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Berlin: Razzia bei Arnulf Priem

North East Antifascists (NEA)
Einleitung

Am 2. Juli 2021 stürmte das SEK die Wohnung des bekannten Neonazis Arnulf Priem in der Schönerlinder Straße in Berlin-Buch. Anlass der Durchsuchung war die ARD-Reportage „Der Traum vom Umsturz“ über den Aufbau der militanten Neonaziszene in den 1990er Jahren.

Arnulf Priem (mitte) am 20. April 1993 bei einer Neonazi-Feier in Mainz-Gonsenheim.

Priem stellte hier sein Tattoo des SS-Obergruppenführers Eugen Heydrich zur Schau, prahlt mit einer Uhr mit Nazisymbolik und einem Ring, den das Konterfei von Adolf Hitler ziert. Neben dieser Uhr und dem Ring wurden bei der Durchsuchung auch eine Schreckschusswaffe sowie ein Luftdruckgewehr beschlagnahmt. Nicht das eigenständige Interesse der Polizei an der Reportage, sondern deren Zuschauer:innen aus der Bevölkerung gaben den Hinweis auf die zur Schau gestellte NS-Symbolik.

Dabei ist bekannt, dass es der 73-jährige Priem liebt sich vor Pressevertreter:innen genau darüber als ungebrochener Kämpfer zu inszenieren. So tritt er in der Dokumentation „Neonazis gegen Geld“ (Report Mainz, 2013) mit einem SS-Totenkopf am Stirnband vor die Kamera. Auf die Frage „Im Herzen sind sie Nationalsozialist?“ antwortet er „Ja, durch und durch.“

Priem war viele Jahre lang ein wichtiger Teil der organisierten Neonazi-Bewegung (NPD, Kampfgruppe Priem, NSDAP/AO, Wotans Volk, Deutsche Alternative, GdNF, Asgard-Bund e.V.) gewesen. Doch spätestens ab Mitte der 1990er Jahre war seine Person in der organisierten (Berliner) Neonazi-Szene zunehmend umstritten. Bereits zuvor war sein Aussageverhalten gegenüber den Sicherheitsbehörden kritisiert worden. Auch erschien es einigen Neonazi-Aktivisten "unwürdig", das Priem in Berlin vor Gericht erklärt habe, daß er sich zukünftig lieber der Hühnerzucht statt der Politik zu widmen gedenke. Im Neonazi-Heft "Der Weisse Wolf" (u.a. Nr. 5 1997) waren Teile der Konflikte szene-öffentlich in Leserbriefen nachzulesen. Der Hamburger Neonazi-Führer Christian Worch kritisierte Priem ("unwichtig") und forderte mehr Solidarität mit dem inhaftierten Berliner Neonazi Marcus Bischoff. Ein Karsten Schneider verteidigte Priem und kritisierte Bischoff ("arrogant").

Eine Beteiligung am Pogrom in Rostock-Lichtenhagen stritt Priem auf Nachfrage ab. Er sei bei den Angriffen auf das Vertragsarbeiter:innenheim nicht dabei gewesen, sondern nur bei der Demonstration. In der ARD-Doku aus dem vergangenen Jahr behauptet er, er wäre schon längst zu Hause gewesen, als die Angriffe begannen. Beide Male gleich: kein weiteres Nachhaken, kein Arbeiten mit zugägigen Quellen. Es gab 1992 in Lichtenhagen keine rechte Demonstration. Es gab nur das Pogrom. Statt bohrender Nachfragen zur eigenen Mitverantwortung an Morden und Übergriffen, wird dem Interviewten ermöglicht diesbezüglich in allgemeinen Aussagen zu verbleiben.

Priem war im Umfeld der Mörder von Dieter Eich als auch von Kay Diesner, der 1997 den Polizisten Stefan Grage erschoss, politisch aktiv. Das sind nur zwei Beispiele von Morden und Angriffen, bei denen Priem vermutlich für die idologische Radikalisierung der meist jungen Täter in gewisser Weise (auch) mitverantwortlich gewesen sein dürfte. So waren es vor allem immer wieder Antifaschist:innen, die für die Aufklärung über seine Rolle als eine Art "Aufbauhelfer des rechten Terrors" in der BRD sorgten.

Priem hatte um 2013 an seinem alten Wohnort in Moabit ein Jahr lang mit einer Kampagne gegen ihn zu schaffen, die ihn Nerven und sein Auto kosteten. Priem scheint sich durch einen Umzug an eine abgelegene Landstraße am Nordostberliner Stadtrand 2019 dieser Konfrontation entziehen zu wollen.