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»White Pride« in Dänemark

Einleitung

Im September dieses Jahres wurden sechs Mitglieder der Gruppe »White Pride« zu insgesamt 26 Monaten Gefängnis verurteilt. Diese Gerichtsurteile sind der vorläufige Schlusspunkt einer Gewalteskalation in der jütländischen Hauptstadt Århus und einer Reihe von Umstrukturierungen in der extremen Rechten Dänemarks.

Bild: attenzione-photo.com

Aufmarsch von 90 Neonazis aus Dänemark, Schweden und Deutschland am 18. August 2007 im dänischen Kolding.

Um die Situationen zu verstehen, muss ein Jahr zurückgeblickt werden. Im Juli 2007 verkündete das extrem rechte Netzwerk »Dansk Front« die Einstellung des Netzwerkes selber und der dazugehörigen Webseite. Dansk Front hatte die Funktion als Sammelbecken für Menschen, welche politisch rechts von der Dansk Folkeparti stehen, inne.

Das Konzept des Netzwerkes ähnelte sehr dem der »freien Kameradschaften« in Deutschland. In seinem 5 jährigen Bestehen existierten Gruppen in allen Teilen Dänemarks. Niemals war die Rechte hier so gut organisiert und in so vielen Landesteilen vertreten. Dansk Front steht auch hinter der grössten Ansammlung von Neonazis in Dänemark seit dem 2. Weltkrieg. 150 Personen versammelten sich im Juni 2006 zu einer Demonstration in Svendborg.

Politische Differenzen wurden beiseite gelegt, um so Einigkeit und Stärke demonstrieren zu können und eine gewisse politische Breite zu ermöglichen. Dieser Versuch führte zu einer inhaltlichen Schwächung, so können die politischen Standpunkte von Dansk Front mit »Dänemark den Dänen« und »gegen die muslimische Einwanderung« leicht zusammengefasst werden.

Die politische Breite und lokale Autonomie war auch gleichzeitig die Ursache für das Scheitern von Dansk Front. Während die führenden Kräfte aus Århus gut organisierte Strategen mit den Wurzeln in der Partei-Jugend der dänischen Volkspartei waren, bestanden die Gruppen besonders in Fredericia, Kopenhagen und auf Fünen aus mehr traditionellen Neonazi-Skinheads, welche immer wieder Linke und EinwanderInnen angriffen. Die daraus resultierende Presseaufmerksamkeit schwächte den Ruf des Netzwerkes in der Öffentlichkeit. Als das Boulevardblatt »Ekstrabladet« im Juli 2006 auf fünf Seiten alle lokalen Anführer und deren Verbindungen zu weiteren extrem rechten Gruppen veröffentlichte, knickte Dansk Front endgültig ein. Vom Sommer 2006 bis zum Ende des Netzwerkes im Juli 2007 waren die meisten Gruppen von Dansk Front nahezu inaktiv. So war es auch keine Überraschung als das Netzwerk dann endgültig kapitulierte.

Abgesehen von Århus bedeutete der Niedergang von Dansk Front gleichzeitig das Ende von organisierten Aktivitäten der extremen Rechten in Dänemark. In Århus und auch in Kopenhagen brachte das Ende von Dansk Front wesentliche Umstrukturierungen innerhalb der Szene mit sich. Diese Prozesse hatten allerdings schon vor dem Ende von Dansk Front erste leichte Formen angenommen.

Im Frühjahr 2007 gründeten eine Reihe ehemaliger Dansk Front Mitglieder, in Kooperation mit ehemaligen Blood & Honour Aktivisten in Kopenhagen und Nordseeland, die Dänische Nationale Front (DNF), welche vom Namen, politisch und auch von den Mitgliedern her sehr dem alten Dansk Front Netzwerk ähnelt. Zwischen 15–20 Neonazis sind hier aktiv. Praktisch ist diese Gruppe eine Kopie von Dansk Front Kopenhagen aus dem Jahre 2006. Nur die jüngeren Aktivisten und Mitläufer, haben sich nach einer Reihe Angriffen von Seiten militanter AntifaschistInnen aus der organisierten Politik zurückgezogen. Zurückgeblieben ist ein Kern,  aus Neonazis, welche viele Jahre organisiert gearbeitet haben und im Durchschnitt um die 30 Jahre alt sind.

Dieser Überblick bringt uns zum Ausgangspunkt zurück, nach Århus. Århus ist Dänemarks zweitgrösste Stadt und auch das Zuhause des Fussballvereins Århus GF. Im Jahr 1994 gründeten junge Rassisten aus dem Fanumfeld von Århus GF die Hooligangruppe »White Pride«. Da bei der Entstehung von Dansk Front Mitglieder von White Pride massiv mitgewirkt haben, waren diese auch am Beschluss das Projekt Dansk Front zu beenden beteiligt. Dies geschah auch aus dem Beweggrund, das eben dieser Personenkreis schon ein neues Projekt in Stellung gebracht hat: Die Vereinigung »Vederfølner« deren Name aus der nordischen Mythologie stammt.

Während Dansk Front offen mit Neonazis zusammengearbeitet hat und Gruppen wie Combat 18 verehrt hat, ist Vederfølner eine Vereinigung mit Mitgliedslisten und öffentlicher Distanzierung von Gewalt und Neonazismus. Das politische Ziel von Vederfølner ist die Abschiebung von allen nicht westlichen EinwanderInnen. Diese Organisationsform ermöglicht es Vederfølner Mitglieder auszuschliessen, wenn nötig. Dadurch kann verhindert werden, das einzelne Abteilungen die ganze Organisation mit in den Abgrund reissen, wie es bei Dansk Front der Fall war.

Die Führungspersonen kommen aus Århus und diesmal deutet alles darauf hin, dass sich das Projekt nicht von anderen Abteilungen und Mitgliedern kaputt machen lassen will. Dansk Front stand für politische Aktivitäten und dafür, die Linke in Århus mit Drohungen, Gewalt und Vandalismus in Schach zu halten. Als Vederfølner auf der Bildfläche erschien, wurden diese zwei Aufgaben verteilt. Vederfølner schob die Schuld für die gewalttätigen Auseinandersetzungen auf White Pride und konnte sich so als Vereinigung von »besorgten Bürgern« präsentieren, während im Schatten dessen White Pride mit seinen Überfällen und Drohungen unvermindert weitermachen konnte. Diese offizielle Trennung der beiden Projekte hielt aber nicht lange.

Das Recherchekollektiv »Redox« erstellte einen Bericht über die Situation in Århus, in welchem eine Reihe der führenden und gewalttätigsten Mitglieder von White Pride öffentlich gemacht wurden. In diesem Bericht beweisen zahlreiche Bilder die personellen Überschneidungen zwischen Vederfølner und White Pride. Vederfølner ist weiterhin aktiv, aber in der Öffentlichkeit steht Vederfølner jetzt eindeutig für die Weiterführung der Dansk Front und enge Kontakte zu White Pride.

Als Reaktion auf die massiven Übergriffe organisierte das antirassistische Netzwerk am 11. Oktober 2008 eine Demonstration in Århus, an welcher etwa 800 Menschen teilnahmen. Gerade einmal 30 Kameraden kamen um White Pride zu unterstützen und dies führte zu internen Querelen. In der Zeit nach der Demonstration hat White Pride alles versucht um den Respekt auf der Strasse wiederzugewinnen. Das linke Zentrum in der Innenstadt von Århus wurde mehrfach angegriffen und am 31. Oktober 2008 wurde der Sprecher vom Antirassistischen Netzwerk brutal von 10–15 Neonazis auf offener Strasse angegriffen und zusammengeschlagen. Trotz etwas schärferen Vorgehens der Polizei gegenüber White Pride sind eine Reihe gewalttätiger Überfälle immer noch nicht aufgeklärt und die Überfälle gehen unvermindert weiter.

Im Großen und Ganzen gesehen ist die extreme Rechte in Dänemark durch den Zusammenbruch von Dansk Front sehr geschwächt. Die kleineren Kameradschaftsgruppen in den kleineren Städten sind verschwunden und der absolut wichtigste Kommunikationskanal, die Internetseite von Dansk Front existiert nicht mehr. Die potentiellen jungen Neonazis haben es nun weitaus schwerer den Kontakt aufzunehmen als zuvor. Nur an einem Ort sieht die Situation anders aus. In Århus haben junge Rassisten die Möglichkeit Gesinnungskameraden bei Heimspielen des Århus GF zu treffen, White Pride hat Zugang zu allen wichtigen Läden des Nachtlebens, ZeugInnen trauen sich nicht auszusagen und die antirassitische Bewegung leidet unter den ständigen Angriffen. Im Moment gibt es leider keine Anzeichen dafür, dass sich die Situation dort in der näheren Zukunft ändern wird.