Das Compact-Verbot
Das Bundesinnenministerium verbot im Juni 2024 die "Compact-Magazin GmbH" und die "Conspect Film GmbH". Das Personal hinter "COMPACT" stammt in vielen Fällen aus rechten Netzwerken.
Durch Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024, bekanntgemacht am 16. Juli 2024, verbot das Bundesinnenministerium die „Compact-Magazin GmbH“ und die „Conspect Film GmbH“.(1) Die Verbotsverfügung bilanzierte: „Die „COMPACT-Magazin GmbH“ (...) äußert sich in ihren diversen Veröffentlichungen offen rassistisch, antisemitisch, fremden-, migranten-, muslimen- und minderheitenfeindlich und verbreitet- vornehmlich in ihren Sonderausgaben - geschichtsrevisionistische Thesen.“ Die inhaltliche Ausrichtung und die politische Bedeutung von „COMPACT“ wurden bereits 2016 im AIB Nr. 109 im Artikel „Das publizistische Maschinengewehr der Volkssouveränität“ dargestellt.
Die COMPACT-Struktur
Die 2010 gegründete rechte Monatszeitschrift „COMPACT-Magazin für Souveränität“ wurde im Juli 2011 unter dem Namen „COMPACT-Magazin GmbH“ als Firma eingetragen. Deren Gesellschafter waren Jürgen Elsässer, Kai Homilius sowie Andreas Rieger. Homilius fungierte bei der Gründung als alleiniger Geschäftsführer. Dessen „Kai Homilius Verlag“ wurde zeitweilig der Verlag für das „COMPACT“-Magazin. Beide Zeitschriften-Verlage hatten bis Sommer 2022 in Werder (Havel) ihr Domizil.
Andreas Rieger ist als Herausgeber der „Islamischen Zeitung“ bekannt und war als Andreas Abu Bakr Rieger Vorstandsmitglied im „Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland“, für den er Mitglied der „Islamkonferenz“ wurde. 2014 verließ Rieger das Projekt nach inhaltlichen Differenzen wieder. Seine Anteile übernahmen die Hamburger „Jumbo-Dienstleistungs GmbH“ (später „Nordheide Kontor GmbH“ aus Neu Wulmstorf) von Jörgen-Arne Fischer-van Diepenbrock und der frühere AfD-Anhänger Mario Rönsch aus Erfurt. Dieser wurde später wegen illegalem Waffenhandel über den Onlineshop „Migrantenschreck“ verurteilt. (2) Doch auch die Wege von Rönsch und Elsässer trennten sich bald. Die Firmen von Fischer-van Diepenbrock lösten sich auf. Nach dem auch noch Homilius im Januar 2018 (offiziell) aus der Geschäftsführung ausschied wurde, Elsässer zum alleinigen Geschäftsführer der "COMPACT-Magazin GmbH“.
Der offizielle Firmensitz der „COMPACT-Magazin GmbH“ befand sich mittlerweile in Falkensee in Brandenburg. Die „COMPACT“-Redaktionsräume und damit quasi der inoffizielle Sitz befanden sich in der Nähe an der Privatadresse der Eheleute Jürgen und Stephanie Elsässer (geborene Eckhardt).
Die „CONSPECT FILM GmbH“ wurde im März 2021 beim Amtsgericht Frankfurt/Oder in das Handelsregister eingetragen. Die Firma produziert für die „COMPACT-Magazin GmbH“ bzw. für „COMPACT-TV“ die werktägliche „Nachrichtensendung“ mit dem Titel "COMPACT.DerTag“. Zu den Gründern zählten Jürgen Elsässer, Martin Müller-Mertens und Mario Nieswandt. Nieswandt war mit Projekten wie „Nieswandtfilm“ und „Double Dragon Cinema“ bereits in der Brandenburger „Filmbranche“ tätig und betrieb den rechten Sender
„Seelow TV“ mit. Er wurde als alleiniger Geschäftsführer benannt, bis er im September 2022 von Stephanie Elsässer abgelöst wurde. Im Juli 2023 erfolgte eine weitere Änderung der Gesellschafterverhältnisse. Nieswandt und Müller-Mertens schieden aus dem Unternehmen als Gesellschafter aus. Neben Jürgen Elsässer wurden die „COMPACT-Magazin GmbH“, Stephanie Elsässer und Paul Klemm neue Gesellschafter der „CONSPECT FILM GmbH“. Der Sitz wurde von Seelow nach Falkensee verlegt.
Der Personenkreis aus den beiden GmbHs kann größtenteils auch der Führungsebene der COMPACT-Struktur zugerechnet werden. Jürgen Elsässer ist Chefredakteur, Stephanie Elsässer ist Redakteurin und TV-Moderatorin und Paul Klemm ist „COMPACT-TV“-Chef. Hinzu kommen Thorsten Thomsen alias „Daniell Pföhringer“ als „Chef vom Dienst“, Michael Peter Schmidt als „Vertriebsleiter“ und Ines Forberger und Andreas Kleine als Kontobevollmächtigte der „COMPACT-Magazin GmbH“.
Die „COMPACT“-Firmen veröffentlichten die „COMPACT“-Monatszeitschrift, brachten regelmäßig Sonderhefte (Spezial, Geschichte, Aktuell) heraus, veröffentlichten ihr Online-TV-Format bei Youtube, bespielten die ganze social media-Bandbreite mit ihren Inhalten und betrieben einen eigenen Webshop.
Nicht „Querfront“, sondern klar rechts
Das Personal hinter „COMPACT“ stammt in vielen Fällen aus rechten Netzwerken. Aus der „Identitären Bewegung“ (IB) stammen nicht nur diverse Stammautoren wie Martin Sellner und Mario Müller, sondern auch Paul Klemm, der TV-Chef von „COMPACT“. Die AfD wurde ungeniert einseitig und wohlwollend in der „COMPACT“ beworben, hofiert und im Wahlkampf mit der Veranstaltungsreihe „Die Blaue Welle rollt“ unterstützt. Stephanie Elsässer war neben ihrer Tätigkeit bei „COMPACT“ auch als Mitarbeiterin im Büro der AfD-Bundestagsabgeordneten Christina Baum tätig. Der ehemalige Neonazi und „Compact“-Redakteur Mario Müller heuerte als Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt
im Bundestag an. Die frühere Moderatorin von „Die Woche Compact“, Linn Deborah Kuppitz, war AfD-Kandidatin und arbeitete als Büroleiterin des AfD-Abgeordneten Johannes Huber. Auch aus der früheren NPD / „Die Heimat“ hat „COMPACT“ Personal übernommen. Der "Chef vom Dienst“ bei „COMPACT“, Thorsten Thomsen (alias Daniell Pföhringer) war früher als Pressesprecher der NPD-Fraktion in Sachsen tätig. Wegen ihm wurde im Zuge des „COMPACT“-Verbotes auch die Neonazi-Immobilie „Haus Montag“ in Pirna (Sachsen) durchsucht. Der ehemalige NPD-Abgeordnete im Sächsischen Landtag Arne Schimmer (alias Sven Reuth) wird mittlerweile der „COMPACT“ zugerechnet. Der ebenfalls der „COMPACT“ zurechenbare Oliver Niedrich ist seit Jahren in der Berliner NPD/„Die Heimat“ aktiv. Der frühere Neonazi-Kader Michael Brück hält über sein neues Projekt „Freie Sachsen“ Kontakte zu „COMPACT“ und ist als deren Autor tätig. Aus dem Kreis der „Sezession“, dem Publikationsorgan des rechten „Instituts für Staatspolitik“ (lfS), publizierten Felix Dirsch und Benedikt Kaiser in der „COMPACT“.
Im „COMPACT“-Shop ist eine Silbermedaille mit dem Konterfei von Björn Höcke erhältlich. COMPACT erklärt hierzu: „Der Höcke-Taler ehrt den bedeutenden Patrioten, der im Jahr 2024 die politische Wende möglich machen kann: Björn Höcke als Ministerpräsident Thüringens, das wäre der Durchbruch für Deutschland.“ Im Shop findet sich auch das Kochbuch „Die 88 besten Fleischgerichte aus dem Reich“ des Neonazis Tommy Frenck. Das Buch wird seitens „COMPACT“ als „Kult-Kochbuch“ bezeichnet und mit „Kochen wie im Deutschen Reich!“ beworben.
Nicht Berichterstatter, sondern Profiteur, Spendensammler und Akteur
Mit ständiger Schleichwerbung zwischen rechter Agitation und Angstmache fiel bei „COMPACT“ der Onlineshop „9 Leben“ für „Nahrungsergänzung mit Mehrwert“ auf. Obwohl häufig verlinkt wurde er nie als Werbung gekennzeichnet. Geschäftsführer der „9 Leben GmbH“ aus Magdeburg ist Kai Hans Homilius, also der Mitgründer und frühere Gesellschafter der „Compact-Magazin GmbH“. Werbung, die als redaktioneller Inhalt getarnt und nicht gekennzeichnet ist, könnte auch als unseriöser bis unlauterer Wettbewerb gewertet werden.
Mit eigenen Kampagnen und Aktionen trat „COMPACT“ auch als eigenständiger politischer Akteur auf. Auf Veranstaltungen der (extremen) Rechten war „COMPACT“ als Redner, Verkäufer oder Mitorganisator präsent. Die Reichweite wurde genutzt, um penetrant und offensiv um Spenden zu betteln. Laut den Ermittlungen der Sicherheitsbehörden generierte die „COMPACT-Magazin GmbH“ von August 2022 bis August 2023 circa 214.600 Euro über
Spenden. Im Zeitraum vom 1. Dezember 2023 bis zum 15. Februar 2024 trieb „COMPACT“ noch mal rund 94.000 Euro von ca. 1.100 Personen ein.
Im Sommer 2023 organisierte die „COMPACT-Magazin GmbH“ eine „Spendengala“ für ausgewählte Großspender und stille Gesellschafter, um zusätzliche Spenden zu erhalten. Hier
erklärte Elsässer das gemeinsame Ziel mit den Worten: „Wir wollen einfach das Regime stürzen. [...] Das Ziel ist der Sturz des Regimes.“
Dieses Ziel scheinen einige rechte Akteure durchaus ernst zu nehmen. Der „COMPACT“-Hausmeister und AfD-Kandidat Horst Manfred Paasch äußerte laut Überwachungsmaßnahmen gegenüber Jürgen Elsässer eine Tötungsabsicht an dem Grünen-Politiker Robert Habeck: „Ich hab schon überlegt, ich hab ja hier die Knarre, ich müsste dem Habeck mal ein Auge ausschießen.“ Das Verwaltungsgericht Köln sah offenbar auch eine konkrete Gefahr und entschied Anfang August 2024, dass ein früherer Teilhaber der „Compact-Magazin GmbH“ als waffenrechtlich unzuverlässig angesehen werden kann. Der Teilhaber schloss im Jahre 2015 einen Vertrag mit der „Compact-Magazin GmbH“, wonach er als stiller Gesellschafter bis zum 31. Dezember 2023 mit einer Einlage von 5.000 Euro an dem Magazin
beteiligt war. Der Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse ist voraussichtlich rechtmäßig. (Aktenzeichen: 20 L 1131/24).
Das „COMPACT-Magazin“ war auch bei dem Neonazi-Terroristen Stephan Ernst, dem Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, auf Anklang gestoßen. Laut dem Gerichtsurteil soll er sogar Dritte auf das „COMPACT-Magazin“ aufmerksam gemacht haben.