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Antifa 2004 – Zwischen Beißreflex und Leinenzwang

Einleitung

AA/BO und BAT sind längst Geschichte, die Antifaschistische Aktion Berlin gespalten. Vor einigen Monaten verkündete die Antifa K (Köln) ihre Auflösung. In ihrer Auflösungserklärung machte diese gar einen bundesweiten Trend zum Auflösen von Antifa-Gruppen aus. Dass es sich wirklich um einen Trend handeln könnte, untermauerte auch die wenige Wochen später erfolgte Auflösung der Antifa M (Göttingen). Handelt es sich bei diesen Spaltungen und Auflösungen um die letzte Konsequenz aus den immer noch andauernden Streitigkeiten zwischen Antifa und Antideutschen oder findet ein Generationswechsel in der Bewegung statt?

Für eine Ablösung der 90er Jahre Antifa-Generation sprechen die Ge­mein­­samkeiten der beiden Auflö­sungs­erklärungen der »M« und der »K«. Die Hauptgemeinsamkeit ist ihr Inhalt, oder besser das Fehlen eines selbigen. Brachten Spaltungen oder Auflösungen vor wenigen Jahren noch seitenlange Papiere und kontroverse Diskussionen in Szene-Zeitschriften mit sich, beschränkt es sich diesmal auf kurze Erklärungen auf den jeweiligen Homepages.

Die Erklärung der Antifa M referiert in kurzen Stich­punk­ten die absolute Minimalbegründung für eine Trennung: »In den letzten Monaten mussten wir feststellen, dass auf Grund der verschiedenen Ansätze und Einschätzungen eine gemeinsame von der gesamten Gruppe getragene Politik kaum bis gar nicht mehr möglich war«. Das war’s.

Ähnlich sieht es auch bei der Antifa K aus. Neben der Erkenntnis, dass die meisten Mitglieder lieber im beruflichen Leben vorankommen wollen, erkennt die »K« noch das Scheitern des »revolutionären Antifaschismus«. So heißt es in der Erklärung: »Wenn das Kon­zept des »revolutionären Antifa­schis­mus« (Antifa ist der Kampf ums Ganze etc.) der 90er jemals richtig war, so kann es auf die derzeitige politische Lage schon längst keine Antworten mehr geben«.

So richtig diese Erkennt­­nis auch sein mag, bleibt dennoch nur Kopfschütteln und Ratlosigkeit zu­rück. Warum folgte die Gruppe mindestens fünf Jahre nach dem Ende der 90er Jahre einer Politik, die sich nicht mehr an den gesellschaftlichen Rah­men­­bedingungen orientierte? Warum wurde das politische Konzept nicht verändert, sondern die Gruppe aufgelöst? Warum betreibt eine Gruppe keine Nachwuchsarbeit, wenn sich abzeichnet, dass die Mehrheit ihrer Mit­­glieder ins Berufsleben entschwinden wird?

Sollte es sich wirklich um einen Generationswechsel handeln, müsste es aber auch neu entstehende Jugend­antifagruppen geben, die motiviert und mit neuen Ansätzen antreten, die entstandenen Lücken (wenn es denn welche gibt) zu füllen. Auch wenn wir diese Frage in dem hier vorliegenden Schwerpunkt nicht näher untersuchen wollen, können wir die Antwort trotzdem vorwegnehmen: Es gibt diese neu entstehenden Gruppen. Entwarnung? – Keinesfalls.

Der Unterschied zu früheren Generations­wechseln liegt auf der Hand. Es gibt keinen fließenden Übergang von ausscheidenden Antifas und neuen Grup­pen in einer bestehenden Struktur mehr. Denn ist es genau diese wie auch immer geformte Struktur, die fehlt. Würden wir diese Struktur »Orga­ni­sierung« nennen, wäre es genau dieser Mangel an Organisie­rung, den wir »beklagen« würden. Organi­sie­rung bedeutet für uns das gemeinsame Diskutieren von Konzep­ten und deren strategische sowie taktische Umsetzung. Egal, ob regional oder über­regional.

Wir wollen natürlich nicht leugnen, dass es in einigen Regionen vielversprechende Ansätze gibt, doch haben diese regionalen Bündnisse oft das Manko, an dem auch ihre »grossen« Vorbilder litten – es sind meist kurzfristige Zweckbündnisse, in denen die inhaltliche Diskussion, genauer das Erarbeiten einer gemeinsamen Perspektive, zu kurz kommt. Man mag erwidern, dass der Zeitpunkt für eine inhaltliche Neubestimmung denkbar schlecht gewählt ist und in Zeiten von wachsendem Nationalismus, Rassis­mus, Antisemitismus und Repression, derartige Zweckbündnisse im Vorder­grund stehen müssten. Eine Atem­pause haben AntifaschistInnen die gesellschaftlichen Rahmen­bedin­g­­un­-g­en allerdings noch nie gegönnt, meistens ging es kontinuierlich ab­wärts. In diesem Sinne: Wann, wenn nicht jetzt?!