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Jagd auf nicht-legale Migrant_innen in Moskau

Ulrich Heyden, Moskau
Foto: Ulrich Heyden

Festgenommene Migrant_innen auf einem Markt in Moskau.

Pünktlich zum Bürgermeister-Wahlkampf starteten in Moskau Massenfestnahmen gegen nicht-legale Migrant_innen und es wurde ein Internierungslager errichtet. Die Massenfestnahmen, bei denen nach Medienberichten in Moskau sowie im Umland etwa 3.000 Menschen festgenommen wurden, bezeichnete die Innenbehörde als Maßnahme zur »Entkriminalisierung« der Freiluft-Märkte. Gleichzeitig wollte die Stadtverwaltung den Bürgern demonstrieren, dass man etwas gegen die ungeliebten, nicht-legalen Arbeits-Migrant_innen aus dem Kaukasus und Zentralasien unternimmt. Die Fernsehbilder der Razzien waren erschreckend. Die auf den Märkten meist wahllos Festgenommenen mussten sich in langen Reihen hinhocken und die Hände hinter dem Kopf verschränken. „Anlass der Razzien und Festnahmen war der Versuch von Markthändlern aus Dagestan, die Festnahme eines Mannes zu verhindern. Der 25 jährige soll versucht haben, eine Russin zu vergewaltigen. Während einige Händler vor dem Matwejewski-Markt im Südwesten von Moskau auf eine Zivilstreife einprügelten, schauten andere Polizisten in Uniform zu. Das liess die »Volksseele« hochkochen. Die Medien der Hauptstadt, die seit Jahren meist negativ über Arbeits-Migrant_innen berichten, empörten sich über die Kaukasier, die sich jetzt auch schon »an unseren Polizisten« vergreifen.

Der wiedergewählte Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin erklärte, ohne die Kriminalität der Zugereisten wäre Moskau »die sicherste Stadt der Welt«. Der oppositionelle Bürgermeisterkandidat und Blogger Aleksej Nawalny fordert die visafreie Einreise für Migranten aus den ehemaligen Sowjetrepubliken in Zentralasien abzuschaffen. Wladimir Putin wies zwar daraufhin, dass viele Polizisten auf Märkten Schutzgelder kassieren, doch die von den Medien geschürte öffentliche Empörung konzentriert sich allein auf die zugereisten Gastarbeiter und Händler.

Anfang August 2013, wenige Tage nach Beginn der Razzien wurde im Nordosten Moskaus, im Bezirk Goljanowo, das erste Internierungs-Zeltlager für nicht legale Arbeits-Migranten unter freiem Himmel errichtet. Unter den 584 Insassen waren vor allem Näher_innen aus Vietnam, die in einer unterirdischen Fabrik, nicht weit vom Lager entfernt, gefälschte Markenartikel hergestellt hatten. Die Pässe hatte der Chef der Fabrik den Vietnames_innen abgenommen. Das Lager wurde Ende August 2013 aufgelöst. Die Insassen wurden nach Vietnam deportiert oder in ein Lager im Moskauer Umland überführt. Die  Innenbehörde plant jetzt in einer ehemaligen Militärsiedlung im Jegorewsk-Bezirk im Moskauer Umland ein Lager für 2.000 Migrant_innen, die ohne legale Dokumente in Moskau aufgegriffen werden.