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Neonazi-Strukturen im Raum Hannover

Einleitung

Auf dem »Rudolf Hess Gedenkmarsch« 1992 traten auch Neonazis aus Hannover, Hildesheim und Umgebung mit einem Transparent „Vereinte Rechte - Niedersachsen“ in Erscheinung. Hinter diesem »eher lockeren norddeutschen Neonazi-Zusammenschluß« verbergen sich die »organisatorisch festgefügten Gruppen wie die „Nationale Liste (NL), der „Deutsche Kameradschaftsbund“ aus dem Raum Oldenburg/Ostfriesland, die FAP aus dem südniedersächsischen Raum, die „Deutsche Alternative“ aus Bremen und Umgebung und die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG).«

Der Neonazi Bernd K. gilt als ein Anführer der Hannoveraner Szene.

Mitte der achtziger Jahre galt Hannover als eine der Hochburgen des organisierten Neonazismus in der BRD. Die bis dahin aktivste Gruppe FAP verlor ihren Einfluß nach der Ermordung des 17-jährigen Roger Bornemann durch einige „junge Rechtsradikale aus dem FAP-Umfeld“. Im Zuge der Ermittlungen wurden Verbindungen der FAP zu „Polizei und Verfassungsschutz bekannt, persönliche Bereicherungen auf  Kosten der Parteikasse aufgedeckt, Vergewaltigungen von Kameradinnen...“.

Nach dem lokalen Niedergang der FAP wurden 1989 die Neonazis des Kühnen-Flügels als "Nationale Sammlung" (NS) aktiv. Sie beschränkten sich jedoch fast ausschließlich auf Hetze und Angriffe gegen das ehemals besetzte linke "Sprengel"-Gelände und verletzten einen Besetzer lebensgefährlich als NS-Mitglieder einen Brandanschlag auf das Gelände versuchten. Nach dem Verbot der NS im Jahr 1989 traten Neonazis nur noch selten in Erscheinung bis es 1991 nach dem Pogrom von Hoyerswerda im Hannoveraner Umland zu Brandanschlägen auf Unterkünfte von AsylbewerberInnen kam. Im Zuge dessen tauchten vermehrt Aufkleber verschiedenster Neonazi-Gruppen an U-Bahn-Stationen und Schulen auf.

Das veranlaßte Hannoveraner Antifaschistinnen des „Antifaschistischen Arbeitskreis Hannover“ sich auf die Suche nach den Drahtziehern der rassistischen Gewalt zu machen. In ihrem neu erschienenen Faltblatt erklären sie, daß es ihnen wichtig ist die Neonazi-Kader von der „eigendynamischen rechten Subkultur“ zu unterscheiden. „Trotz der sichtlich vorhandenen personellen Überschneidungen ... müssen wir sehr vorsichtig sein … organisierte Neonazis mit dieser Subkultur in einem durchdachten und wohlorganisierten Zusammenhang zu sehen. Die Neonazis hätten das zwar gerne, aber es gibt in Hannover sehr gute Beispiele dafür, daß die Einbindungvon rechtsradikalen Skinheadgruppen oder Hooligans in eine faschistische Organisation durchaus auf erhebliche Widersprüche stoßen.“

Auf dem Rudolf-Hess-Gedenkmarsch 1992 trafen die Hannoveraner Antifas auf Neonazis aus ihrer Stadt, die hinter dem Namen „Vereinte Rechte“ liefen. Kopf dieser Gruppe ist offenbar Bernd K., der schon 1989 als Hannoveraner Vorsitzender der verbotenen NS in Erscheinung trat. Zusammen mit Martin E. aus Hannover füngierte er auf dem Rudolstädter Neonazi-Aufmarsch als Ordner. Diese Gruppierung ist in Hannover selbst bisher kaum in Erscheinung getreten, zuletzt im Frühjahr 1992 als eine Plakataktion der Neonazis von Antifas vereitelt worden war. Die Neonazis hatten noch nicht einmal eigene Plakate angefertigt, sondern klebten Material der „Nationalen Liste“ (NL).

Die „Vereinte Rechte“ aus Hannover kann als eine weitere der vielen Vorfeldorganisationen der GdNF angesehen werden, die von deren Kadern geleitet wird. Besondere Bedeutung legen die GdNF-Organisationen überall auf die Zusammenarbeit mit anderen rechten Parteien wie DVU, „Deutsche Liga“ (DL), NPD oder Republikaner (REPs). Mitglieder von NPD, DL und DVU aus Hannover konnten laut der NL-Zeitung »Index« zur Teilnahme am Neonaziaufmarsch geworben werden.

Stützpunkte im Umland

Das Faltblatt geht weiterhin auf wichtige Neonazi-Stützpunkte im Raum Hannover ein. In Hetendorf bei Bergen (Lüneburger Heide) fand ein Ordner-Vorbereitungstreffen für den Rudolstädter-Aufmarsch statt. Das Haus gehört dem "Freundeskreis Filmkunst e.V." und der „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“, deren Vorsitzender jeweils der Neonazi-Rechtsanwalt Jürgen Rieger aus Hamburg ist. In Hetendorf tagen sowohl die militant auftretenden Neonazis der „Nationalistischen Front“ (NF) und die „Wiking Jugend“ (WJ), als auch Altnazis der neuheidnischen-rassistischen Sekte „Die Artgemeinschaft“ und „Gesellschaft für freie Publizistik“.

In Suroide, ganz in der Nähe von Hetendorf, liegt ein zweites Zentrum des bundesdeutschen Neonnazi-Netzes: Das Gelände des Arztes Dr. Uwe Jürgens steht seit über zehn Jahren für sogenannte „Wehrsportübungen“ der Neonazis bereit. Nachdem 1985 fast der gesamte Fuhrpark der „Nottechnischen Übungs- und Bereitschaftsstaffel“ (TENO), der größten Wehrsportgruppe nach dem Verbot der WSG-Hoffmann, von Antifas abgebrannt worden war,  wurde es ruhiger um das Jürgens-Gelände. Jürgens wohnt heute in der Nähe von Berlin, doch sein Gelände wird weiterhin für paramilitärische Übungen benutzt. Mindestens zwei Lager zu denen Neonazi-Kader aus dem Raum Norddeutschland anreisten fanden 1992 statt.