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Der "Deutsche Bund"-Orden

Einleitung

Seit seiner Gründung 1993 in Coburg, hat sich der "Deutsche Bund" der Elitebildung und »Bewahrung der deutschen Kultur« sowie dem "Wiederaufbau des Deutschen Reiches" verschrieben. Die Organisationsform als Orden, in der Tradition der deutschen Ritterorden, ist stark von Selektion und strenger Hierarchie geprägt. Durch das monatlich erscheinende Vereinsorgan "Burgpost" werden die Mitglieder »politisch und ethisch« mit antisemitischen, rassistischen und revanchistischen Artikeln geschult. Neben dem Anspruch der politischen Bildung will ein dem Bund zugeordnete "Verein für soziale Dienstleistungen e.V." »helfen, die Lebensgrundlage des deutschen Volkes (...) zu festigen, zu sichern und zu erhalten«. Die Rekrutierung der Jugend beabsichtigt man durch die noch im Aufbau befindliche "Burgjugend" zu realisieren. Hier soll vor allem die Abenteuerlust von Jugendlichen ausgenutzt werden, um sie bei Lagerfeuerromantik und Rittergeschichten zu politisieren.

(Montage mit Foto von sergeigussev; CC BY 2.0 Deed)
(Montage mit Foto von sergeigussev; CC BY 2.0 Deed)

Von Coburg aus will ein völkischer "Orden" den "Wiederaufbau des Deutschen Reiches" starten.

Der Gründer des "Deutschen Bundes", Günther Leyk, hat eine Biographie in rechten Vereinigungen. Er galt als Anhänger der NPD, wurde der "Republikanischen Partei" (Bayern) zugerechnet und engagierte sich in der Partei "Aktionsgemeinschaft Vierte Partei" (AVP). Politisch sollte die "Aktionsgemeinschaft Vierte Partei" die Ziele der CSU bundesweit vertreten. Sie löste sich jedoch schon 1978 auf, frustiert über die Wahlschlappe bei der Bundestagswahl 1976. In Hamburg war der Neonazi-Führer Michael Kühnen zeitweilig stellvertrender Landesvorsitzender gewesen.1 Viele ehemalige AVP-Mitglieder bauten 1983 "Die Republikaner" mit auf.

Gerne wird in der "Burgpost" das Buch von Günther Leyk »Das Licht - Gedanken zur Zukunft zitiert«. Dort heißt es zum Beispiel: »Doch nun genug, nun laßt uns alle handeln! Für unsre Freiheit gibt es kein Zuviel! Und wie die Nacht sich wird zum Tage wandeln, all so erreichen wir auch unser Ziel. All unsre Arbeit, unser Wirken, Können gilt nicht uns selbst, gilt allen und gilt euch, es gilt dem einen, das wir Heimat nennen, dem ewig freien, gottgetragnen Reich«. Bei diesem politischen Background verwundert es nicht, wenn in der Vereinssatzung für den Fall der Auflösung des Vereins das gesamte Vermögen an den "Verein für das Deutschtum im Ausland"  (Vgl. AIB Nr. 42) gehen soll.

Strukturaufbau

Der Aufbau des "Deutschen Bundes" gliedert sich in drei Kreise, den »Äußeren Ring«, den »Inneren Ring« und den »Führungsring«. Im »Äußeren Ring« werden dem »Knappen« die »Rechte und Pflichten aus Ethik und Ehre« vermittelt, die das Fundament für die spätere politische Bildung sein sollen. Ein Aufsteigen in den »Inneren Ring« ist nur durch die Bürgschaft des Seminarleiters, der Unbedenklichkeitserklärung der Sicherheitskanzlei und einer Prüfung durch ein Gremium möglich. Dort widmet man sich der politischen Elitebildung mittels »staatsmännischem Denken«. Die jetzt »Ritter« genannten Mitglieder müssen nun ihr Engagement in der Organisation und Ausarbeitung von Seminaren und Tagungen beweisen. Bei einer positiven Beurteilung der Arbeit ist ein Aufstieg in den »Führungsring« möglich, dessen Mitglieder »Komturen« genannt werden. Sie befassen sich mit der Ausarbeitung des politischen Kurses des "Deutschen Bundes".

Über dieser Struktur steht der Vorstand mit klar getrennten Arbeitsbereichen. Der auf zwölf Jahre festgelegte Vorsitzende trägt den Titel des »Hochmeisters«. Dieser soll den Orden führen und nach Außen vertreten. Sein Adjutant ist der stellvertretende Vorsitzende Konrad Zimmer. Er wird auch »Großmeister« genannt. Zimmer leitet den Führungsstab. Ob dieser Konrad Zimmer früher tatsächlich als "Bundesgrenzschutzbeamter" bzw. als "Ministerialbeamter im Bundesministerium für Verteidigung" oder gar bei der "Bayerischen Staatsregierung" tätig gewesen ist, wie aus rechten Kreisen lanciert wurde, oder ob es sich hierbei nur um ein Gerücht oder eine simple Verwechslung handelt, bleibt offen.

Die weiteren fünf Vorstandsmitglieder, sogenannte »Großkanzler«, übernehmen je einen spezifischen Arbeitsbereich. Der erste Bereich ist der Schulung und Erziehung der Mitglieder zu staatsmännischen und naturnahen Menschen gewidmet. Durch die Nähe zum Menschen und der Natur käme dieses Amt laut dem "Deutschen Bund" vor allem Frauen entgegen. Die wirtschaftliche Sicherung des Vereines ist die Aufgabe des zweiten »Großkanzlers«. Verantwortlich für die »innere Sicherheit, die äußere Sicherheit (...) und den Selbstschutz« ist das dritte Vorstandsmitglied, das auch Kopf des internen Geheimdienstes der »Sicherheitskanzlei« ist. Diese erstellt "Psychogramme der Mitglieder", beurteilt deren Verschwiegenheit und Verhalten in der Gruppe. Verbindungen zur Polizei und Bundeswehr sollen gepflegt werden. Der vierte »Großkanzler« sorgt für Kontakte außerhalb des Bundesgebiets. Gerhard Belitz aus Zorneding, der fünfte »Großkanzler«, hält die Verwaltung inne und kümmert sich um das Personalwesen.

Kompliziert wird die Organisationsstruktur durch ein eigenes Aktenzeichenverzeichnis, in dem jeder Teilbereich eine eigene Kennung erhält. Ebenso kompliziert aufgebaut ist der ordenseigene Kalender, der sich nach der Mondstellung richtet. Hinzu kommen monatliche Festtage mit festgelegten Riten. Angefangen von der Beschaffenheit des Raumes bis hin zum jeweiligen Runenzeichen ist alles im Leitfaden für Mitglieder vorgeschrieben. Die regionale Begehung dieser Festtage ist für Mitglieder verbindlich. Zum Heiraten oder nach einer Geburt sind vorgeschriebene Zeremonien zu vollziehen. Die Kleiderordnung des Ordens ist ebenfalls eigenwillig. So soll bei offiziellen Anlässen ein Umhang getragen werden.

Regionale Vertretungen des "Deutschen Bundes" in Deutschland und Europa werden als Burgen bezeichnet und von einem Statthalter geleitet. So sollen an möglichst vielen Stellen regelmäßige Treffen stattfinden können.

Die "Burgpost"

Das monatlich erscheinende Vereinsorgan "Burgpost" ist der moralischen Erbauung der Mitglieder gewidmet. Die Auslegung des Titel- und Ordenssymbol der "Burgpost" lässt auf die politische Ausrichtung schließen. Die abgebildete Rune soll das Zeichen des "Beherrschungstages" darstellen. In den pseudointellektuellen Artikeln tritt offener Antisemitismus und Rassismus zu Tage: »Rassenvermischung gibt nicht schlechthin untüchtigere Menschen, aber charakterlich unsichere, labile, schwankende Persönlichkeiten«.

Hauptschwerpunkte bilden Betrachtungen zum Demokratiebegriff sowie kulturelle und religiöse Artikel, jedoch werden auch interne Aufrufe veröffentlicht. So beschwerte sich »Großmeister« Konrad Zimmer im Dezember 1997 über das mangelnde Engagement der Mitglieder. Um das Niveau zu heben, werden Gedichte und Aphorismen konservativer Dichter und Schriftsteller zitiert. Die Schriftleitung der Burgpost übernahm für einige Ausgaben Wilhelm Keiper. Ein Autor aus (neo)nazistischen Kreisen. Neben einem Artikel 1991 im Mitteilungsblatt der neonazistischen "Nationalistischen Front" (NF), "Revolte", in dem er zum Thema Charakter die »Tugenden« von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß glorifizierte, veröffentlichte Keiper auch Artikel im "Leitheft", dem Rundbrief des "Kameradenkreises der ehemaligen Waffen-SS". 1990 zeichnete Keiper für eine interne Rechtsbelehrung einer dubiosen Vereinigung "Vereinigte Länder des Ostens im Deutschen Reich" , die sich selbst als eine legitime Vertretung der sogenannten Ostgebiete bezeichnet.

"Verein für soziale Dienstleistungen e.V."

Ein (angeblicher) "Verein für soziale Dienstleistungen e.V." hat es sich zum Ziel gemacht, Entwicklungshilfe im eigenen Land zu betreiben. So stehen nach Aussage Günter Leyks die Interessen Deutschlands vor denen des Trikonts, und Deutschland benötige in der heutigen Zeit mehr Hilfe denn je. Um diesen Zustand zu verbessern sollen, durch Spenden organisiert, Jugend- und Altenheime übernommen werden. Desweiteren will der Verein Ausbildungsplätze schaffen sowie Stipendien vergeben. Dabei soll auch unter Einbeziehung von Parteienunterstützung ein soziales Netz für »unschuldig in Not geratene Deutsche« geschaffen werden. Die Initiierung durch den "Deutschen Bund" gibt die Inhalte der geplanten ethischen und moralischen Schulungen der Geförderten (indirekt) vor. Über unverdächtige Institutionen, wie Nachbarschaftshilfen und Initiativen, sollen rechte Positionen unmerklich gesellschaftsfähig werden. So ist auch die Ankündigung weiter zu verfolgen, daß im nächsten Jahr die ersten zwei Häuser in Thüringen oder Sachsen übernommen werden sollen.

Einschätzung

Durch dessen abgeschottete Struktur lassen sich kaum genaue Angaben über die Stärke des Bundes geben. Die Jahresmitgliederversammlung vom 17. bis 18. Oktober in Königsberg/Bayern war mit zwölf Mitgliedern jedoch schlecht besucht. Als Referent trat unter anderem der Neonazi Rigolf Henning aus Verden, Beisitzer im Vorstandes der "Deutschen Liga für Volk und Heimat",  auf. Sowohl die Fülle der Doppelmitgliedschaften, als auch die Werbeunterstützung durch extrem rechten Zeitungen deutet auf eine enge Verankerung des "Deutschen Bundes" in der rechten bis neonazistischen Szene hin. Das in Frankreich bereits vom "Front National" praktizierte Konzept , über soziale Initiativen politischen Einfluß auszuüben, sollte aber genau beobachtet werden. Noch ist jedoch unklar, ob der "Verein für soziale Dienstleistungen e.V." tatsächlich real existiert und überhaupt in der Lage ist sein Konzept wirklich zu verfolgen. Oder ob es "nur" ein Papier-Konzept zur geplanten Beschaffung staatlicher Gelder ist. Immerhin wurde er von Günther Leyk (Rektor i. R, Bodenkirchen) 1996 offiziell beim Amtsgericht in Köln eingetragen. Der unverfängliche Name, der vermutlich bundesweit nicht einmalig sein dürfte, erschwert eine politische Einordnung. An großen Namen sind die Akteure offensichtlich allgemein nicht verlegen: Der "Deutsche Bund" war ursprünglich immerhin ein Staatenbund, zu dem sich 1815 die „souveränen Fürsten und freien Städte Deutschlands“ mit Einbindung des Kaisers von Österreich und der Könige von Preußen, von Dänemark und der Niederlande vereinigt hatten.

  • 1Vgl. "Parteien-Handbuch: Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980" von Richard Stöss