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Antifaşist haber bülteni

Einleitung

Anfang Januar 1990 erschien die erste Ausgabe des „Antifaşist haber bülteni“ - fünfzehn Monate sind vergangen seit der letzten deutsch-türkischen Ausgabe des Antifaschistischen Infoblatt (AIB). Unsere Zeitung war von vornherein zweisprachig konzipiert, doch in der vergangenen Zeit konnten wir diesen Anspruch nicht mehr in die Praxis umsetzen.

Ab jetzt gibt es ein Antifaschistisches Infoblatt (AIB) in deutscher Sprache und ein Infoblatt in türkischer Sprache - das "Antifasişt Haber Bülteni". Beide Ausgaben werden von zwei selbstständig arbeitenden Redaktionsgruppen produziert, die die Inhalte, Gestaltung und Vertrieb in der gemeinsamen Redaktion bestimmen. In der Vergangenheit lag die Schwäche des in türkischer Sprache abgefassten Teils der Zeitung darin, daß die Artikel zumeist direkte Übersetzungen der von Deutschen geschriebenen Artikel waren. Somit waren sie für Menschen aus der Türkei oft unverständlich oder einfach an deren Interessen vorbeigeschrieben.

Dieselbe Erfahrung mußten AntifaschistInnen auch immer wieder mit Flugblättern und Aufrufen machen. Die Entwicklung eines gemeinsamen Widerstandes gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus aus Teilen aller hier lebenden Bevölkerungsgruppen ist bis in die Gegenwart Anspruch geblieben.

"Wir sind, egal, was die Parteien sagen, keine Ausländerinnen mehr in diesem Land. Wenn wir hier die Notwendigkeiten des täglichen Lebens teilen, wollen wir auch genauso die Rechte teilen. Wie aus welchem Grunde wir damals hierhergekommen sind, heute sind wir Bürger dieses Landes. Deshalb erkennen wir die bis jetzt geltenden und noch nicht rechtskräftigen neuen Ausländergesetze nicht an. Das Wahlrecht ist ein natürliches Recht der hier lebenden Menschen." (aus einem Flugblatt der "Antifaşist Gençlik").

Die Entstehung von eigenständigen Antifa-Gruppen der MigrantInnen, die speziell ihre Landsleute ansprechen und zusammenschließen, eröffnet eine neue Möglichkeit die antifschistische Bewegung und deren Widerstandsstrukturen zu verbreitern. Das Info-Bülteni hat sich zum Ziel gesetzt, die Selbstorganisierung des Widerstandes von Unten zu unterstützen - eben da, wo Leute sich gegen Neonazis wehren, sich zusammenschließen und ihre Vereinzelung beenden.

In der Praxis und im Alltag merken wir die unterschiedlichen Spaltungsmechanismen, die Menschen, die in der gleichen sozialen Situation stehen, von einander trennen. Das führt allzu oft dazu, sich gegeneinander aufwiegeln zu lassen. Dieser Spaltung der ArbeiterInnen wollen wir entgegenarbeiten. Gespalten und vereinzelt ist es unmöglich auch selbst kleinere Dinge zu verändern und soziale Verbesserungen zu erstreiten. Der/die einzelne steht ohnmächtig und hilflos da. Viele Menschen werden genau an diesem Punkt anfällig für Nationalismus und fürs Buckeln und Betteln. Da werden ihnen die "einfachen Lösungen" vorgegaukelt, Konkurrenz gegeneinander wird vertieft. Die erfahrene Ohnmacht ist eine der Quellen für Faschismus, Rassismus usw. Durch Erklärungen heben wir die Spaltungen nicht auf. Wir können uns die Entwicklung von Solidarität statt Nationalismus nur durch ein Eintreten für gemeinsame Interessen in einem längerfristigen Prozeß vorstellen.

Für uns geht es darum von der Basis der Eigenständigkeit der deutschen und türkisch/ kurdischen Antifagruppen auszugehen und gemeinsame Kämpfe, Auseinandersetzungen und Kultur zu entwickeln. Nichts Entscheidendes können die Rot-Grünen Beteuerungen von einer multikulturellen Stadt gegen den Rassismus bewegen. Erst durch Erfahrungen, daß nur zusammen was zu verändern und verbessern ist, ob am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Stadtteil kann die rechte Ideologie zurückgedrängt werden. Diese Ansätze wollen wir unterstützen.

Das es auch unter uns einiges gibt was uns "trennt", ist eine Ausgangsbedingung, über die wir uns bewußt sind. Wenn das nicht so wäre, gäbe es längst eine gemeinsame Lebens- und Widerstandsstruktur in der antifaschistischen Bewegung. Wir haben eine unterschiedliche Erziehung, Kultur und gehen an verschiedene Sachen des täglichen und politischen Lebens unterschiedlich ran. Ein Grund mehr zur Auseinandersetzung für einen lebendigen Widerstand. Illusionen von Friede, Freude, Eierkuchen - deutsche und ausländische Menschen gehen Hand in Hand, ohne Konflikte auch auszutragen, sind dabei eher schädlich als nützlich.

In jeder Ausgabe des Bültenis oder Infos wird eine inhaltliche Kurzdarstellung über das anderssprachige Heft zu lesen sein, einiges wird auch als Artikel in beiden Zeitungen zu finden sein. Daraus ergibt sich, daß die Themen nicht unbedingt die gleichen sein müssen, welche Thematik letztendlich das Licht der Veröffentlichung erblickt, entscheidet die jeweilige Redaktion - je nach dem was für notwendig erachtet wird. Es sollen auch nicht mehr Artikel wortwörtlich übersetzt werden, sondern sie sollen so geschrieben sein, daß sie für die jeweilige Zielgruppe verständlich sind. Gerade in der Zeit anwachsendender nationalistischer Tendenzen in ganz Europa, ist es dringlich, praktische Formen des Zusammen Lebens und Kämpfens zu entwickeln - gegen den Strom und sogenannten Zeitgeist der Reaktionäre.