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Die NS-Black-Metal-Szene

Einleitung

Von Wotan, Tod und Teufel

Black Metal ist die extremste Steigerung des Heavy Metal. In der '80er Jahren war diese Musikrichtung eng verbunden mit dem Namen der englischen Band Venom. Sie waren die Namensgeber des Genre und setzten die inhaltlichen Maßstäbe: Satansverehrung oder ähnlich okkulte Themen bestimmten die Texte, allerdings waren die vorgetragenen Themen eher Image als feste Überzeugung.

Mit Beginn der '90er Jahre erlebte die Black Metal Szene einen neuen Boom - ausgelöst durch Bands aus Norwegen, allen voran Mayhem, Darkthrone und auch Burzum. Skandinavien wandelte sich zum Mekka der Szene weltweit. Aber die skandinavischen Bands setzten auch andere inhaltliche Schwerpunkte: Der Teufel, biblischer Widerpart Gottes, wurde als Gallionsfigur der Black Metal Szene abgelöst von den Göttern der nordischen Mythenwelt. Damit wurde der Black Metal gänzlich von christlichen Bezugspunkten befreit. Die Anhänger des Black Metal sahen sich nun mehr als die Retter und Bewahrer der nordischen Religionen, die während der Christianisierung vor Jahrhunderten untergingen. Der christlichen Kirche erklärten sie den Krieg, sinnbildlichen Ausdruck dessen ist die massenhafte Brandstiftung an Kirchen in Skandinavien.1

Besonders hervor tat sich dabei Christian "Varg" Vikernes, Kopf der Band Burzum. Für ihn ist Christentum lediglich eine Variante einer von ihm beschworenen jüdischen Weltverschwörung, deren Ziel es Vikernes zufolge ist, alle Menschen unter jüdische Herrschaft zu zwingen. Diese antisemitische Interpretation ist der Ausgangspunkt für einen Teil der Black-Metal-Szene, die sich selbst als NS-Black-Metal bezeichnet. 2 Die thematischen Bezüge der NS-Black-Metal Bands unterscheidet sich nicht wesentlich von den andere Black Metal Bands. In ihrer inhaltlichen Bestimmung, insbesondere in der Feindbestimmung, wird ihr Standpunkt jedoch sehr schnell deutlich. Als Hauptgegner identifizieren die Akteure des NS-Black Metal das »judeo-christliche System« in derselben Manier wie Vikernes. Die im Black-Metal viel beklagte Christianisierung ist in ihrer Lesart eine Waffe jener vermeindlichen Verschwörer, um die Welt u versklaven und zu beherrschen. Ebenso wird die christliche Ethik als widernatürlich klassifiziert, als Eingriff in die Ausleseprinzipien der Natur. Sie wird verantwortlich gemacht für einen angeblichen kulturellen Verfall der Gesellschaft. Als Ausweg wird die Rückkehr zu imaginären heidnischen Wurzeln gefordert, zurück in eine Gesellschaft, die in ihren Vorstellungen nach dem Primat des Stärkeren hierarchisch strukturiert ist und qua Rassismus und Krieg sich nach außen abgrenzt. Das 'Dritte Reich' interpretieren die Vertreter des NS-Black-Metal folglich vorwiegend über seine vermeindlichen okkulten Wurzeln und stilisieren es zu ihrem gesellschaftlichen Vorbild.

Sie beziehen sich dabei positiv auf die in ihren Augen vorbildlichen »Rasse-Gesetze«, die Militarisierung der Gesellschaft, die Maßnahmen zur Eugenik und Euthanasie und die Vernichtung der europäischen Juden. 3 Vikernes wurde 1993 wegen Mordes an dem Sänger der Band Mayhem, wegen mehrfacher Brandstiftung, Friedhofsschändung und illegalem Waffenbesitz zur Höchststrafe von 21 Jahren Gefängnis verurteilt. Aus der Inhaftierung heraus baute Vikernes die Allgemeine Heidnische Front (AHF) auf 4 , die mittlerweile in neun europäischen Ländern vertreten ist. Als ideologischen Leitfaden fungiert ein von ihm verfaßtes Buch namens Vargsmål, das der wegen Todschlag verurteilte Sänger der NS-Black Metal Band Absurd Hendrik Möbus in einem Interview des Szene-Magazin Viking Force preist: »'Mein Kampf' war gestern; 'Vargsmål' ist heute!« An einer deutschen Übersetzung wird gearbeitet, die ersten Kapitel sind bereits auf der Homepage der Deutschen Heidnischen Front (DHF), der deutschen Sektion der AHF, zu finden.

Die deutsche NS-Black-Metal-Szene

Der Schwerpunkt der Szene befindet sich in Thüringen. Die Band Absurd um Hendrik Möbus („Jarl Flagg Nidhögg“), Andreas Kirchner („Chuck Daniels“) und Sebastian Schauseil („Dark Mark Doom“) aus Erfurt ist sozusagen das Zentrum. Berühmt berüchtigt wurde Absurd nach dem an ihren Mitschüler Sandro Beyer 1993 begangenen Mord. Die drei damals 17-jährigen Bandmitglieder Sebastian Schauseil, Hendrik Möbus und Andreas Kirchner lockten Beyer unter einem Vorwand zu einem Treffen und erdrosselten ihn dort gemeinschaftlich mit einem Stromkabel. Für den Mord zeigen sie bis heute keine Reue, sondern verherrlichen in eher noch. Absurd besitzt in der NS-Black-Metal Szene Kult-Status, der perfider weise aus der begangenen Tat herrührt. Hendrik Möbus unterhält zusammen mit seinem Bruder und dem späteren Absurd-Sänger Ronald Möbus 5 das Szene-Label und den Versand Darker Than Black Records (DTB) in Erfurt. Seit einigen Monaten firmiert DTB als Sublabel von Haie Record, dem Label von Mirko Hesse aus Sebnitz/Hohwald, einem führenden Neonazi-Skinhead und Gründer der Sächsischen Hammerskins (SHS).

DTB ist das größte deutsche Label für NS-Black Metal, auf ihm veröffentlichen u.a. die Bands Barad Dür/Erfurt, Mjölnir/Köln, Winterblut/Rückersdorf, Abyssic Hate/Australien, Kristallnacht/Frankreich, Thor's Hammer/Polen. Auch an internationalen Projekten sind sie beteiligt, beispielsweise dem Sampler: »The night and the fog. A tribut to the national socialist Black Metal Underground.« Die ersten 88 Bestellungen wurde laut einem Flyer mit Erde aus Auschwitz ausgeliefert. Der aktuelle Tonträger »Asgardsrei« von Absurd wurde von einem imaginären Label namens IG Farben Produktion verlegt. Es ist anzunehmen, daß dahinter DTB steht. Die Vinyl Fassung der CD erscheint in Polen über Wolf-Tower Rec., dem Label von Artur Ciesielski aus Oswiecim (Auschwitz) und soll einige Lieder mehr als die CD enthalten. Die Verlagerung der Produktion nach Polen läßt vermuten, daß die Aufmachung der Platte nicht im Einklang mit bundesdeutschen Gesetzen stehen wird. Auf dem Tonträger Asgardsrei unterstützen einige andere Musikern Absurd, u.a. Josef Maria Klumb und Raymond Plummer, die eher aus der rechten Darkwave-Szene bekannt sind 6 und Marciej Dabrowski ("Capricornus"). Dabrowski stammt aus Wroclaw in Polen und spielt zusammen mit Robert Fudali ("Rob Darken") in der antisemitischen Black Metal Band Graveland, die bei No Colours Records von Steffen Zopf aus Sachsen unter Vertrag sind. Weiterhin ist Dabrowski Kopf der NS-Black-Metal Band Thor's Hammer, veröffentlicht das Fanzine Into the Pentagram und fungiert außerdem als Herausgeber des Fanzine Asgardsrei, daß in Deutschland bisher über DTB vertrieben wurde.

Neben Absurd ist Hendrik Möbus noch bei der Band Heldentum von Jens Beutel ("Brandolf") beteiligt. Beutel selbst unterhält einen Versand namens Burznazg, auf dem er u.a. die neonazistische australische Band Stear of Loginus veröffentlicht.

Politisch aktiv sind die Thüringischen Mannen in der DHF, die sich sehr bedeckt hält, wo sie in Deutschland ansässig ist. Im Raum Nürnberg galten die beiden organisierten Neonazis Heiko W. und Torsten M. als Vertreter dieser Gruppierung. In einem Interview mit Varg Vikernes (Burzum) im deutschen Blood & Honour allerdings wurde für Interessierte der AHF bzw. DHF die Adresse von DTB als Kontakt angegeben! 7 Obwohl Thüringen aufgrund der Aktivitäten von Absurd & DTB sowie deren Urnfeld, insbesondere hinsichtlich der engen politischen Verflechtung mit der neonazistischen AHF, als Schwerpunkt bezeichnet werden kann, stehen andere Regionen dem im Grunde nicht nach, zumindest hinsichtlich der Aktivitäten im subkulturellen Milieu des NS-Black-Metal. Aus Seelübbe (Mecklenburg Vorpommern) stammt der kleine Versand & Demo-Label Boddel von Oliver Biederstedt, der außerdem noch das Fanzine Aurora Borealis heraus gibt. Oftmals fallen Label & Versand (bzw. Mailorder-Liste) mit der Herausgabe eines Fanzine zusammen, weitere Beispiele sind das Fanzine Germarnenmacht und das Viking Force, die von Richard Neu (Berg. Gladbach) herausgegeben werden. Neu selbst spielt in der Band Siren und ist Inhaber des Label Silence like death Records. Bei Michael Melzer (Duisburg) ist das Fanzine Leichenkuss erhältlich, nebenher unterhält er das Label/Versand Darkempire Prod. Aus Oberhausen stammt das Fanzine Finsternis von Jennifer Schneidereit. Aus Düsseldorf das Zine Darkness, herausgegeben von Sarah Helmich. Sven Goldberg aus Salzgitter veröffentlicht das Fanzine Satanic Terror und hat ebenfalls ein Mailorder-Angebot. Aus dieser Stadt stammt auch das Fanzine Dämmerung von Thorsten Teuber. Das Magazin Gefjon wird von A. Marquardt aus Niederwetz heraus gegeben, der auch einen Mailorder-Versand namens Vargulf Prod. führt. Das Fanzine Fimbul Vintert wird von Kai Römer aus Rodgau veröffentlicht. Brian Gaus, Kopf der NS-Black-Metal Mjölnir aus Köln hat den kleinen Versand Trudheim Prod. inne. In den genannten Zine's werden Interviews mit den einschlägigen NS-Black-Metal Bands veröffentlicht. Die Aussagen der Interviewer und Interviewten sind mehr oder wenig stark von antisemitischen, rassistischen oder nationalistischen Phrasen durchsetzt, die Variationsbreite reicht von rassistischem Sprücheklopfen bis zu Listen mit Firmen in jüdischem Besitz und der Aufforderung zum Boykott »Kauft nicht bei JUDEN!«. Hinter der Selbstbezeichnung Prod. bzw. Label stehen oftmals nur einzelne Veröffentlichungen, in der Hauptsache Demo-Bänder und Single's, seltener werden CDs oder LPs hergestellt.

Die Produkte werden über die verschiedenen Angebotslisten vertrieben. Direkte Werbung für Organisationen der extremen Rechten unterbleibt zumeist. In der NS-Black-Metal Szene werden eher heidnisch-politische Gruppen bevorzugt, so wie die genannte AHF oder auch die Church of the Creator (COTC) aus den USA. 8 Einen Versuch zur Organisierung bzw. zum Gedankenaustausch innerhalb der Szene stellt die Initiierung des Arischen Black Metal Forum (ABMF) von Sarah Helmich und Thorsten Albinus aus Mettmann da. Zweck der Gründung soll der gemeinsame Austausch via Newsletter sein. Die Themen sollten solche sein, die für »intelligente Rechte innerhalb der Szene« von Interesse sein könnten: »Black Metal und Heidentum, der Ruhm des 3. Reichs ...«" Im Schatten aufstrebender Black Metal Bands, allen voran die Norweger von Dimmu Borgir und die Engländer Cradle of Filth, die ihre CDs in fünfstelliger Auflagenhöhe vertreiben, gedeiht der Black Metal Underground. Die erfolgreichen Bands des Genre werden von ihnen als 'mainstream' abgelehnt.

Verbindungen zur Neonazi-Skinszene

Großes Interesse am NS-Black-Metal zeigt seit einiger Zeit die neonazistische Skinhead-Szene. Über alle Querelen hinweg werden in ihren Fanzines Interviews mit den Bands der Szene geführt, ihre Platten positiv besprochen und für gegenseitiges Aufeinanderzugehen geworben. Neben der Zusammenarbeit zwischen Hesse und Möbus entstanden bisher weitere Kooperationen. "Hagen von Tronje" Autor beim oben genannten Germanenbrief schreibt mittlerweile auch für die Skinhead-Bravo ROCK NORD (Langenfeld). Der Mitarbeiterstamm des fränkischen Kreuzritter wurde um zwei NS-Black-Metaller erweitert, die jetzt ein Heft im Heft, mit dem Namen Blutaar machen.

Düstere Aussichten

Die NS-Black-Metal Szene ist eine weitere Bereicherung einer sich ausbreitenden rechten Subkultur, die schon lange das Niveau dumpf-monotoner Oi-Musik hinter sich gelassen hat. Ihr positiver Bezug auf direkte Aktionen und die Verherrlichung von terroristischen Aktionen, Gewalttaten und Massenmord sind nicht nur Image, sondern schon oft unter Beweis gestellt. Gerade das fasziniert die neonazistischen Skinheads. Leider fehlt es dem Rest der Black-Metal Szene, insbesondere dem musikalischen Underground an ernsthafter Distanzierung gegenüber den neonazistischen Auswüchsen, so daß der Agitation von Rechts die Tore weit geöffnet sind - in eine im Wachsen begriffene Jugendkultur.

  • 1Im Zeitraum von 1992 und 1998 wurden in Skandinavien 47 Kirchen bis auf ihre Grundmauern niedergebrannt. Vgl. Searchlight, No. 280, Oktober 1998, S. 16.
  • 2Vgl. dazu ausführlich: C. Dornbusch: Unheilige Allianz. Black Metal zwischen Heidentum und Neonazismus. In: analyse & kritik. Nr. 428, 07/99
  • 3Vgl. C.Dornbusch: Nacht und Nebel. Black-Metal zwischen Heidentum und Nationalsozialismus. In: DRR, Nr. 60, 09/99.
  • 4Siehe dazu: Searchlight, No. 280, Oktober 1998, S. 19.
  • 5Nachtrag der Redaktion (2004): Ronald Wolf Möbus (Eckartsberga) nahm im Juni 2004 zusammen mit Heike Langguth (Eckartsberga) an der Sommersonnwende der neonazistischen  „Artgemeinschaft Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ von Jürgen Rieger im Hotel Hufhaus/Harzhöhe in Ilfeld teil.
  • 6Vgl. da/u; C.Dornbusch: Wotan mit uns! Neues von Josef Klumb. DRR, Nr. 60, 09/1999.
  • 7Vgl. Blood & Honour Deutschland. Nr. 6, S. 51.
  • 8Siehe zu COTC Searchlight No. 290, August 1999,S. 6f.