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Akademisches Mentorat

Einleitung

Nichts ist den extrem rechten Gruppen wichtiger als eine Legitimation ihrer Propaganda von wissenschaftlicher Seite. Auf eine besondere Unterstützung in allem was gegen den Antifaschismus gerichtet ist, kann sich die Rechte seit nunmehr über 40 Jahren auf den Bonner Politikwissenschaftler und Buchautor Prof. Hans-Helmuth Knütter verlassen. Heute gilt er als der profilierteste Mentor der Anti-Antifa Bewegung als geistige Kampfgemeinschaft gegen Links. 

Bild: Faksimile aus »Mut« Nr. 78, Oktober 1990

Hans-Helmuth-Knütter

Lifelines

1954 in Stralsund geboren, studierte er von 1954-59 Politikwissenschaften u.a. beim »Totalitarismuspapst« Prof. Bracher in West-Berlin. Dieser nahm ihn als seinen Ziehsohn und Assistent mit zur Uni Bonn, wo er 1960 promovierte. Bereits in den Frühen 60er Jahren fällt Knütter durch abstruse Veröffentlichungen auf, indem er die DVU-»National-Zeitung« zu einer wertvollen und inhaltlich legitimen Ergänzung der Presselandschaft erklärt. Einen Schritt weiter geht er in seiner 1970 beendeten Habilitationsschrift mit dem Thema: »Die Juden und die deutsche Linke 1918–1933«, in der er den Juden eine zentrale Mitschuld an ihrer Vernichtung attestiert. Seine treuen Dienste für Bracher, seine CDU Mitgliedschaft sowie sein Engagement beim »Bund Freiheit der Wissenschaft« brachten ihm vermutlich 1972 eine H3-Professur am politischen Seminar der Uni Bonn ein. In wissenschaftlichen Fachkreisen zeigte man sich besorgt über seine wirren Theorien, bzw. wurde er fachlich als schwach und wenig effektiv beschrieben. Trotzdem blieb er bis zu seiner Emeritierung Ende der 90er Jahre in Bonn aktiv und widmete sich in seinen letzten Jahren noch dem Aufbau der Uni Greifswald.

Theorie und Praxis eines »Katheder-Torquemadas«1

Sein eigentliches Augenmerk galt immer seinen zentralen Kampfbegriffen. Dem Antifaschismus als instrumentalisiertem Knebel gegen ein politisch selbständiges Deutschland und einer Enttabuisierung des Faschismus als moralischem Störfaktor für diese Politik. Was sich anfänglichst noch als eine verquere Sozialisation durch das antikommunistische Nachkriegsklima und die vermeintliche Bedrohung durch die aufkeimende Linke an den Universitäten der 60er Jahre interpretieren ließe, zeigt im Laufe der Jahre klarere Züge. Bereits 1972 konstatierte die Zeitung der Bonner Studentenschaft AKUT zu der Berufung Knütters: »...Keine Erweiterung des Lehrangebotes – erhöhte Einflussmöglichkeit eines extrem mitbestimmungs- und studentenfeindlichen Dozenten, der sich weniger durch wissenschaftliche Leistung, als durch seine reaktionären politischen Aktivitäten profiliert hat: Die Quintessenz seiner 10-Jahres-Habilitation: Die Juden selbst, die Linken und ein wahrscheinlich gottgewollter Antisemitismus waren eigentlich Schuld an der Massenvernichtung der Juden im Dritten Reich. Kein Wort vom Faschismus und seinen Ursachen, kein Wort von der Arisierung jüdischer Unternehmen...«2

Ab Mitte der 80er Jahre konzentriert er sich auf seinen Antifaschismusbegriff, im Vorwort seines Buches »Kritik des Antifaschismus« heißt es: »Sie dient der Enttabuisierung des Faschismus und der Kritik des Antifaschismus«. Für Knütter ist Antifaschismus grundsätzlich »eine Haltung, die nicht nur moralisch, sondern auch ökonomisch argumentiert und auf die Herstellung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung abzielt«. Wer sich so engagiert gegen den Antifaschismus stellt, braucht sich über Zuspruch der extremen Rechten nicht wundern. Es ist allerdings oft kaum zu unterscheiden, von welcher Seite die Affinitäten ausgehen.

Vom geistigen zum praktischen Anti-Antifaschismus

Knütters Umtriebe haben eine lange Vorgeschichte. Bereits Mitte der 60er Jahre sammelte sich an der Uni Bonn eine »Schwarze Zelle«  um Knütter, um gegen den wachsenden Einfluss der politischen Linken vorzugehen. Denunziatorische Dossiers gegen die Studenten, die eine Auflösung der verfassten Studentenschaft verhindern wollten, tauchten in Unterlagen der politischen Polizei als Niederschriften Knütters auf. Burschenschaftler, die ihm zuarbeiteten wurden unter den Kommilitonen als »Knütter-Buben« bezeichnet.3 Seine Sammelleidenschaft zeigt sich 1980, als er alles daran setzte, einen ehemaligen Studenten, der sich als Lehrbeauftragter an der Uni bewarb, wegen dessen früherer Mitgliedschaft in einer von Knütter als links verdächtigten Studentengruppe Ende der 60er (erfolgreich) zu verhindern.

Der »Extremismusexperte« wird in seinem Kampf zunehmend auch vom Innenministerium als Berater herangezogen. Parallel trat er auch als Mentor eines von ihm gegründeten »Ost-West AK« an der Uni Bonn auf, der nach skandalösen Veranstaltungen mit dem Rechtsextremisten Hans-Dietrich Sander, Auschwitzleugner David Irving und Neonazi Frank Rennicke 1992 aufgelöst werden musste. Studentische Funktionäre jenes Arbeitskreises waren teils Mitglieder rechter bis neonazistischer Organisationen, so Ralf Küttelwelsch von der »Wiking Jugend«-Abspaltung »Sturmvogel« oder Andreas J. von der »Initiative Gesamtdeutschland«, bis hin zu Zöglingen Knütters, wie Andreas Zehnter, der in rechten Periodika im Sinne des Lehrmeisters gegen Antifaschismus agitierte. Ab Mitte der 90er Jahre initiierte Knütter ein neues Projekt und versuchte einen Kreis von Autoren und Studenten über die Uni Bonn zu organisieren, die sich publizistisch in arbeitsteiliger Weise mit dem Thema »Linksextremismus« auseinandersetzen sollten.

Knütter gefällt sich zunehmend in seiner Vorreiterrolle, so dass sich rückblickend sagen lässt, dass er seit seinem »coming out« in den frühen 90er Jahren fast flächendeckend in der ganzen Bandbreite extrem rechter und neokonservativer Periodika und Veranstaltungen auftritt. Diese Offenheit mag mit seiner anstehenden Emeritierung Ende der 90er in Zusammenhang stehen und der Erkenntnis, dass er sich mit einigen Auftritten zu weit aus dem anti-linken Konsens des bürgerlichen Lagers entfernt hatte. So durch seine bekundete Sympathie gegenüber dem militanten Kreis der extremen Rechten, als er in kämpferischen Ausführungen bei einem Hinterzimmertreffen die Arbeitsteilung von geistigen Kämpfern und den militanten Kampf der Jugend auf der Straße forderte. Dumm nur, dass dies heimlich gefilmt im Fernsehen gesendet wurde.

Die Folge war ein Rückschlag für Knütters Vernetzungsversuchen zwischen dem extrem rechten und bürgerlich-konservativen Lager. Seine Beteiligung an dem Extremismus & Demokratie Sammelband der Totalitarismusforscher Backes und Jesse endete abrupt, genauso wie seine Engagements für die Bundeszentrale für politische Bildung und seine Beziehungen zum Innenministerium.

Zu weit aus dem Fenster gelehnt
Vom Undank seiner »politischen Elite« getroffen, welche ihn hatte fallen lassen gründete er eine Initiative: »David gegen Goliath« und die Internetplattform »Links Enttarnt«, wo er sich als Opfer des Antifaschismus stilisiert. Trotzdem bleiben seine Verbindungen gut, wenn man bedenkt, dass er bis heute CDU-Funktionsträger ist und Sympathisanten für seine Ansichten hat. Vielleicht schließt sich damit ein Lebenskreis, wenn man dem Gerücht trauen darf, dass Knütter sich damit brüstet, seine Familie habe sich am Ende des Ersten Weltkrieges dadurch ausgezeichnet, in Stralsund in einem Freikorps an der Niederschlagung revoltierender Matrosen der Kaiserlichen Marine beteiligt gewesen zu sein. 

  • 1Torquemada war der berüchtigste spanische Kardinal der ersten Inqusitionswelle im 15. Jahrhundert. Er ist Synonym der Verfolgung Andersgläubiger mittels Bespitzelung, Denunziation und Folter.
  • 2AKUT Nr. 85, 17.4.1972
  • 3AKUT Nr. 110, 25.6.1974