Opus Dei – »Kampftruppe Gottes«
Gottes Werk und Teufels Beitrag
Immer wieder einmal macht es von sich reden: Das Opus Dei, eine reaktionäre Pressure Group innerhalb der Katholischen Kirche. »Kampftruppe Gottes« nennt sich die Organisation, die auf rund 87.000 Mitglieder in beinahe 100 Staaten zurückgreifen kann und sich mit deren Hilfe zielstrebig um wachsenden Einfluss in der Kirche, aber auch in der Öffentlichkeit bemüht. Ihr wohl wichtigstes Ziel ist es, liberale oder gar linke Kräfte in Kirche und Gesellschaft zu entmachten und überkommenen Werten und Normen zum Durchbruch zu verhelfen.
Wichtige Prägungen verdankt das Opus Dei dem faschistischen Spanien unter Francisco Franco. Gegründet 1928 von dem spanischen Priester Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, profitierte es in besonderem Maße von dem recht engen Kontakt zwischen Escrivá und dem »Caudillo«. Beide kämpften gemeinsam gegen die spanische Linke. 1951 »saßen auf einmal drei Opus Dei-Beamte in Regierungsbüros« des Madrider Regimes, berichtet der katholische Opus Dei-Experte Peter Hertel. 1957 berief der Diktator drei Gefolgsleute von Escrivá an die Spitze seiner Ministerien. 1962 kam noch ein vierter Opus Dei-Minister hinzu.
Der Antikommunismus bildete auch eine Brücke zwischen dem Opus Dei und Nazideutschland, das Franco geholfen hatte, sich im spanischen Bürgerkrieg durchzusetzen. Alle männlichen Opus Dei-Mitglieder, schreibt Hertel, hätten sich in den frühen 1940er Jahren »freiwillig für die Blaue Division« gemeldet, die sich am deutschen Vernichtungskrieg in der Sowjetunion beteiligte. Allerdings seien die Opus Dei-Mitglieder »nicht genommen« worden. Josemaría Escrivá versuchte im privaten Kreis noch Jahrzehnte später, die deutschen Verbrechen herunterzuspielen. Dies berichtet ein einstiger enger Mitarbeiter von Escrivá, der sich später von Opus Dei löste. Escrivá habe die Ansicht vertreten, »wenn die Leute behaupteten, Hitler habe sechs Millionen Juden getötet, dann übertrieben sie. So schlecht sei Hitler nicht gewesen. Er könne nicht mehr als drei oder vier Millionen Juden getötet haben.« Seine erste Zweigstelle in Deutschland hat das Opus Dei jedoch erst nach dem Ende der NS-Herrschaft eröffnet - im Jahr 1952. Damals bezogen vier Studenten aus Francos Spanien eine leer stehende Villa in der Bonner Adenauerallee und gründeten damit das spätere Studentenheim »Althaus«. Es besteht bis heute fort und bietet männlichen Studenten neben Vollpension und Wäscheservice auch Arbeitskreise und Glaubensgespräche, strikt nach den Vorgaben des Opus Dei.
Die Organisation schreibt Akademikern »große Bedeutung für den der bürgerlichen Gesellschaft zu leistenden Dienst« zu – also für die Einflussarbeit des Opus Dei. Wichtig seien dabei vor allem »öffentliche Ämter, besonders jene mit Leitungsfunktionen«, hatte Escrivá in den »Konstitutionen« seiner Vereinigung dekretiert, weshalb Nachwuchseliten seit je zur speziellen Zielgruppe des Opus Dei gehören. Als Rahmenorganisation für das Bonner Studentenheim und ähnliche Organisationen gründeten Mitglieder und Freunde des Opus Dei 1953 die »Studentische Kulturgemeinschaft e.V.«, die heute für Jugendliche und junge Männer Bildungszentren unterhält – etwa die Einrichtungen »Hoher Weg« in Augsburg, »Fausenburg« in Trier, »Am Städel« in Frankfurt am Main und »Weidenau« in München. Außerdem gibt es Jugendclubs in Frankfurt am Main und München sowie den Studententreff »Schackstraße« in München.
Die »geistliche Leitung« aller Einrichtungen ist dem Opus Dei anvertraut. Zur Jahrtausendwende verfügte der Verein über ein Vermögen von 34,8 Millionen DM, das vor allem in Immobilien angelegt war. Dem Männerverein »Studentische Kulturgemeinschaft« wurde eine ähnlich verzweigte Frauenorganisation an die Seite gestellt, der »Deutsch Internationale Kulturverein e.V.« mit Sitz in Köln. Er unterhält das Tagungshaus »Zieglerhof« in Ettal (Oberbayern), das Bildungszentrum »Sconenberch« in Berlin, Studentinnenheime in Trier und im Münchner Umland sowie eine weitere Einrichtung in Hamburg. Auch auf Schüler hat es das Opus Dei abgesehen. Der jüngste Schritt: Die Opus Dei-nahe Elterninitiative »Freie Schulen Brandenburg e.V.« plant in Potsdam die Gründung eines Jungengymnasiums.
Dass das Opus Dei sich zuerst im Rheinland festsetzte, hatte vor allem taktische Gründe: In Bonn und um die frühere Bundeshauptstadt herum konzentrierten sich die politischen und die wirtschaftlichen Eliten der alten Bundesrepublik. Sympathie fand das Opus Dei etwa »beim Krupp-Bevollmächtigten Berthold Beitz« und »bei Thyssen«, berichtet Hertel, der zu den Freunden der Vereinigung auch Familien aus dem »begüterten Erbadel« zählt, darunter Habsburg, Lobkowicz, Westphalen, Waldburg-Zeil und Guttenberg. Rund um die deutsche Prälatur des Opus Dei, die im Kölner Stadtteil Lindenthal ihren Sitz hat, haben sich ihr nahestehende Strukturen angesiedelt, so etwa der Kölner »Adamas-Verlag«. Er bietet Bücher und Broschüren von Escrivá sowie dem Opus Dei verbundenen Personen an. Der im gleichen Gebäude residierende Verein »Priesterausbildungshilfe e.V.« um Monsignore Dr. Klaus M. Becker sammelt Spenden für die Ausbildung neuer Priester und arbeitet eng mit der vom Opus Dei geleiteten »Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz« in Rom zusammen. Besondere Bedeutung kommt dem 1973 gegründeten »Lindenthal-Institut« zu, das im gleichnamigen Kölner Stadtteil residiert. Es bezeichnet sich offiziell als »weder konfessionell festgelegt, parteilich gebunden noch einer Interessengruppe verpflichtet«, ist aber personell mit dem Opus Dei verbunden. Es gilt als zentrale Einrichtung der Opus Dei-Ideologieproduktion in Deutschland. Sein Leiter Hans Thomas, einst Geschäftsführer der »Studentischen Kulturgemeinschaft«, ist einer der mächtigsten Opus Dei-Männer in Deutschland.
Das »Lindenthal-Institut« fungiert auch als Kontaktanschrift für die »Rhein-Donau-Stiftung« (Geschäftsführer: Hans Thomas). Der Schwerpunkt der Opus Dei-nahen Stiftung, deren Präsident Norbert Geis für die CSU im Bundestag sitzt, liegt auf Maßnahmen sogenannter Entwicklungshilfe, für die sie in den letzten zehn Jahren rund 1,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit erhalten hat. Die Mittel kamen etwa einer Krankenschwesternschule in Argentinien zugute, deren Schülerinnen laut Projektbeschreibung »ethisch-religiös gebildet und treu« zu sein haben. Innerhalb der katholischen Kirche nimmt der Einfluss des Opus Dei unter Papst Ratzinger stark zu. Mit Hilfe der selbsternannten »Kampftruppe Gottes« treibt Benedikt XVI. die Weltkirche systematisch nach rechts.
Dass dies auch in Deutschland mit Kontakten nach Rechtsaußen verbunden ist, zeigt beispielhaft der Opus Dei-Mann Jürgen Liminski aus St. Augustin. Der Vater von zehn Kindern ist Landesvorsitzender der »Paneuropa-Union« in NRW. Seine Texte erscheinen nicht nur in der katholischen Monatsschrift »Der Fels«, die dem »Forum Deutscher Katholiken« nahesteht – einer Gegengründung zum »Zentralkomitee der deutschen Katholiken«, das erzkonservativen Kräften als zu papstkritisch gilt. Liminski, der beim »Forum Deutscher Katholiken« wiederholt als Moderator oder Diskussionsteilnehmer auftrat, ist auch für die rechte Wochenzeitung »Junge Freiheit« aktiv - und das nicht nur als Autor. Letztes Jahr hielt er bei der Verleihung des Löwenthal-Preises der »Jungen Freiheit« die Laudatio.