Potsdam: Prozess nach Neonaziangriff auf alternatives Zentrum
Vor dem Potsdamer Amtsgericht wurde am 1. Juni 2005 der Prozess gegen Danny Leszinski (Berlin), Michael G. und Thorsten Sch. (beide Potsdam) eröffnet, die in der Silvesternacht 2002/2003 an einem Angriff auf das alternative Wohn- und Kulturprojekt »Elfi« beteiligt gewesen sein sollen.
Die Neonazis hatten zuvor in der nahegelegenen Gutenbergstraße gefeiert. Am »Elfi« angekommen, rissen zehn der Angreifer die Fensterläden aus ihren Verankerungen und zerstörten sämtliche Fensterscheiben mit Eisenstangen. Anschließend wurde durch ins Haus geworfene Feuerwerkskörper ein Brand verursacht, der noch rechtzeitig gelöscht wurde.
Die anderen 40 Rechten stifteten ihren Kameraden lautstark Beifall. Im Haus befindliche Jugendliche waren im letzten Moment in höhere Stockwerke geflüchtet. Die Neonazis wurden jetzt, über zwei Jahre nach dem Angriff, wegen Brandstiftung angeklagt. Opfer des Übergriffs kritisierten die ermittelnde Staatsanwaltschaft, der Vorwurf der schweren Brandstiftung sei angemessener.
Die drei Prozesstage wurden zeitweise von bis zu 60 Neonazis, insbesondere Anhängern des »Märkischen Heimatschutz«, »Anti-Antifa-Potsdam« und Berliner Kameradschaftlern, verfolgt. Dabei kam es nach Informationen von Prozessbeobachtern zur Bedrohung von Zeugen und zu Rangeleien zwischen linken Jugendlichen und Neonazis.
Der angeklagte 26-jährige Danny Leszinski ist in der extrem rechten Szene in Berlin/Brandenburg kein Unbekannter, er wird dem Umfeld der »Anti-Antifa–Sektion Potsdam« zugerechnet, die im Internet u.a. Adressen und Fotos von politischen Gegnern und alternativen Projekten veröffentlichte, darunter auch vom »Elfi«. Als Verteidiger von Genth trat der für die extrem rechte Szene aktive Wolfram Nahrath in Erscheinung.
Bereits beim zweiten Prozesstag, am 3. Juni, wurde Thorsten Sch. mangels Beweisen freigesprochen. Am 13. Juni verhängte das Jugendschöffengericht gegen Leszinski eine Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Michael G. erhielt eine Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten mit zwei Jahren Bewährung. Weiterhin muss er eine Geldbuße von 500 Euro ans »Elfi« zahlen und 200 Sozialstunden ableisten. Die Staatsanwaltschaft hatte weit höhere Strafen gefordert.