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»Combat 18« inside !

Einleitung

Nazi - Informant Darren Wells über die Terrorgruppe »C-18«

Ein führender Kader der britischen Neonaziterrorgruppe Combat 18 outete sich in der Dezember-Ausgabe der internationalen antifaschistischen Zeitung "Searchlight" als Aussteiger und Informant der Zeitung. Das AIB dokumentiert das Interview mit Darren Wells in Auszügen. Wells kam 1994 zu Combat 18 (C18) und gehörte jahrelang zum engen Kreis um die C18-Anführer Will Browning und Charlie Sargent. Ausserdem betreute Wells die C18-Rechtsrockproduktion ISD Records, durch deren Profite C18 ihre Aktivitäten finanzieren konnte.

Searchlight: Welche Bedeutung hatte C18 für Dich?

Wells: Die Gruppe gab mir die Möglichkeit, loszuziehen und meine Wut über alles auszudrücken, worüber ich mich in der Gesellschaft ärgerte. Und das war wahnsinnig toll, weil ich vorher nie die Gelegenheit dazu hatte. Ich dachte immer, dass ich der einzige wäre, der sehen konnte, wie schlecht das Land behandelt wurde. Dann kamen andere Faktoren dazu. Je häufiger wir mit unseren Aktivitäten ungestraft davon kamen, desto mächtiger und wichtiger fühlten wir uns. Dieses Gefühl von Macht war der Schlüssel für viele Entscheidungen, die ich ansonsten nicht getroffen hätte. Sicherlich auch, weil es niemanden sonst gab, der die Sachen gemacht hätte, die Will (Browning, Anm. d. Ü.) machen wollte.

C18 hat den »Rassenkrieg« gepredigt und wollte 1997 Briefbomben von Skandinavien nach England verschicken. Was hat C18 wirklich geglaubt, zu erreichen?  1

Wir dachten, dass wir das Boot so zum Wanken bringen könnten, dass etwas passieren würde. Das waren natürlich alles nur Fantasien, aber wir begannen, in unserer eigenen surrealen Welt zu leben. Ich glaube nicht, dass irgendwer von uns wirklich dachte, dass wir tatsächlich die Kontrolle über das Land übernehmen würden. Aber wir dachten, wir könnten genügend Schaden verursachen, und dann diesen grandiosen Heldentod sterben, um Märtyrer wie die Leute von The Order zu werden. 2 Ausserdem muß man bedenken, dass alle in einer Gruppe wie der unsrigen eigentlich nur als Teil der Gruppe lebten, wir hatten ein einziges, Leben. Die Gefühle haben sich hochgeschaukelt. Wie schon gesagt, man verliert den Bezug zur Realität, weil wir überzeugt waren, dass wir kurz davor waren, etwas wirklich Riesiges zu machen, und dann in einem entsprechenden Glorienschein zu sterben. Und das war alles, was für uns zählte. Das einzige, wovor wir Angst hatten, war, dass wir geschnappt würden, bevor wir losschlagen konnten. (...) Will wusste, dass er in den Knast kommen würde, deshalb wollte er ein Statement machen, dass eine Gruppe innerhalb von Combat 18 – unabhängig davon, ob sie als solche bekannt wäre oder nicht – einen Schritt weiter gehen würde. Ich glaube, das war seine Antwort auf die Kritiker, die behaupteten, C18 würde nur reden. Aber Dänemark sollte natürlich nur der Anfang sein.3 Es gab Gerede über eine zweite Bombenwelle einige Zeit später: Eine ganze Woche sollte mit der Produktion der Sprengsätze verbracht werden, hunderte davon, und dann sollten sie alle am gleichen Tag von verschiedenen Orten an unterschiedliche Ziele überall in Europa verschickt werden. Die Polizei würde vielleicht einige davon abfangen, aber viele würden durchgehen. Kannst Du Dir vorstellen, welche Konsquenzen es gehabt hätte, wenn in England 150 Briefbomben durchgekommen und an einem Tag explodiert wären? Es hätte Riots in den Straßen gegeben. Niemand hatte sich je zuvor überhaupt so etwas ausgedacht.

Aber der Plan wurde nicht ausgeführt. Das war doch alles nur Kneipengerede, oder?

Vielleicht, aber damals 1996 waren einige Leute völlig von der Geschichte von Robert Matthews 4 eingenommen und wollten ihm hier nacheifern. Das wurde zu unserem einzigen Lebenszweck und wurde wichtiger als alles andere: Die Leben der Leute, ihre Jobs und Familien bedeuteten nichts mehr. Alles was zählte, war so zu werden wie unserer Vorstellung nach The Order war. Aber dann wurde Thomas Nakaba 5 wegen der dänischen Bomben verhaftet, und – viel wichtiger – Charlie Sargent brachte Chris Castle um. 6 Das hatte enorme Auswirkungen. (...) Von dem Punkt an hörte C18 eigentlich auf zu existieren.

Wie wichtig waren die Freundschaften und Kameradschaft für die Aktivitäten von C18 im Vergleich zur politischen Ideologie?

Ich glaube, dass beides zusammenhing, auch wenn ich denke, dass das eine nicht ohne das andere überlebt hätte. Was ich damit meine ist einfach: Jeder hatte die gleichen politischen Überzeugungen, aber ich glaube, das hätte die Leute nicht so zusammengeschweißt, wenn es nicht auch noch den sozialen Aspekt gegeben hätte. Wir haben zum Beispiel gemeinsam die Ausflüge nach Deutschland gemacht. Es war noch nicht mal eine rassistische Sache im eigentlich Sinn, sondern wie ein Ausflug von wilden Jungs nach Deutschland. Man ist in den Bus gesprungen, hat ein paar Lagen Bier mitgenommen, ein paar Socken und ein Paar Hosen, und dann ging es los auf einen wilden Trip. Das war jeden Monat wie eine endlose Party.

Warum hast Du angefangen, für Searchlight zu arbeiten?

Ich hatte keine Lust mehr auf die extreme Rechte. Ich hatte angefangen, die Szene zu durchschauen. Zum Jahresende 1998 schlug jemand vor, dass ich nach Deutschland reisen sollte, um dort ein paar Bomben zu bauen und sie abzuschicken. Ich habe dann angefangen, mein Leben noch mal neu zu betrachten und begriff, dass ich nicht mehr mit dem Herzen dabei war. Ausserdem sah ich die Unfähigkeiten in der extremen Rechten und vor allem die vielen Idioten innerhalb der Szene. (....) Anfang 1999 verschärfte die Polizei ihr Vorgehen gegen uns, und mir wurde klar, dass ich einige Entscheidungen treffen musste. Aber ich hatte noch Freunde in der Szene. Indem ich für Searchlight arbeitete, gab ich etwas zurück und versuchte, die Fehler meiner Vergangenheit und das Elend, das meine Politik Menschen zugefügt haben könnte, wieder gut  zu machen. Gleichzeitig versuchte ich, indem ich Informationen weitergab, meine engen Freunde vor Ärger zu bewahren. Ich dachte, wenn ich Sachen verhinderte, bevor sie geschahen, würden diejenigen, die mir wichtig waren, nicht wegen noch größerer Sachen verhaftet werden. Das hört sich vielleicht dumm an, aber das war Teil meiner Motivation.

Viele dieser engen Freunde werden Dich jetzt als Verräter ansehen. Wie fühlst Du dich dabei?

Natürlich will niemand als Verräter gelten. Aber offensichtlich ist mir bewußt, dass Leute mich für das, was ich getan habe, verdammen werden. Um ehrlich zu sein, ist es mir ziemlich egal, was die meisten Leute denken. Es gibt nur ein paar, die mir etwas bedeuten. Ich hoffe nur, dass sie darüber nachdenken, was ich getan habe. Es wäre einfach für mich gewesen, zur Polizei zu gehen, einen Sack voll Geld zu kassieren und alle in den Knast zu schicken. Aber das habe ich nicht getan.. Vielleicht werden sie an irgendeinem Punkt in der Zukunft, wenn sie selbst am Nazismus zu zweifeln beginnen, auf das zurückschauen, was ich gemacht habe und denken, dass ich etwas Ehrenhaftes getan habe. Vielleicht danken sie mir dann dafür, dass ich sie dazu überredet habe, bestimmte Sachen nicht zu machen, für die sie viele Jahre im Knast gelandet wären. Das würde ich mir jedenfalls wünschen. (...)

Das AIB dankt der internationalen Antifazeitung Searchlight für die Vorabdruckgenehmigung.
Wer das vollständige Interview im Original lesen möchte, sollte bei www.searchlightmagazine.com nachgucken oder das Buch »White Riot - The violent story of Combat 18« bestellen bei:

Searchlight
P.O. Box 1576
Ilford,
Essex IG5 ONG.

  • 1Anfang 1997 verschickten skandinavische Neonazis Briefbomben an Antifaschisten in England, eine schwedische Nachrichtensprecherin und einen abtrünnigen »Kameraden«. Der 24jährige Schwede Niclas Loefdahl (Aktivist der Gruppierungen Arische Bruderschaft und Combat 18) wurde am 15. August 1997 als weiterer mutmaßlicher Briefbomben-Absender verhaftet. Die schwedische Polizei verdächtigte ihn als den Versender einer am 5. Mai 1997 im Göteborger Postamt explodierten Briefbombe, die an ein Mitglied der konkurrierenden Neonazi-Gruppe Nordland adressiert war. Er soll auch im März 1997 eine (nicht detonierte) Briefbombe an die schwedische Justizministerin Laila Freiwalds verschickt haben, die den Absender C18 trug.
  • 2The Order: US-amerikanische Neonaziterrorgruppe, die zwischen 1983 und 1985 mit Banküberfällen,Bombenanschlägen, Morden an Polizisten und einem jüdischen Talkshow-Moderator für Schlagzeilen sorgte. »The Order« hatte auch ein literarisches Vorbild in dem Roman »Turner Diaries« des US-amerikanischen Neonazis William Pierce. Die »Turner Tagebücher« werden von Rechtsextremisten international als Vorlage für den Aufbau von militanten Neonazizellen nach dem Konzept des sogenannten »führerlosen Widerstands« angesehen. In dem Roman zieht eine fiktive Gruppe namens »The Order« gegen alles, was nicht dem rechten Weltbild entspricht, in den »heiligen Rassenkrieg«. Das ultimative Ziel: Die Vernichtung der US-Bundesregierung, die im Jargon der Neonazis als »Zionistische Besatzungsregierung« (ZOG) bezeichnet wird.
  • 3Am 18. Januar 1997 wurden sieben dänische Neonazis (u.a. DNSB-Mitglieder) in Nivaa bei Kopenhagen verhaftet und drei unfertige Briefbomben (getarnt als Videokassetten) in Limhamn bei Malmö sichergestellt die an britische Adressaten gerichtet waren. Bei anschließenden Hausdurchsuchungen in Dänemark wurden zwölf Zünder, Sprengstoff und ein Revolver beschlagnahmt. Während der Polizeiaktion wurde der dänische Neonazi Thomas Derry Nakaba verhaftet. Bei seiner Festnahme schoß er einen Polizisten an.
  • 4Robert Matthews, einer der Gründer von »The Order«, starb im Dezember 1984 während eines 36-stündigen Schußwechsels mit dem FBI, als sein Munitionsvorrat explodierte. Er wird seitdem von Neonazis weltweit als Märtyrer verehrt.
  • 5Der dänische Neonazikader Thomas Nakaba wurde 1997 wegen drei Briefbomben in Schweden verhaftet, die er von dort aus an abtrünnige C18 Gesinnungsgenossen schicken wollte. Hintergrund waren Konkurrenzkämpfe zwischen »Nordland« und C18 um die Kontrolle des lukrativen »White-Noise-Marktes«. Am 2.9.97 wurde Nakaba zu acht Jahren, seine Mittäter Michael Volder und Nicy Steensgaard zu jeweils drei Jahren Freiheitsstrafe wegen Beteiligung an der Versendung von Briefbomben verurteilt.
  • 6Charlie Sargent und Martin Cross von Skrewdriver töteten im Februar 1997 bei einem gruppeninternen Machtkampf den Neonazi Chris Castle. Sargent wurde dafür 1998 zu 30 Jahren Haft verurteilt. Danach übernahm Will Browning die Führung bei C18. Für weitere Informationen in Bezug auf C18 vgl. AIB Nr. 23 und AIB Nr. 43