Podcast: „Bei uns doch nicht!“
Seit über drei Jahren erscheint der Podcast „Bei uns doch nicht!“monatlich mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen. Der Fokus liegt auf Leipzig und Nordsachsen, allerdings sind die Inhalte in einen größeren gesellschaftsrelevanten Kontext und politische Theorien eingebettet und über diese Region hinaus relevant. Bisherige Themen waren etwa: Neonazis in der Kampfsport- und Hooliganszene, Rassismus in der Medizin, Gewalt im Geschlechterverhältnis, Obdachlosenfeindlichkeit und Sozialdarwinismus.
AIB: Wer seid ihr und mit welchen Themen beschäftigt ihr euch?
Anna & Eva: Wir sind Anna und Eva vom Podcast „Bei uns doch nicht!“ aus Leipzig bzw. Leipziger Umland - Sachsen. Und wie der Name so ein bisschen zynisch andeutet, geht es im Podcast um die allgemeinen politischen Zustände vor Ort, um diskriminierende Ereignisse und Strukturen, Akteure der extremen Rechten und neonazistische Netzwerke – welche eben Normalzustand sind. Zwar nicht nur in Ostdeutschland, aber hier in eigener Spezifik, die uns immer wieder von Betroffenen und Engagierten geschildert wird, mit denen wir Interviews führen.
AIB: Warum habt ihr euch für das Format des Podcats für regionale Themen entschieden?
Eva: Wir arbeiten eng mit dem Dokumentationsprojekt chronik.LE zusammen. Das ist eine Leipziger Politgruppe, die seit 2008 diskriminierende Ereignisse aller Art in Leipzig und den umliegenden Landkreisen LK Leipzig und LK Nordsachsen dokumentiert und analysiert. Auf der Website (chronikle.org) kann man diese Ereignisse melden. chronik.LE bereitet sie auf und gibt auch alle zwei Jahre eine Broschüre heraus, in der die vielen Ereignisse noch mal kontextualisiert und in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden: also etwa bezüglich rechten Netzwerken, bedeutenden Themen für die Szene, Verbindungen in Bereiche wie Fußball oder Sicherheitsbehörden und und und.
Bei diesem Monitoring und den Recherchen entsteht natürlich unglaublich viel Hintergrundwissen über die Gegebenheiten hier vor Ort, weswegen der Podcast eine nice Möglichkeit ist, dieses eh schon vorhandene Wissen aufzugreifen und jeden Monat möglichst vielen Leuten zur Verfügung zu stellen.
Anna: Jede Folge behandelt dabei ein Schwerpunktthema, z.B. Strukturen der Anti-Choice-Bewegung, Antiromaismus in Torgau Nordwest, politische Entwicklungen in Leipzig Grünau, Rassismus im Gesundheitswesen und vieles mehr. Unser Hauptanliegen ist es dabei, Betroffene des jeweiligen Themas selbst zu Wort kommen zu lassen. Und auch Leute, die zu diesen Themen politisch arbeiten. Diese Stimmen hörbar zu machen, finde ich immer wieder sehr nahbar und berührend! Und gleichzeitig bietet das Podcast-Format im Unterschied etwa zu Videos oder so auch immer noch eine gewisse Anonymität – was häufig sehr wichtig ist.
Insgesamt ist es auch für uns immer wieder krass zu sehen, wie viel Arbeit und Organisierung gegen rechte Strukturen und Diskriminierung es hier gibt und wie viel Wissen und Erfahrungen die Leute haben. Das heißt, der Podcast soll aufklären und empören über die Zustände aber natürlich auch empowern.
AIB: Wie ist die Resonanz?
Anna: Die Resonanz ist tatsächlich ziemlich groß – quantitativ aber auch qualitativ. Vor allem, wenn wir krass unterrepräsentierte Themen oder auch Orte aufgreifen. Da ist es für die Leute teilweise cool zu sehen, dass sich wer dafür interessiert. Und vielleicht auch eine etwas andere Auseinandersetzung damit probiert, als „Mainstream-Medien“, die aufgrund von Verwertungslogik usw. vielleicht eher nur mal hinschauen, wenn es gerade einen „krassen“ Fall irgendwo gibt. Wir versuchen, da eine andere Kontinuität reinzubringen und eben auch die Leute von vor Ort als Hauptprotagonist_innen ausführlich sprechen zu lassen. Journalismus mit Haltung, wurde das auch mal genannt.
Eva: Und auch wenn der Podcast ja lokal spezifische Strukturen herausarbeitet und thematisiert, sind das natürlich alles Themen und Probleme, die auch bundesweit mega relevant sind. So wie viele der Diskriminierungen und Unterdrückungsmechanismen voll eng zusammenspielen, sind ja auch die rechten Strukturen vernetzt und immer wieder spielt da die Frage nach Rechtsextremismus und Ostdeutschland eine Rolle in der Debatte. Diesbezüglich wollen wir betroffene, engagierte und emanzipatorische lokale Stimmen einfangen und hoffentlich auch stärken und irgendwie auch zu deren Bekanntheit beitragen. Zumindest wird der Podcast bundesweit gehört und z.B. in glaube ich allen Freien Radios gesendet und natürlich sowieso auf allen Podcastplattformen.
Anna: Ja, und um mal bei diesem werbemäßigen Ton zu bleiben: Falls ihr den Podcast unterstützen wollt, dann könnt ihr sehr gern an chronik.LE spenden. Und allen davon erzählen, damit ihn noch mehr Leute hören. Außerdem könnt ihr uns auch jederzeit gerne kontaktieren: beiunsdochnicht [at] nirgendwo.info ist unsere Mailadresse