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Der Konvent der AfD

Autonome Antifa Freiburg
Einleitung

Ende Oktober 2021 fand die 30. Sitzung des Bundeskonvents der AfD in Suhl statt. Über dieses abseits der Parteitage höchste Entscheidungsgremium der AfD war bisher nur wenig bekannt. Ein Communiqué der „Autonomen Antifa Freiburg“ änderte dies.1

  • 1autonome-antifa.org: „Der Konvent der AfD -Communiqué vom 29.10.2021“
Foto: Christian Ditsch

Trotz der Bedeutung des Gremiums: Die Wahlen der Delegierten zum AfD-Konvent gehören nicht zu den Parteitagshighlights. Im Gegeteil, sie werden oft am Ende der Tagesordnung platziert und schnell durchgepeitscht.

Was ist der AfD-Konvent?

Der AfD-Konvent ist ein Gremium, in dem Vertreter (und einzelne Vertreterinnen) der Landesverbände etwa viermal im Jahr zusammenkommen. Der „Konvent“ ist laut Selbstdarstellung der AfD „zuständig für alle politischen und organisatorischen Fragen der Bundespartei“ und „kann Entscheidungen treffen, soweit sie nicht einem anderen Organ durch Gesetz oder Satzung vorbehalten sind oder Beschlüsse des Bundesparteitags entgegenstehen“.

Insgesamt hat der Konvent etwa 55 Mitglieder. Von Seiten des Bundesvorstands der AfD gehören ihm der Bundesschatzmeister und vier weitere gewählte Bundesvorstandsmitglieder an. Der Großteil der Konventsmitglieder wird aber von den Landesverbänden entsandt, die je nach Mitgliederstärke unterschiedlich viele Dele­gierte stellen. Die Konventsdelegierten der Länder werden auf den jeweiligen Landesparteitagen gewählt. Neben dem Konvent als Hauptgremium gibt es zwei Ausschüsse: Die Schatzmeisterkonferenz mit Stefan Edler als Sprecher und den Satzungsausschuss mit dem Vorsitzenden Julian Flak. Konventsvorsitzende waren bis Oktober 2021 Carsten Hütter und Edeltraud Schwarz. Stellvertretende Konventsvorsitzende waren Jochen Haug und Peter Bohnhof.1

Die Geschichte des Konvents

Auf dem 2. AfD-Bundesparteitag im März 2014 beschloss die AfD die Einrichtung eines „Finanzkonvents“ als zuständiges Gremium für die Finanzverteilung. Die Einrichtung eines Bundeskonvents war innerhalb der AfD nicht unumstritten. Schon vor der Etablierung des Gremiums gab es kritische Stimmen, die eine Bürokratisierung und Verfestigung von Funktionärsstrukturen befürchteten und die Frage der Gründung des Konvents zu einem Machtkampf zwischen „Elite“ und „Basis“ stilisierten.

Einige Mitglieder kritisierten beispielsweise, dass dem Konvent als „Länderkammer“ Aufgaben übertragen werden würden, die eigentlich dem Parteitag als höchstem Beschlussgremium zustünden. Gewarnt wurde „vor Durchgriffsrechten des Bundesvorstands und Blockademöglichkeiten durch ihn“. In der Satzung wurde dem Konvent eine zentrale Rolle zugeschrieben: „Der Konvent berät den Bundesvorstand in politischen, finanziellen und organisatorischen Fragen der Partei. Zur wirksamen Ausübung dieser Beratungskompetenz steht ihm ein umfassendes Auskunftsrecht zu. Er beschließt über die Gründung von Vereinigungen sowie über die vertikale und horizontale Finanzverteilung der staatlichen Teilfinanzierung (...)“

Tatsächlich gestaltete sich die Etablierung des Konvents schwerfällig und voll bürokratischer Hürden. Erst im Januar 2016 gab sich der Konvent schließlich eine Geschäftsordnung. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass zu jedem Beschluss mehrheitlich festgelegt werden kann, ob er als öffentlich, parteiöffentlich oder konventsintern zu behandeln ist, dass das Protokoll lediglich den Teilnehmern und den ordentlichen Mitgliedern des Konvents zur Verfügung gestellt wird und dass die Sitzungen nicht öffentlich stattfinden.

Das unbekannte Machtzentrum

Es ist recht auffällig, dass selbst AfD-intern nicht allgemein bekannt zu sein scheint, welche Macht die Konventsdelegierten ­haben. Die Delegiertenwahlen sind oft am Ende der Tagesordnung von Parteitagen versteckt und selten wird prominent kommuniziert, wer gewählt wurde. Noch dazu werden die Wahlen häufig innerhalb von sehr kurzer Zeit durchgepeitscht, für ausführliche Vorstellungen der KandidatInnen oder Diskussionen bleibt wenig Zeit. Häufig wurden so AfD-Funktionäre in einen weiteren, wenn auch besonders wichtigen, Funktionärsposten gewählt. „Das wäre analog so, als würde man in einen Betriebs­rat ausschließlich Direktoren wählen“ kritisierte Joachim Gerlach Anfang 2017 in einem Antrag auf Abwahl der Konventsdelegierten beim Landesparteitag der AfD NRW.

Was macht der AfD-Konvent?

Eine der wichtigen Kompetenzen des AfD-Konvents besteht darin, über die Art und den Zeitpunkt der Durchführung von Parteitagen zu entscheiden. Anfang Juli 2016 meldete sich z.B. der Konventsdelegierte Fabian Jacobi zu Wort, der sich für eine Konventssitzung aussprach, um einen Bundesparteitag mit dem Ziel einzuberufen den damaligen Bundesvorstand abzuwählen. Nach einigem hin und her lud der frühere „Wiking Jugend“-Aktivist und heutige Leiter der AfD-Bundesgeschäftsstelle, Hans-Holger Malcomeß, die Konventsdelegierten zu einer „außerordentlich einberufenen Sitzung des Bundeskonvents der AfD“ ein. Hier wurde jedoch nur beschlossen, keinen Sonderparteitag einzuberufen.

Eine weitere Hauptaufgabe des AfD-Konvents ist die Verwaltung und die Verteilung großer Geldsummen aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Diese Mittel werden beispielsweise als Zuschüsse und Darlehen für Wahlkämpfe der Landesverbände vergeben. Ausgaben, welche die Gesamtpartei betreffen, werden ebenfalls durch den Konvent beschlossen.

Auffällig ist, dass hohe Summen für die parteiinterne Bürokratie und für juristische Auseinandersetzungen aufgewendet werden. So wurden im Haushaltsplan 2021 etwa fünf Millionen Euro für Wahlkämpfe des Bundesverbands vorgesehen und knapp zweieinhalb Millionen Euro für Personalkosten der Bundesgeschäftsstelle. Für „Recht und Datenschutz (mit Verfassungsschutz)“ wurden im Haushaltsplan 2021 über 700.000 Euro eingeplant und für „Technik und IT“ über 500.000 Euro. Unter letzteren Posten dürften unter anderem die Kosten für das parteiinterne Programm zur Mitgliederverwaltung fallen, den „Parteimanager“. Diese Software wird von der Augsburger Firma „Sewobe AG“ entwickelt. Die beiden Sewobe-Chefs Eiko Trausch und Thomas Weishaupt profitieren davon, dass der AfD-Bundesvorstand im September 2019 festgelegt hat, dass „sämtliche Gliederungen der Alternative für Deutschland eine gemeinsame Software sowohl für die Mitgliederaufnahme als auch für die Mitgliederverwaltung verwenden“ müssen – ausnahmslos „die seit 2013 vom Bundesverband und von den Gebietsverbänden der Alternative für Deutschland verwendete Online-Verwaltungssoftware „Parteimanager“ der SEWOBE AG (...)“.

Mitgliederaufnahme und Unvereinbarkeitslisten

Seit ihrer Gründung streitet sich die AfD darüber, wer als Mitglied aufgenommen werden darf und wer ausgeschlossen werden soll. Die Macht darüber, „Unvereinbarkeiten“ zu beschließen und damit Abgrenzungen und rote Linien festzulegen, liegt einmal mehr beim Konvent. Für viele Diskussionen sorgten verschiedene Beschlüsse des Konvents zur Abgrenzung gegenüber den „PEGIDA“-Aufmärschen. Im Mai 2016 hatte der Bundesvorstand ein Redeverbot für AfD-Mitglieder beschlossen. Anfang März 2018 stellte der Konvent jedoch fest, „dass es AfD-Vertretern möglich ist, bei Veranstaltungen von PEGIDA (Dresden) eigene Positionen öffentlich zu vertreten.“ Aktuell wird in AfD-Kreisen die mögliche Unvereinbarkeit mit der rechten Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Auto­mobil“ aufgeregt diskutiert.

Fazit

Der Bundeskonvent der AfD ist eine Art Länderkammer, ein Senat von Funktionären, welcher die Partei und den Bundesvorstand zwischen den Bundesparteitagen lenkt. Außerhalb der Partei ist der Konvent unterbelichtet und seine Bedeutung wird unterschätzt. Beim Konvent geht es um Geld und Macht. Durch die enormen ­Finanzmittel kommt ihm eine Schlüsselposition im Machtgefüge der Partei zu. Der Konvent kann über Integration oder Ausgrenzung von Organisationsstrukturen unterhalb der Parteiebene entscheiden, also Freund und Feind definieren.

Viele konkrete finanzielle und ordnungspolitische Beschlüsse des Konvents haben unmittelbare und weitreichende Konsequenzen für die AfD. Aber der Konvent macht auch wirksame Politik mittels Satzungsentscheidungen. Insbesondere die Entscheidungsmacht über die Art von Parteitagen wird oft verkannt. Diverse AfD-Konventsdelegierten gebärden sich als Mischung aus ultra-rechten Bürokraten und machthungrigen Geschäftsordnungstricksern. Eine Mitgliedschaft im Konvent ist ein Schritt nach oben auf der parteiinternen Hierarchieleiter.

Auch wenn der Konvent weder Aufreger noch Spektakel liefert, sollte seine Bedeutung nicht unterschätzt werden. Trotz des abstoßenden ersten Eindrucks von Treffen zerstrittener, deutsch­tümelnder Paragraphenreiter lohnt ein ­genauerer Blick auf die finanzielle und ­organisatorische Macht dieses weitgehend unbekannten Parteiorgans.