Skip to main content

Internationales Nationalistentreffen in St. Petersburg

Ute Weinmann
Einleitung

Russland bietet nicht erst seit jüngster Zeit hervorragende Bedingungen für internationale Querfrontbündnisse. Aber erst seit dem Erscheinen von Vertretern europäischer ultranationalistischer und neonazistischer Parteien als Wahlbeobachter auf der Krim im vergangenen Jahr scheint dieser Umstand im Bewusstsein einer etwas breiteren Öffentlichkeit angekommen zu sein. Tatsächlich haben die Entwicklungen auf der Krim und im Donbass das russische Politestablishment darin bestätigt, verstärkt die Nähe zu in der extremen Rechten verorteten europäischen Parteistrukturen zu suchen. Das führt dann schon mal dazu, dass wie Ende März 2014 in St. Petersburg unter der Ägide des Chefs der russischen Eisenbahn Wladimir Iwanowitsch Jakunin (Владимир Иванович Якунин) — einem engen Weggefährten des russischen Präsidenten Wladimir Putin — über den Kampf gegen den Neofaschis­mus gemeinsam mit exponierten Figuren der europäischen Rechten wie dem polnischen Antisemiten Mateusz Piskorski diskutiert wird.

Screenshot von twitter.com

Udo Voigt (NPD) und Alexej Schurawljow, Vorsitzender von „Rodina“ (rechts).

Ein Jahr später bot sich St. Petersburg wieder für ein Treffen der europäischen Rechten an. Angedacht war ursprünglich bereits für Oktober 2014 ein Kongress mit dem Ziel, ein europaweites Netzwerk der extremen Rechten zu schaffen. Verbindliche Strukturen zur besseren Koordinierung natio­nalkonservativer Kräfte schwebten den Organisatoren vor. Letztlich geht es der russi­schen Seite jedoch darum, über befreundete Strukturen Druck auf Regierungen innerhalb der Europäischen Union hinsichtlich für Russland relevante Entscheidungen auszuüben.

Ein pragmatisches und vielversprechendes Konzept, das sich bestehende ideologische Gemeinsamkeiten zu nutze macht, gleichzeitig jedoch nicht daran gebunden ist.

Am 22. März 2015 fand schließlich das „Internationale Russische Konservative Forum“ auf Initiative der extrem rechten Partei "РОДИНА"/„Rodina“ (Heimat) statt, die als national-patriotisches Projekt des Kreml gilt. Alexei Zhuravlyov, Vorsitzender der Partei „Rodina“ und gleichzeitig Fraktionsmitglied der Partei "Единая Россия"/„Einiges Russland“ in der Duma, hatte seine Teilnahme zwar angekündigt, blieb dem Forum jedoch fern.

Verantwortlich für die Umsetzung vor Ort war Jurij Ljubomirskij, vormaliger Vorsitzender des lokalen Ablegers der Vereinigung „Recht auf Waffen“ und Koordinator der Partei „Rodina“ in St. Petersburg. Ihm war es gelungen eine ganze Reihe bekannter Namen ins „Russische Nationale Kulturzentrum — Unser Haus“ zu locken: Udo Voigt (NPD), Roberto Fiore (Forza Nuova Italien), Kris Roman (Euro-Rus Belgien), Nick Griffin (British Unity), Wolen Siderow (Волен Сидеров) von der bulgarischen Rechts-Partei Ataka, den finnischen Kreml-Apologet Johan Bäckman und zwei Angehörige der griechischen Χρυσή Αυγή / Chrysi Avgi. Auch die USA waren vertreten, während FPÖ, Jobbik und der Front National, der zum Zeitpunkt der Konferenz einen Wahlkampf zu bestreiten hatte, nicht erschienen waren.

Auch von russischer Seite glänzte die rechte Polit-Prominenz mit ihrer Anwesenheit, allerdings nur jener Teil, der sich mit den „Volksrepubliken“ im Donbas solidarisch erklärte und sich durch entsprechende Distanz zum Kiewer Maidan hervorgetan hatte. Dazu zählen neben profilierten Mitgliedern der „Rodina“, wie beispielsweise Fjodor Birjukow, auch Konstantin Krylow und Wladimir Tor von der „Nationaldemokratischen Partei“, und etliche Vorkämpfer für die Idee eines unabhängigen Donbass. Zur „Heimatfront“ gesellte sich außerdem der Petersburger Neonazi und Alexej Miltschakow, der in der „Donezker Volksrepublik“ als Kommandeur der Einheit „Rusitsch“ mit der Waffe kämpft.

In eigener Sache anwesend waren außerdem Stanislaw Byshok und Jewgeni Waljajew, beide aufsteigende Ex-Neonazis im Expertenpool des Kremls. Waljajew, ehemaliger Pressesprecher der Neonazi-Gruppierung "Russkij Obraz" ("Русский Образ"), der als Informationszuträger für die kürzlich verurteilten Neonazis der „Kampforganisation russischer Nationalisten“, (Боевая организация русских националистов) abgekürzt BORN (БОРН) fungierte, verteilte an die Teilnehmer des Forums seine jüngsten Rechercheergebnisse zum Thema „Extremistische Bewegungen in Russland und die ukrainische Krise“. Waljajew, Byshok und ein dritter Autor machen darin u.a. linke und anarchistische Gruppierungen zur Zielscheibe strafrechtlicher Verfolgung.