt auch, dass Repression nicht zwangsläufig Menschen brechen muss, aber eine Herausforderung ist, der sich der Protagonist – manchmal auch in amüsant beschriebenen Kapiteln – stellt. So blieb er seiner politischen Überzeugung auch im Untergrund treu und beteiligte sich an Protesten.

Die Frage des Vertrauens in Familie, Freund*innen, Genoss*innen oder Wegbegleiter*innen stellt sich Karl dabei oftmals, wenn auch die Auseinandersetzung damit nicht dezidiert stattfindet.

Gerade in dieser Zeit, in der sich in der bundesdeutschen Geschichte mehr Antifaschist*innen denn je in Untergrund und Haft befinden, ist die Geschichte von Karl vielleicht eine, die Mut macht und zeigt, dass sie zwar eine der wenigen ersten ist, die sich mit der Thematik Exil auseinandersetzt und gleichzeitig kein Ratgeber sein kann und will. Sie zeigt aber vor allem ganz deutlich: Ohne Solidarität, ob über Knastmauern oder Grenzen hinweg, geht es nicht.

So widmet Smily dieses Buch den Menschen, deren Unterstützung er sich sicher sein konnte, aber betrachtet es auch „als solidarischen Akt, für all jene, die vor ähnlichen Kämpfen und Entscheidungen stehen oder mittendrin sind“.

Smily. Haftantritt ausgesetzt über Knast, Untertauchen und Solidarität
Verlag immergrün, Preis: 12 Euro