NSU-Prozess: Der Münchner Staatsschutzsenat liefert sein Urteil
RA Alexander Hoffmann NSU-NebenklageAm Ende ging dann doch alles viel schneller als gedacht: Nicht mal den ganzen 438. Verhandlungstag benötigte der Vorsitzende Richter des 6. Staatsschutzsenats des Oberlandesgerichts München, Manfred Götzl, um am 11. Juli 2018, nach mehr als fünf Jahren Hauptverhandlung, nun das Urteil zu verkünden.
Das Gericht verurteilte Beate Zschäpe wegen aller angeklagten Morde, versuchten Morde, Anschläge und Raubdelikte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest, sodass eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nicht möglich ist. Interessant, aber aus der mündlichen Urteilsbegründung heraus nicht richtig nachvollziehbar, war der Umstand, dass die Verurteilung für einen Teil der Straftaten in Tateinheit mit der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erfolgte, für andere aber nicht, ohne dass so recht klar wurde, an welchem Punkt Zschäpes Mitgliedschaft festgemacht wurde. Dies wird erst die schriftliche Urteilsbegründung deutlich machen.
André Eminger wurde, zur Überraschung der meisten Beobachter_innen und im Widerspruch zur Begründung des Ende letzten Jahres vom Gericht gegen ihn erlassenen Haftbefehls, lediglich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und unter Freispruch im Übrigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Haftbefehl gegen Eminger wurde aufgehoben. Holger Gerlach wurde, ebenfalls wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Auch für Ralf Wohlleben fiel die Strafe niedriger aus, als von vielen erhofft und erwartet. Die von ihm begangene Beihilfe zu neun Morden hält das OLG München mit einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren für angemessen bestraft. Der Haftbefehl gegen Wohlleben wurde allerdings erst nach ein paar Tagen „Anstandsfrist“ aufgehoben. Für die selbe Tat, nämlich die Beschaffung der Ceska, wurde der Angeklagte Carsten Schulze unter Anwendung von Jugendrecht zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt.
Der Urteilsspruch und die Begründung hinterließen viele Beobachter_innen einigermaßen ratlos. Insbesondere die im Gerichtssaal anwesenden Mitglieder der Familie Yozgat, Şimşek, Kubaşik, Boulgarides, Turgut, Taşköprü und die Nebenkläger aus der Kölner Keupstraße waren nicht nur über die Tatsache empört, dass der Angeklagte Eminger nach der Verkündung des Urteils als freier Mann das Gericht verließ und seine Neonazifreunde im Publikum das Urteil lautstark feiern konnten, sondern vor allem darüber, dass der Vorsitzende einmal mehr keinerlei empathische Geste gegenüber den Tatopfern und ihren Angehörigen zeigte. Im Gegenteil: Götzl wirkte, als wolle er seinen Text so schnell wie irgendwie möglich absetzen, als wäre es ihm egal, ob jemand wirklich versteht, was er erzählt. Darüber hinaus wandte sich das Urteil an keiner Stelle an die Opfer oder deren Angehörige.
Triothese durchgedrückt
Das Urteil verfolgt konsequent die mit dem Eröffnungsbeschluss eingeschlagene Linie, nach der zwar die Beweisaufnahme an einigen Stellen gegenüber der Anklage weiter gefasst wurde, im Kern aber die Grundthese des Generalbundesanwalts (GBA) bestätigt werden sollte, nach der der NSU lediglich eine isolierte Gruppe war, bestehend aus drei Personen und nur wenigen UnterstützerInnen.
Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens hatte der Senat dem GBA immerhin deutlich widersprochen, indem er den Anklagepunkt, in dem Zschäpe wegen der Splitterbombe in der Kölner Keupstraße 22-facher versuchter Mord vorgeworfen wurde, auf Antrag der Nebenklage auf 32 Fälle erweiterte. In der laufenden Hauptverhandlung hatte der Senat, auch wegen des starken Drucks der Nebenklage, die Beweisaufnahme auf V-Männer ausgedehnt und die Unterstützerszene in Chemnitz, das „Blood & Honour“-Netzwerk, ins Auge genommen. Dieses Abweichen von der Anklage konnte aber zu keinem Zeitpunkt verschleiern, dass der Senat im Kern die „Drei-Einzeltäter-These“ des GBA teilte, jedes Mitverschulden staatlicher Stelle leugnete und in Bezug auf diese Fragen keinerlei Aufklärungsinteresse zeigte.
Im Gegenteil: Anträge der Nebenklage zur Frage, warum Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nicht frühzeitig vor Begehung der meisten Straftaten festgenommen wurden, lehnte der Senat mit abstrusen Begründungen ab. Selbst wenn es frühzeitig einen Festnahmeversuch gegeben hätte, sei ja nicht sicher, ob die drei nicht hätten fliehen können. Aus diesem Grunde sei ein Verschulden von Polizei und Verfassungsschutz an den später begangenen Straftaten auszuschließen. Damit war frühzeitig klar, dass der Senat die staatlichen Behörden auf jeden Fall von jeglicher Verantwortung freihalten würde. Anträge auf Vernehmungen von Zeugen aus Zwickau, die einen Kontakt und möglicherweise eine Zusammenarbeit der drei mit dem V-Mann Ralf Marschner1 hätten bezeugen können, wurden ebenfalls abgelehnt. Es sei nicht erkennbar, dass sich aus dieser Beweisaufnahme Informationen gewinnen lassen würden, die für die Verurteilung der Angeklagten relevant wären. Die Beteiligung eines weiteren V-Mannes wäre aus Sicht des Gerichts also unerheblich. Auch in Bezug auf den Verfassungsschutz war danach von diesem Gericht keine Kritik zu erwarten.
Hoffnung darauf, dass das Gericht diesen Kurs zumindest teilweise verlässt, hatte noch die Verkündung des Haftbefehls nach dem Plädoyer des Bundesanwalts im letzten Herbst geweckt. Dieser hatte zum ersten mal im gesamten Prozess auf die Ideologie der Angeklagten abgestellt, hatte die auf Drängen der Nebenklage eingeführten Fanzines der Brüder Eminger angesprochen, in denen offen zum Aufbau von bewaffneten Zellen im Rahmen des „führerlosen Widerstandes“ und zum „heiligen Rassenkrieg“ aufgerufen wird. Es sei nicht vorstellbar, dass Eminger - der Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt 1998 kennengelernt hatte - solche politisch-ideologischen Positionen vertrete, gleichzeitig im Alltag beständig mit den dreien zu tun hatte und nichts von deren Aktivitäten mitbekommen habe. Im Gegenteil: Seine Hilfeleistung durch Überlassung seines Führerscheins bzw. durch das Anmieten von Fahrzeugen, Hilfe im Alltag, das zur Verfügungstellen von Bahncards und vieles mehr lasse den Schluss zu, dass er dies getan hat, um diese Taten zu unterstützen und sich selbst aktiv am „Rassekrieg“ des NSU zu beteiligen. Das Gericht hatte daraufhin Eminger in Untersuchungshaft genommen. Dieser hatte zuvor brav vier Jahre lang am Prozess teilgenommen, sodass Fluchtgefahr eigentlich nur angenommen werden konnte, wenn tatsächlich eine hohe Strafe im Raum stand. Die Beweiserhebung zu den Eminger vorgeworfenen Taten lag auch bereits zwei Jahre zurück. Es hatte sich seit dem nichts Neues ergeben, das den Tatverdacht hätte verstärken können. Sollte das Gericht zu diesem Zeitpunkt in Erwägung gezogen haben, Eminger auch wegen Beihilfe zu den zwei mit seiner Hilfe durchgeführten Banküberfällen und dem Bombenanschlag auf den Laden in der Kölner Probsteigasse zu verurteilen, wäre der Erlass des Haftbefehls nachvollziehbar. Allerdings zeigten die Reaktionen der Öffentlichkeit und Medien auf die Inhaftierung Emingers schnell, dass eine solche Verurteilung Emingers die Botschaft des gesamten Urteils verändern würde: Schnell wurde von Eminger als viertem Mitglied des NSU gesprochen. Damit wurde deutlich, dass sich die Mär von der isolierten Gruppe so kaum aufrecht erhalten lassen würde. Eminger wurde mit großer Wahrscheinlichkeit nur für die zur Verfügungstellung der beiden Bahncards verurteilt, damit nicht das Bild eines NSU mit mehr als vier Mitgliedern seinen Weg ins Urteil findet.
Die Begründung für den teilweisen Freispruch Emingers, insbesondere für die Beihilfe zu den beiden Banküberfällen, klingt völlig absurd: Eine Verurteilung hätte weiterer Indizien bedurft. Es habe nicht festgestellt werden können, dass Eminger tieferen Einblick in die Beschaffung von Geld durch Banküberfälle hatte. Er habe zwar Kenntnis vom illegalen Leben der drei und der Verwendung gefälschter Pässe durch diese gehabt. Eminger habe gewusst, dass der Grund für das Untertauchen der drei der Fund der Rohrbomben in der Garage in Jena gewesen war, und er habe gewusst, dass die Drei ihren Lebensunterhalt gut bestreiten konnten. Es habe aber nicht festgestellt werden könne, dass er Kenntnis von der Diskussion über den bewaffneten Kampf in der Jenaer Gruppe gehabt habe. Es lägen auch keine Indizien dafür vor, dass Eminger über die Raubüberfälle und die ideologisch motivierten Taten informiert worden wäre. All dies reiche insgesamt nicht aus, um davon auszugehen, dass Eminger damit rechnete, dass mit seiner Hilfe ein Sprengstoffanschlag und Banküberfälle begangen werden würden.
Über so viel rechtsstaatliche Fürsorge hätte sich sicher manch ein früherer Angeklagter, der von Götzl ohne viel Federlesen verurteilt wurde, gefreut. Es ist typisch für die deutsche Justiz, dass meistens nur Neonazis die positiven Seiten des Rechtsstaates spüren, während Linke oder „Nichtdeutsche“ auf Teufel komm raus verurteilt werden. Es ist die selbe Logik, mit der die Rechtsprechung, mit der das KPD-Verbot begründet wurde, im NPD-Verbotsverfahren aufgegeben wurde. Neonazis werden nicht als „systemgefährdend“ wahrgenommen. Deshalb kann ihnen gegenüber, auch aus taktischen Gründen, rechtsstaatliche Milde erfolgen, während gegen Linke und „Nichtdeutsche“ gnadenlose Härte erfolgt. Hier erfuhr Eminger Milde, um das Konstrukt der „isolierten Gruppe“ weiter aufrecht zu erhalten.
In der selben Logik erhielt der Angeklagte Wohlleben, Zentralfigur der UnterstützerInnen und Lieferant der Ceska, zwei Jahre weniger, als der Bundesanwalt gefordert hatte. Auch hierbei kann es nur darum gehen, die Schuld der UnterstützerInnen möglichst gering zu halten, um möglichst jeden Eindruck eines größeren Netzwerks zur Unterstützung der bewaffneten Aktionen zu vermeiden.
Basis des Urteils: Die „glaubhafte Einlassung Beate Zschäpes“
Für alle, die die von Zschäpes Neuverteidigern Borchert und Grasel formulierten und verlesenen Erklärungen im Gerichtssaal mitverfolgt haben, ist es überraschend, wie klar sich das Gericht bei seiner Urteilsbegründung darauf festlegt, zentrale Punkte aus ihrer Einlassung zur Begründung heranzuziehen. Insbesondere für den freisprechenden Teil des Urteils gegen André Eminger bezog sich Götzl mehrfach auf Zschäpes Angaben. Weil Zschäpe erklärte, Eminger habe erst nach den ihm vorgeworfenen Autoanmietungen erfahren, dass sie, Böhnhardt und Mundlos von Banküberfällen lebten, erfolgte der Freispruch für die beiden Eminger vorgeworfenen Taten der Beihilfe zum bewaffneten Raub. Damit hat sich Zschäpes Änderung ihrer Prozessstrategie im Endeffekt doch gelohnt: Nicht nur hat sie keine/n ihrer „KameradInnen“ belastet, sie hat Eminger etliche Jahre Gefängnis erspart.
Für das Gericht ist das Abstellen auf Zschäpes Einlassung nicht nur insoweit bequem, als dass mit dieser Einlassung die „Einzeltäterthese“ der isolierten Gruppe aufrecht erhalten werden kann und die Taten des NSU als nachgewiesen gelten können. Darüberhinaus schmeichelt es der Eitelkeit des Vorsitzenden Richters Götzl, war er es doch, der durch monatelanges Zuwarten, das teilweise an Prozessverschleppung grenzte, Zschäpes Einlassung herbeigeführt hat. Dass er dabei nah daran war, in das bestehende Verteidigerverhältnis der „Altverteidiger“ einzugreifen, mag deren Hilflosigkeit geschuldet sein. Dass das Gericht aber diese Einlassung nun einfach als glaubhaft seinem Urteil zu Grunde legt, zeigt, wie wenig Aufklärungsinteresse tatsächlich auf Seiten des Senats vorhanden war. Die Einlassung an sich ist in Teilen widersprüchlich, steht in manchen Punkten im Gegensatz zur Beweisaufnahme und ist im Kern widerlegt. Kern der Einlassung war das Bild der Beate Zschäpe, die willenlos und geprügelt das jahrelange Zusammenleben mit Böhnhardt und Mundlos erträgt, ihren Kummer in Schaumwein ertränkt und die beiden Männer immer wieder bittet, keine weiteren Straftaten zu begehen.
Die Beweisaufnahme hatte ein gegenteiliges Bild ergeben: Böhnhardt und Mundlos, die Angst haben, von Zschäpe beim Prahlen mit ihren Waffen erwischt zu werden, Zschäpe, die die Entscheidung trifft, nicht nach Südafrika zu gehen sondern in Deutschland zu bleiben, Zschäpe die zusammen mit André Eminger in einer schwierigen Situation zur Polizei geht, um Fragen zu beantworten. Das Gericht hat bei seiner Verurteilung Zschäpes ihre wesentlichen Angaben als nicht glaubhaft herangezogen und sie in vollem Umfang verurteilt. Gleichzeitig stellt das Urteil beispielsweise beim Teilfreispruch Emingers auf Zschäpes „glaubhafte Angaben“ ab, anstatt die gesamte Erklärung einfach unberücksichtigt zu lassen.
Kein Schlussstrich? Kein Schlussstrich!
Die antifaschistische Bewegung hat frühzeitig erkannt, dass der Prozess vom Bundesanwalt als Schlussstrich für das gesamte Thema verwendet werden soll. Genau aus diesem Grund waren nicht nur viele der Nebenklagen auf Aufklärung gerichtet, NSU-Watch tagtäglich aktiv. Der NSU-Prozess wurde von hunderten Veranstaltungen und Mobilisierungen begleitet. Tatsächlich spielt es keine besondere Rolle, was genau in dem vermutlich mehr als tausend Seiten dicken Urteil stehen wird, das der Senat nächstes Jahr präsentieren wird. Gesellschaftlich besteht kein Zweifel daran, dass der NSU Teil eines Netzwerks von Neonazigruppen war, dass der Inlandsgeheimdienst kein Interesse an der frühzeitigen Festnahme hatte und selbst an der Entstehung dieser Neonaziszene nicht unmaßgeblich beteiligt war. Die Frage ist, wie mit diesem gesellschaftlichen Wissen umgegangen wird. Es wird nicht ausreichen, immer wieder auf die Straftaten des NSU zu verweisen, um politische Forderungen durchzusetzen. Es dürfte sich allerdings lohnen, weiterhin öffentlichkeitswirksam die Netzwerke zu beleuchten, aus denen der NSU entstanden ist, die mit dem NSU und seinen UnterstützerInnen zusammengearbeitet haben, und dabei immer wieder auch zu untersuchen, welche Verstrickungen es zum Verfassungsschutz gibt. Dass Ralf Wohlleben mit Unterstützung des „Artgemeinschafts“-Aktivisten Jens Bauer sein Leben nach der Haft beginnt, ist dabei nur eine Spur. Das Thema NSU ist mit dem Urteil mit Sicherheit nicht beendet.
„Der Bundesanwalt führt die Ermittlungen fort.“
Neben dem NSU-Prozess beim OLG München werden neun Verfahren gegen bekannte mutmaßliche UnterstützerInnen des NSU geführt, darunter Personen aus der ehemaligen „Kameradschaft Jena“, wie André Kapke, Unterstützer in Chemnitz, wie Jan Werner und Thomas Starke und Helfer aus Zwickau.
Außerdem führt der GBA nach wie vor ein sogenanntes „Unbekanntverfahren“, in das alle weiteren Informationen gepackt wurden. Akteneinsicht erhielten die Prozessbeteiligten des NSU-Prozesses lediglich in Form magerer Zusammenfassungen zu den Beschuldigten, soweit diese als ZeugInnen im Prozess geladen wurden. Diese Zusammenfassungen enthielten wenig, und sicherlich nicht alle Informationen, die dem Bundesanwalt vorliegen. Akteneinsicht in das „Unbekanntverfahren“ wurde zu keinem Zeitpunkt gewährt.
Der GBA wurde nicht müde zu erklären, dass diese Verfahren weiter geführt werden. Mit dem Beschuldigtenstatus aus diesen Ermittlungsverfahren verfügten all diese Personen über ein nicht angreifbares Zeugnisverweigerungsrecht, denn sie dürfen natürlich nicht dazu gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Dabei dürften die meisten der diesen Personen vorgeworfenen Taten längst verjährt sein. Da nach der Logik des Bundesanwalts, die jetzt mit dem Urteil des OLG München bestätigt wurde, alle Beschuldigten lediglich als Unterstützer verfolgt werden können, waren ihre Unterstützungstaten, soweit sie sich nur auf die Unterstützung der „terroristischen Vereinigung NSU“ beziehen, nach zehn Jahren verjährt. Mit dem Urteil des Münchner Gerichts, das festgeschrieben hat, dass selbst André Eminger nur wegen Unterstützung zu verurteilen war, können fast alle diese Verfahren als erledigt angesehen werden. Es wird nur noch eine Frage des Anstands sein, wann der GBA die Einstellung verkündet.
Lediglich soweit Lieferungen von Waffen im Raum stehen, wie beispielsweise bei Jan Werner, wäre auf dieser Grundlage eine Anklage noch möglich. So verwundert es nicht, dass alle wiederholt unternommenen Versuche, Einsicht in das gegen diesen geführte Verfahren zu erhalten, abgeschmettert werden. Zuletzt entschied der Ermittlungsrichter beim BGH, dass Akteneinsicht nicht gewährt werde, unter anderem weil die Ermittlungsakte schützenswerte Daten des Beschuldigten enthielten. Wieder einmal werden damit die Interessen der Opfer des NSU auf Aufklärung beschränkt, sei es zu Gunsten der beschuldigten Neonazis, oder vielleicht doch zu Gunsten der verwickelten Behörden und damit des Staates, der den NSU erst möglich gemacht hat. Auch diese Ermittlungsverfahren sind eben „Staatsschutzverfahren“.
(Der Autor war als Nebenklagevertreter am Prozess am OLG München beteiligt)
- 1Der Neonazi Ralf „Manole“ Marschner war von 1992 bis 2002 als V-Mann für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig und wird verdächtigt, in Zwickau engen Kontakt zum NSU-Kerntrio gehabt zu haben.