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Antifaschistischer »Fahndungsaufruf«

Bild: antifa-berlin.info

Neonazis greifen unter den Augen der Polizei linke Protestierer an.

Im Zuge des von Antifaschist_innen erfolgreich verhinderten Neonaziaufmarsches am Samstag den 14. Mai 2011 in Berlin-Kreuzberg griff eine große Gruppe Neonazis vier auf dem Boden sitzende Gegendemonstrant_innen an. Die anwesende Polizei war scheinbar nicht gewillt, den Angriff zu stoppen oder die beteiligten Angreifer festzunehmen. Die Neonazis wurden nach ihrem Überfall von der Polizei lediglich beiseite geschoben und durften anschließend den Tatort ungehindert verlassen. Auch im Anschluss gab es keinerlei Bemühungen, die Täter in der eingekesselten Neonazi-Gruppe zu identifizieren oder festzunehmen.

Die Polizei hatte durch eine Desinformationspolitik von Anfang an versucht, den Neonazis einen ungehinderten Marsch durch Kreuzberg zu ermöglichen. Daher vertrauten Berliner Antifaschist_innen nach eigenen Angaben nicht auf »irgendwelche Nachermittlungen der Polizei«, sondern nahmen die Sache mit dem ungewöhnlichen Mittel eines nicht-staatlichen »Fahndungsaufrufes«1 selbst in die Hand. Dieser veröffentlichte Bilder des Überfalls und der beteiligten Neonazis. Berliner Zeitungen und der Fernsehsender RTL berichteten über diese Veröffentlichung.

Innerhalb weniger Tage konnten so neun Personen ermittelt werden, welche die »Antifa Berlin« der Tätergruppe zurechnet. Die Neonazis Sebastian Z. (Berlin), Dennis K. (Berlin), Christian S. (Berlin), David G. (Berlin),  Jens H. (Eilenburg bei Leipzig), Marcel B. (Ilmenau), Patrick T. (Ilmenau), Michael M. (Wasserleben) und  Steve R. (Chemnitz) sollen auf Fotos des Überfalls als Täter und Mittäter identifiziert worden sein.

Einige von ihnen sind Antifaschist_innen bereits in der Vergangenheit als neonazistische Gewalttäter und Mitglieder neonazistischer Strukturen aufgefallen. Eine Sprecherin des unabhängigen Berliner Recherchekollektives »Fight Back« erklärt hierzu in einer Pressemitteilung: »Um zukünftig solche Überfälle zu verhindern, ist es nicht nur notwendig die Täter öffentlich zu machen, sie müssen kontinuierlich in ihrem Handlungsspielraum effektiv eingeschränkt werden.« Der Demonstrationsanmelder und Berliner NPD-Funktionär Sebastian Schmidtke wies in einer »Stellungnahme zu der von mir, als Privatperson, angemeldeten Demonstration am 14.05.2011« darauf hin, »daß Teilnehmer meines Aufzuges, wenn es zu Auseinandersetzungen kam, in Notwehr oder Nothilfe gehandelt haben.« Wie diese Behauptung mit den Bildern der Neonazi-Demonstration vereinbar ist, welche zeigen, wie auf eine Unterzahl am Boden liegender Gegendemonstranten eingetreten und geschlagen wird, wird ein Gericht klären müssen. Die Berliner Polizei hat nach Presseberichten inzwischen drei rechte Schläger identifiziert.