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Berlin: Rassistischer Mord an Mahmud Azhar

Einleitung

Nachdem er am 7. Januar 1990 von einem angetrunkenen DDR-Bürger zusammengeschlagen worden war, starb der pakistanische Student Mahmud Azhar in der Nacht vom 5. auf den 6. März 1990 an den unmittelbaren Folgen des auf ihn verübten rassistischen Angriffs.

Foto: Öffentlichkeitsreferat AStA FU

Gedenken an Mahmud Azar an der FU Berlin im Jahr 2014.

Während seines Krankenhausaufenthalts scheute sich Azhar aus Angst vor weiteren Repressionen an die Öffentlichkeit zu gehen. Mahmud Azhar war seit Mitte der 1970er Jahre Promotionsstudent und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biochemie der FU Berlin in Berlin-Lichterfelde. Zum Zeitpunkt seines Todes war er 40 Jahre alt und hätte im Mai 1990 seine Promotion abgeschlossen.

Beim Verlassen des FU-Institutsgebäudes für Biochemie hatte sich der DDR-Bürger Thomas F. (andere Quellen, benennen den Täter als Thomas H.) dem Studenten mit ausländerfeindlichen Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ in den Weg gestellt. Mahmud Azhar berichtete dem Anti-Rassismus-Telefon: "Der Unbekannte griff mich tätlich an. In meiner Gegenwehr zog ich mir eine Zerrung an meinem linken Knie zu. Ich spürte starke Schmerzen im Kniebereich und fiel zu Boden. Der Täter schlug mir mit dem Deckel des Feuerlöschers auf meinen Kopf, so daß ich blutete".1 Als Azhar sich ins Gebäude flüchtete und die Polizei anrufen wollte, riß der Angreifer das Telefonkabel aus der Wand und schlug mit dem Rohr eines Feuerlöschers auf dessen Kopf. Azhar rief nach dem Überfall die Polizei an. Die reagierte aber erst, als auch ein Taxifahrer Meldung machte. Der zunächst festgenommene Täter wurde nach einem Verhör trotz Fluchtgefahr wieder freigelassen und konnte unbehelligt in die DDR zurück kehren. Der 25-jährige Täter setzte sich nach Ostberlin ab, wo er für die Westberliner Behörden nicht auffindbar war. Die Polizei stellte wenige Tage darauf das Verfahren ein. es musste aber wieder aufgenommen werden, nach dem die Angehörigen Anzeige erstattet haben. Welche Beamten in der Notrufzentrale und beim Einsatz Dienst hatten, sei nach Auskunft von Polizei und Staatsanwaltschaft zur Zeit nicht zu ermitteln.

Auf einem Treffen, zu dem unter anderem der Pakistanische Studentische Verein eingeladen hatte, wurde die Durchführung einer Demonstration beschlossen. An der Demonstration am 24. März in der Westberliner Innenstadt beteiligten sich etwa 300 Menschen. Außerdem fanden mehrmals, jeweils an einem Mittwoch und Samstag, am Breitscheidplatz Mahnwachen statt. Insgesamt wurde der Vorfall in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Wie auch der staatliche Rassismus in Form verschärfter Ausländergesetze ist der rassistische Terror auf der Straße kein Thema der Medien, die politischen Zusammenhänge werden nicht thematisiert. Innerhalb eines Jahres ist dies bereits der zweite rassistische Überfall mit tödlichem Ausgang in West-Berlin.2

Wenn es überhaupt in diesem Fall zu einem Gerichtsverfahren kommt, ist zu erwarten, daß die Tat wieder einmal zum "Einzelfall" erklärt werden wird.3 Schließlich wollten bei dem Mörder von Ufuk Sahin weder Gericht noch Staatsanwaltschaft in AusländerInnenhaß und Rassismus einen Grund für die Tat erkennen und sorgten für ein mildes Urteil.4

  • 1"Für 'Deutschland' zu Tode geprügelt" von Rochus Görgen in Taz (Berlin) vom 14.03.1990.
  • 2"Wir alle wissen, daß sich die Überfälle auf AusländerInnen besonders seit dem Wahlerfolgen der Reps und dem am 9. November 89 beginnenden Vereinigungstaumels gehäuft haben. So wurden z.B. im letzten Jahr die beiden türkischen Mitbürger Üzüm Sadik und Ufuk Sahin aus rassistischen Motiven heraus ermordet; so ist auch Azhar nur das vorläufig letzte Opfer des beängstigend zunehmenden Ausländerhasses“. Nachruf des “Aktionskomitee Mahmud Azhar” in Interim # 95, 22. März 1990.
  • 3Nachtrag: Am 20. Dezember 1990 erging das Urteil, der Täter wurde zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt, daß Rassismus das Motiv für den Überfall sein könnte, hielt Staatsanwalt Lucas Wedhorn für nicht beweisbar.
  • 4Am 12. Mai 1989 wurde der 24-jährige Ufuk Sahin, ein Familienvater türkischer Herkunft, am Bahnhof Wittenau (Märkisches Viertel) niedergestochen und verblutete am Tatort. Der Angreifer hatte „Deutschland den Deutschen – Kanacken raus“ gerufen.