Von NPD bis Hammerskins
Antifa Saar Projekt AKDie extreme Rechte an der Saar – ein Kurzüberblick
Die NPD ist die wahrnehmbarste Organisation der extremen Rechten an der Saar
Die Hochstraße im Saarbrücker Stadtteil Burbach. Seit Februar 2008 sind in dem ehemaligen Schuhgeschäft, mit der großen Schaufensterfront, neue Mieter zu finden. Denn hier hat die saarländische NPD ihre Landesgeschäftsstelle eröffnet. Sie wirkt zwar etwas verloren in der stark von MigrantInnen geprägten Straße, aber die Vorsätze der Partei um ihren Landesvorsitzenden Frank Franz waren groß. So sollten die Räumlichkeiten »nicht nur Verwaltungseinrichtung sein, sondern Begegnungsstätte für alle Bürger. Neben einer wöchentlichen Hartz-IV-Beratung« wurde auch »eine wöchentliche Bürgersprechstunde mit dem Landesvorsitzenden« und ein »nationales Hilfswerk für Mitglieder«, in dem diese »Bedarfsgüter erhalten, für die sonst kein Geld da wäre« angekündigt. Daraus geworden ist bislang nicht viel. Während die NPD zu den angekündigten Bürgersprechzeiten häufig gar nicht anzutreffen ist, wird der Eingangsbereich von den »Bürgern« zur Müllentsorgung genutzt. Nichtsdestotrotz verschafft die Landesgeschäftstelle der NPD eine räumliche Unabhängigkeit. So fand beispielsweise die Pressekonferenz im Vorfeld einer als »politischer Aschermittwoch« deklarierten Saalveranstaltung in besagter Landesgeschäftsstelle statt. Die eigentliche Veranstaltung mit über 200 Neonazis in der städtischen Festhalle in Saarbrücken-Schafbrücke sorgte bundesweit für Aufsehen, da es einem Kamerateam gelang eine unverblümt antisemitische und rassistische Hetzrede Udo Pastörs zu dokumentieren, die bei der Anhängerschaft einen frenetischen Begeisterungssturm auslöste und Pastörs die Aberkennung seiner Immunität als Abgeordneter im Schweriner Landtag und ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung einbrachte. Dass damit bereits der Höhepunkt ihres Wahlkampfes erreicht sein würde, hat wohl vor allem die Wahlkampfstrategen der NPD selbst überrascht. Zwar verteilten diese weiter Flugzettel, führten Infostände durch und hielten schlecht besuchte Kundgebungen ab, aber eine »Großveranstaltung« mit DVU – Chef Matthias Faust, die als bundesweiter Auftakt für den Europawahlkampf angekündigt war, sowie das NPD-Sommerfest lockten jeweils kaum mehr als 70 BesucherInnen an. Anfang Februar 2009 sorgte die Saar-NPD schon einmal unfreiwillig für bundesweites Aufsehen. Denn nach dem Überfall von Neonazis auf antifaschistische GewerkschafterInnen an einer Autobahnraststätte in Thüringen konnte die »Antifa Saar« der interessierten Presse eindeutige Belege präsentieren. Der Bus in dem die Schläger saßen, wurde im Namen des saarländischen Landesverbandes der NPD angemietet. Das NPD Mitglied Nick B. wurde in diesem Zusammenhang festgenommen und mehrere Wochen inhaftiert.
Die ersten kleinen Erfolge nach der großen Pleite
Bei den Kommunalwahlen im Juni 2009 erlebte die Saar-NPD dann einen weiteren Rückschlag und verlor nahezu zwei Drittel ihrer bisherigen Mandate. Trotzdem ist sie nun mit zwei Sitzen im Völklinger Stadtrat und erstmals mit einem Sitz im Saarbrücker Stadtrat vertreten. Zudem ergatterten die »Nationaldemokraten« einen weiteren Sitz im Völklinger Ortsrat. Bei den Landtagswahlen im August scheiterte die Saar-NPD mit 1,5% der Stimmen zwar deutlich an ihrem Ziel in den Landtag einzuziehen, erzielte aber für westdeutsche Verhältnisse immer noch eines ihrer besten Ergebnisse. Außerdem sind mit dem Landesvorsitzenden Frank Franz und seinem Gefolgsmann Thorsten Kreis in Völklingen, sowie dem ehemaligen Generalsekretär der Bundes-NPD Peter Marx in der Landeshauptstadt Saarbrücken, geschulte politische Kader, mit teilweise mehrjähriger parlamentarischer Erfahrung, in den Kommunalparlamenten vertreten. So kann die NPD-Fraktion in Völklingen mit den hundertfach in anderen Regionen erprobten Strategien bereits ihre ersten Erfolge verbuchen. Anfang November 2009 stimmten in einer Sitzung des Ausschusses für Kinder, Jugend und Soziales SPD, die Linke, Grüne und Freie Wähler einem Antrag der NPD-Fraktion zu, in dem es um die Kalkulation und Prüfung für ein kostenloses Essen in den kommunalen Kindergärten und Kindertagesstätten ging.
Die Kameradschaft Saarsturm steht in enger Verbindung zur NPD
Neben kostenlosem Essen für die Völklinger Kinder liegt Franz die »deutsche Jugend« besonders am Herzen. So lässt sich erklären warum der ehemalige Oberfeldwebel und gelernte Programmierer, der neben zahlreichen NPD-Homepages auch den Internetauftritt des »Deutsche-Stimme-Verlags« der NPD entworfen hat, nun verantwortlich zeichnet für die Internetpräsenz der seit August 2009 im Saarland auch öffentlich auftretenden »Kameradschaft Saarsturm«. Diese Kameradschaft engagiert sich vor allem im rheinland-pfälzischen Zweibrücken, wo sie gemeinsam mit dem schon länger existierenden »Nationalen Widerstand Zweibrücken« und in pathetisch inszeniertem Heldengedenken im Saarland und dem benachbarten Frankreich, auftritt. So lächerlich diese Ansammlung von deutschen Jungmännern und ihre bisherigen Verlautbarungen auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, unterschätzen sollte man sie nicht. Immerhin haben sie es geschafft seit Jahren wieder eine für Neuzugänge offene Struktur zu schaffen.
Die Hammerskins agieren im Hintergrund
Um eine ganz und gar nicht offene Struktur handelt es sich bei der »Hammerskin Nation« (HSN), deren Aktivitäten im Saarland in den letzten Jahren systematisch ausgebaut wurden. Zentrale Figur dabei ist der Frontmann der Neonazikapelle »Jungsturm«, Frank Molina, der seinen Wohnsitz im nur wenige Kilometer von Saarbrücken entfernten, in Frankreich liegenden, Forbach hat. Vor allem die Veranstaltung von Konzerten der verschiedensten Größenordnungen und somit der Aufbau einer eigenen Subkultur sehen sie als ihr Aufgabengebiet. Unterstützt wird Molina dabei vor allem durch Frank M. und Robert K. Bei einem von ihnen mit organisierten Neonazi-Konzert in einer Turnhalle im grenznahen französischen Schleithal im Dezember 2008, mit Szenegrößen wie beispielsweise »Stahlgewitter«, »Jungsturm«, sowie »Gigi und die braunen Stadtmusikanten« konnten etwa 1.200 Neonazis ganz legal auch den in der BRD indizierten Texten lauschen, alte Kontakte auffrischen und neue knüpfen. Zudem existiert mit dem Shop »First Class Streetwear« und dem ihm angeschlossenen »Street-Fight« Versand im saarländischen Bexbach eine zentrale Institution zur Versorgung der braunen Klientel mit allen notwendigen Lifestyle-Produkten. Von der Rechtsrock-CD aus eigener Produktion, über die White-Power-Gürtelschnalle bis hin zur obligatorischen Thor-Steinar-Kollektion ist in dem Laden von Thorsten Staudacher alles zu haben. Darüber hinaus gilt der in Heusweiler wohnende David Sch. (»Dave«) als sehr geschäftstüchtig beim Vertreiben auch indizierter CDs. Er setzt dabei auf ein mobiles Konzept und bietet seine Waren bei Konzerten und Feierlichkeiten an. David Sch. ist auf zahlreichen der einschlägigen Konzertveranstaltungen in ganz Europa anzutreffen. Das Konzept scheint zu funktionieren. So mehren sich die Hinweise, dass die saarländischen Neonazis den Standortfaktor »Grenznähe zu Frankreich« weiter ausbauen wollen. Sollte dies gelingen, würde es der extremen Rechten im Saarland – insbesondere im Bereich der Nachwuchsrekrutierung – mit Sicherheit einen spürbareren Schub verleihen, als es sich die NPD für ihre Landesgeschäftsstelle in Saarbrücken-Burbach erhofft hatte.